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Wort-und-Wissen-Info 4/2020


Grußwort von Boris Schmidtgall

Liebe Freunde von Wort und Wissen,

neulich haben Wissenschaftler in den USA nachgewiesen, dass die Benachteiligung von Christen im akademischen Bereich nicht nur in deren Wahrnehmung existiert, sondern auch in der Realität (Barnes ME et al. (2020), PLoS ONE, 15(1), e0226826). Zunächst wurde die Wahrnehmung einer Benachteiligung in einer Befragung von 664 Studenten mit verschiedenen Überzeugungen untersucht. Ergebnis: Die Aussage „Diskriminierung von Christen ist kein Problem in der Wissenschaft“ wurde von über 50 % verneint und etwa 19 % maßen der Ungleichbehandlung recht große Bedeutung bei. Sie stimmten der Behauptung zu, es gäbe für Christen nicht die gleichen Aussichten im Beruf als Wissenschaftler wie für Nichtchristen. Um die tatsächlicheBenachteiligung nachzuweisen, wurden einige Tausend Biologieprofessoren per E-Mail zu fünf verschiedenen fiktiven Bewerbern für eine Promotion befragt, wobei allerdings nur einige Hundert auf die Befragung Rückmeldung gaben. Es wurden Biologen befragt, da den Autoren bewusst war, dass die Diskriminierung von Christen sich am deutlichsten im Kontext des Konflikts mit der Evolutionslehre manifestiert. Die fiktiven Bewerber waren hinsichtlich ihrer Qualifikationsmerkmale kaum zu unterscheiden – jedoch durch ihr weltanschauliches Bekenntnis. Bei einem Bewerber äußerte sich dieses im Vorsitz in einer christlichen Vereinigung, bei einem anderen in der Leitung einer atheistischen Vereinigung und bei einem dritten in der Mitgliedschaft in einem Verein ohne weltanschauliches Bekenntnis. Bei zwei weiteren wurden verschiedene Empfehlungsschreiben von Mentoren beigefügt: in einem Fall von der UNICEF und im anderen von „Campus für Christus“.

Einstehen für biblische Schöpfungslehre trotz Benachteiligung

Das Ergebnis war simpel und vorhersagbar: Der Bewerber, welcher das Empfehlungsschreiben von Campus für Christus hatte, wurde hinsichtlich aller Kriterien (Einstellbarkeit, Sympathie, Kompetenz) deutlich schlechter bewertet als alle anderen. Die Autoren stellen fest: „… es bestätigt sich, dass Biologen im akademischen Bereich Vorbehalte gegen Studenten hegen, die sie für fundamentalistisch-evangelikal halten.“ Um Abhilfe zu schaffen, geben die Autoren abschließend einige Empfehlungen: Es solle daran gearbeitet werden, dass die Wahrnehmung der Benachteiligung von Christen in der Wissenschaft abgeschwächt wird. Eventuell lassen sich „fundamentalistische“ Christen so für die Evolutionslehre gewinnen. Jede Bewerbung solle individuell bewertet werden. Es gäbe ja auch Evangelikale, die Evolution nicht ablehnen. Demnach ist Benachteiligung also legitim, wenn Evangelikale nicht von ihren „fundamentalistischen“ Standpunkten abzurücken bereit sind. Dass aber genau diese Haltung für die wahrgenommene und tatsächliche Diskriminierung ursächlich sein könnte, ist den Autoren offenbar nicht aufgegangen. Wir lassen uns jedoch nicht entmutigen (2. Kor 4,1-2) und machen weiter auf interessante Befunde aufmerksam, die die biblische Schöpfungslehre bestätigen.

Herzlich, Ihr Boris Schmidtgall

Nur ein Versehen?

Disput um einen Artikel über intelligentes Design (ID) im Journal of Theoretical Biology

Eine argumentative Strategie, die häufig gegen die Schöpfungsforschung ins Feld geführt wird, besteht darin, ihr die Wissenschaftlichkeit abzusprechen. Das wird wiederholt u. a. damit begründet, dass keine Veröffentlichungen in anerkannten wissenschaftlichen Fachzeitschriften die Schöpfungslehre bekräftigen würden. Diese Argumentationsweise ist zum einen unhaltbar und zum anderen heuchlerisch. Zum einen gibt es eine lange Liste von Publikationen zu ID in anerkannten wissenschaftlichen Zeitschriften (https://www.discovery.org/id/peer-review/).1

Zum anderen ist es schon lange kein Geheimnis, dass Befürworter der Evolutionslehre keine Mühe scheuen, Veröffentlichungen zur Schöpfungslehre zu verhindern, wenn nötig auch durch eine nachträgliche Rücknahme unter Vertragsbruch wie im Fall der im wissenschaftlichen Springer-Verlag für 2012 geplanten Artikelserie „Biological Information – New Perspectives“ von W. Dembski und seinen Mitarbeitern.2

Trotz dieses spürbaren Widerstands der großen Mehrheit der wissenschaftlichen Gemeinschaft gegen die Schöpfungsforschung ist kürzlich ein Artikel über ID im Journal of Theoretical Biology veröffentlicht worden. Die Autoren des Beitrags mit dem Titel „Using statistical methods to model the fine-tuning of molecular machines and systems“ sind Steinar Thorvaldsen, Informatiker an der Universität Tromsö,  und Ola Hössjer, Mathematiker an der Universität Stockholm.3  In dem Artikel legen sie schlüssig dar, dass Feinabstimmung in der Molekularbiologie nachweisbar ist und mathematisch akkurat beschrieben werden kann. Sie zeigen auf, dass die Entstehung funktionaler Proteine durch natürliche Vorgänge unmöglich ist und dass nichtreduzierbare Komplexität ein allgegenwärtiges Kennzeichen von Leben ist.

Schon zu Beginn des Artikels wird unmissverständlich klargestellt, worum es geht: „Dieser Artikel beschreibt molekulare Feinabstimmung, wie in der Biologie davon Gebrauch gemacht werden kann und inwiefern sie die übliche Darwin’sche Denkweise herausfordert.“ Und auch an vielen anderen Stellen ist der Artikel sehr deutlich: „Viele biologische Systeme scheinen keinen funktionstüchtigen Vorläufer zu haben, von dem sie sich schrittweise hätten entwickeln können. Und die Wahrscheinlichkeit einer zufälligen Entstehung in einem Sprung ist extrem klein.“ Besonders der Schlusssatz dürfte geradezu als direkter Angriff auf den naturalistischen4 Unterbau der etablierten Wissenschaftsphilosophie wahrgenommen werden: „Doch Wissenschaftler haben noch viel Arbeit zu verrichten, um die Feinabstimmung als belastbare und gänzlich prüfbare wissenschaftliche Hypothese und letztlich als Schöpfungswissenschaft zu etablieren.“

Wer den Artikel auch nur halbwegs gründlich gelesen hat, dürfte sich verwundert gefragt haben, wie ein solcher Artikel in diese Zeitschrift gelangt sein kann. Jedenfalls wird die Annahme dieses Artikels wohl kaum ein Versehen gewesen sein. Sollte die Redaktion mitsamt den externen Gutachtern neuerdings tatsächlich eine offene Diskussion über Schöpfung und Evolution gutheißen? Die Antwort auf diese Frage kam postwendend: Auf der Internetseite der Zeitschrift wurde nach einiger Zeit dem Artikel eine Erklärung der drei leitenden Redakteure beigefügt. Darin distanzieren sie sich von der „Ideologie und dem Konzept des Intelligent Design“. Zudem behaupten die Redakteure, sie wären vor der Veröffentlichung über die „Verbindung der Autoren zu einer kreationistischen Gruppe“ gänzlich uninformiert gewesen. Schließlich wird den Autoren vorgeworfen, die Redaktion getäuscht zu haben, indem sie bei den Schlüsselbegriffen nach Abschluss des Gutachtens noch „intelligent design“ eingefügt hätten.

Das Verhalten der Redaktion wirkt überaus seltsam. Schon das Anbringen einer speziellen Erklärung unter einem angenommenen Artikel ist ein klarer Fall von Diskriminierung. Zudem sind die darin formulierten Unterstellungen fadenscheinig. Die Autoren haben in keiner Weise versucht, ihre Überzeugung zu verheimlichen. Der Artikel ist angefüllt mit überzeugenden Argumenten für ID, und ein kurzer Blick auf die zitierten Quellen dürfte weit mehr als genug Information über die weltanschauliche Positionierung der Autoren liefern. Abgesehen davon ist die Verbindung der Autoren zu einer weltanschaulichen Gruppierung in keiner Weise relevant für die Beurteilung einer wissenschaftlichen Arbeit – einzig die Qualität zählt, sollte man jedenfalls meinen.

Abb. 1: Ausgabe des J. Theor. Biol., welche den ID-Artikel enthält.

Das Fehlen von Einwänden auf der inhaltlich-sachlichen Ebene bestätigt dagegen die Überzeugungskraft der in dem Artikel ausgeführten Argumente. Und auch der letzte Vorwurf des späten Einfügens von ID bei den Schlüsselbegriffen ist unaufrichtig. Es ist offensichtlich, dass ID das Kernthema des Artikels ist. Warum sollte die Suche nach dem Artikel nicht erleichtert werden, indem treffende Schlüsselbegriffe gewählt werden? Selbst wenn diese Veränderung spät vorgenommen wurde, ist sie inhaltlich völlig berechtigt. Außerdem genügte es den Herausgebern des Journal of Theoretical Biology offenbar nicht, sich von dem Artikel zu distanzieren. Sie brachten zusätzlich noch einen Link zu einem Leserbrief an, einer Art qualifizierter Antwort auf den Artikel von drei Biologen von der Universität Georgia. Das Schreiben ist nicht einmal eine halbe Seite lang und wirkt, als hätten die Autoren den Artikel von Thorvaldsen und Hössjer gar nicht gelesen. Die Argumentation wird falsch widergegeben, ignoriert und mit plumpen Behauptungen „widerlegt“. Bezeichnend ist der krönende Schlusssatz: „Nach den Worten von Carl Sagan: ‚Außerordentliche Behauptungen bedürfen außerordentlicher Beweise‘ – eine Schwelle, die in dem Artikel nicht erreicht worden ist.“ Wo genau diese Schwelle liegt, bleibt das Geheimnis der Verfasser des Leserbriefs – ein typischer Fall von Debattenvermeidungsstrategie.

Erfreulich ist jedenfalls, dass mit dem ID-Artikel der zwei skandinavischen Wissenschaftler eine weitere qualitativ hochwertige wissenschaftliche Arbeit vorliegt, die kraftvolle Argumente für die Schöpfungslehre liefert. Die Zunahme solcher Artikel in den letzten Jahren könnte auf Dauer die offen ausgetragene Diskussion fördern.

Boris Schmidtgall 

Quellen
1 Dort sind auch Artikel aus renommierten Journalen wie Annual Reviews Genetics oder Journal of Molecular Biology angeführt.
2 M. Noe, Der Springer-Verlag nimmt die vertragliche Zusage der Veröffentlichung eines wissenschaftlichen Werks zurück, https://www.wort-und-wissen.org/disk/d14-1/.
3 S. Thorvaldsen, O. Hössjer, Using statistical methods to model the fine-tuning of molecular machines and systems, J. Theor. Biol. 2020, 501, https://doi.org/10.1016/j.jtbi.2020.110352.
4 Als „naturalistisch“ wird die Philosophie bezeichnet, welche Hinweise auf einen Schöpfer in der Natur grundsätzlich und von vornherein negiert.

Johannes Weiss – ein neuer Mitarbeiter stellt sich vor

Johannes Weiss, neuer Mitarbeiter bei der SG Wort und Wissen

Zum 1. Juli 2020 trat Johannes Weiss eine 50 %-Stelle bei Wort und Wissen an. Als Nachfolger von Frank Meyer arbeitet er in der Geschäftsstelle und übernimmt als Grafiker auch die Aufgabe im Bereich Medienarbeit und Layout bei Publikationen. Nachfolgend stellt er sich vor.

Die Verbindungen mit Wort und Wissen reichen weit zurück. Meine Kinder- und Jugendzeit verbrachte ich in der Schweiz, genauer im Zürcher Oberland, wo ich in einer vom lebendigen Glauben an Jesus Christus geprägten Familie aufwachsen durfte. Bereits als Gymnasiast wurde ich in den 1980er Jahren stark mit Fragen von Evolution und Schöpfung konfrontiert, zu einer Zeit also, als nur wenige gute Publikationen aus schöpfungsorientierter Sicht erhältlich waren.

Abb. 1: Buchcover „Licht. Welten“, ­gestaltet von Johannes Weiss.

Daher war ich kurz nach meiner Ausbildung zum Grafiker und nach einer ersten Anstellung in einer Werbeagentur in Zürich sehr motiviert, Anfang 1990 als junger Gestalter den Lehrdienst von Richard Wiskin zu unterstützen, der damals als einer der ersten Referenten in der Schweiz in Gemeinden und Schulen mit Diavorträgen zu diesen Themen unterwegs war. In der Folge entstanden viele Diavorlagen, unzählige populärwissenschaftliche Illustrationen sowie Printmaterial wie Einladungsflyer und Plakate, Arbeits- und Studienhefte für Schulen und später auch Buchpublikationen in Zusammenarbeit mit der Studiengemeinschaft. Einige Bücher werden auch heute noch nach über 25 Jahren aufgelegt.

Im Jahre 1995 entschloss ich mich zur Selbständigkeit und bezog ein eigenes kleines Grafikatelier am Zürichsee. Während dieser Zeit konnte ich praktische Erfahrungen in sehr unterschiedlichen Projekten sammeln. Verschiedene Reisen führten mich nach Afrika und in den Orient, wo ich bei Hilfsprojekten als Volontär und Grafiker mitarbeiten und so meinen Horizont erweitern konnte. Zwischen 2010 und 2013 war ich u. a. aktiv beim Aufbau eines regionalen Naturparks tätig und führte einen kleinen Gästebetrieb. In all den Jahren brach der Kontakt zu Wort und Wissen und zu Reinhard Junker nie ab, der mir immer wieder kleinere und größere gestalterische Projekte anvertraute. Speziell zu erwähnen ist auch die Zusammenarbeit mit dem Astrophysiker Norbert Pailer, mit dem ich viele schöne Bildbände in den vergangenen Jahren gestalten durfte (siehe Buchcover „Licht.Welten“).

Mitte des letzten Jahres zeichnete sich dann eine berufliche Änderung ab, als die Aufträge als selbständiger Grafiker immer mehr zurückgingen. Es war auch eine Zeit der neuen geistlichen Ausrichtung, nachdem ich im Rückblick auf die vergangenen Jahre eine nicht nur durchweg positive Bilanz ziehen konnte. Ich stellte mir die Frage: Was möchtest Du, Herr, wie und wo soll ich mein Leben und meine Fähigkeiten im Reich Gottes einsetzen? In dieser schwierigen Phase des Zerbruchs erlebte ich trotz großer äußerer Widerstände und offener Fragen die Führung und den Ruf, die Zelte in der Schweiz abzubrechen und nach Deutschland in den Schwarzwald zu ziehen. So freue ich mich nun, seit Anfang Juli dieses Jahres als Mitarbeiter mit einer 50%-Anstellung im administrativen Bereich der Geschäftsstelle tätig zu sein und auch weiterhin als Gestalter neue Publikationen für die Studiengemeinschaft herzustellen.

In der Freizeit trifft man mich häufig unterwegs zu Fuß an oder mit dem Bike in Gottes herrlicher Schöpfung, ausgerüstet mit Zeichenstift und Skizzenbuch. Wenn ich auch manchmal den großen Bodensee vermisse, an dessen Ufer ich zuletzt wohnte, und auch die Schweizer Berge nun weiter entfernt sind, so genieße ich die Weiten des Schwarzwalds hier rund um Freudenstadt, meiner neu gewählten Heimat. Ich freue mich, wenn Sie mich und die Arbeit von Wort und Wissen im Gebet begleiten, und hoffe, dass Sie und Ihre Familie, Freunde und Bekannte durch unsere Publikationen, Vorträge und Treffen im Glauben gestärkt werden!

Ein herzliches Bhüet Sie Gott wünscht ­Ihnen Johannes Weiss

Männliches und weibliches Gehirn – wirklich?!

Inwieweit sind Mann und Frau unterschiedlich? In Aufbau und Struktur sind geschlechtsspezifische Ausprägungen des menschlichen Gehirns für die Forschung bereits seit langem manifest.

Die im Rahmen der Erforschung des humanen Gehirns erzielten Erkenntnisse wurden in Veröffentlichungen aus verschiedenen Projekten dokumentiert; z. B. Befunde  aus dem 2010 gestarteten „Human Connectome Projekt“, in dem die Verknüpfungen aller Neuronen beim Menschen untersucht und beschrieben wurden. Das „Human Brain Project“ ist eine entsprechende europäische Initiative, die seit 2013 eine Plattform zur Bündelung der Erforschung des menschlichen Gehirns bietet. Mit all diesen Anstrengungen sind ähnlich wie bei der Erforschung des menschlichen Erbguts große Erwartungen verknüpft, dass mit zunehmendem Verständnis des menschlichen Gehirns etwas Wesentliches vom Menschen zugänglich würde.

Geschlechtsspezifische Unterschiede in Aufbau und Funktion des menschlichen Gehirns (Sexualdimorphismus) wurden in der Geschichte seiner Erforschung nie infrage gestellt. Das Ausmaß der Unterschiede, ihre Ursache und ihre Bedeutung werden aber nach wie vor kontrovers diskutiert. Im Rahmen der erwähnten Projekte werden auch Gehirne von Tieren als Modell für das humane Gehirn untersucht, da Experimente an tierischen Gehirnen vergleichsweise weniger ethische Fragen aufwerfen. Die Übertragbarkeit der an Tieren gewonnenen Ergebnisse auf den Menschen muss dann allerdings intensiv geprüft werden.

Liu et al. (2020) haben nun eine Arbeit vorgelegt, in der sie die Übertragbarkeit dieser Befunde aus dem Tiermodell auf den Menschen geprüft haben.1 Dazu haben sie zunächst zwei unabhängige und umfangreiche Datensätze von Schichtaufnahmen (Scans) genutzt, die durch bildgebende Verfahren von menschlichen Gehirnen gewonnen worden waren. Ein Datensatz stammt aus dem Human Connectome Projekt (HCP), der andere aus der englischen UK Biobank (UKB); insgesamt wurden mehr als 2000 Scans in diese Untersuchung einbezogen. Die geschlechtsspezifische räumliche Verteilung der Volumina der grauen Masse erwies sich in diesen Datensätzen als in hohem Maße reproduzierbar.

Weiter untersuchten Liu et al. die bisher beschriebenen im Gehirn ausgeprägten Gene (Transkriptom) und verglichen diese Daten mit der geschlechtsspezifischen Verteilung der grauen Substanz. Das Allen Institute for Brain Science gibt einen öffentlich zugänglichen Atlas heraus, der ca. 16.000 Gene enthält, die im menschlichen Gehirn in RNA umgeschrieben (transkribiert) werden. Dies ermöglicht zu prüfen, ob Gene der X-Chromosomen  bzw. des Y-Chromosoms bevorzugt in den geschlechtsspezifischen Bereichen des Gehirns transkribiert werden, wie das im Mausmodell nachgewiesen worden ist. Außerdem können Gene, die im menschlichen Gehirn exprimiert (ausgeprägt) werden, danach eingeteilt werden, inwieweit ihre Expression mit den geschlechtsspezifischen anatomischen Unterschieden in den Gehirnstrukturen gekoppelt ist.

Die Studie von Liu et al. (2020) zeigt eine enge Verknüpfung der geschlechtsspezifischen anatomischen Unterschiede und der Expression von Genen der X-Chromosomen bzw. des Y-Chromosoms. Dies war zuvor nur in Mäusen, einem Modellsystem für den Menschen, beschrieben worden.

Fazit. Auch wenn nach wie vor viele Fragen zum Unterschied im Gehirn von Mann und Frau offen bleiben und der experimentellen Untersuchung menschlicher Gehirne enge Grenzen gesetzt sind, so haben Liu et al. mit ihrer aktuellen Arbeit doch eindrucksvoll bestätigt, dass es eine Fülle von Befunden gibt, die für eine geschlechtsspezifische Unterscheidung des männlichen und weiblichen Gehirns sprechen. Für eine populäre Zusammenfassung der Resultate von Liu et al. wurde der Titel gewählt: „Gehirn von Mann und Frau ist doch unterschiedlich“ (Podbregar 2020).2 Die darin zum Ausdruck gebrachte Überraschung zeugt entweder von Ignoranz oder massiver weltanschaulicher Voreingenommenheit. Denn das ist, wie oben erwähnt, bereits lange bekannt und wird durch die hier vorgestellte Untersuchung nur einem konkreten Zusammenhang vertieft.

Eine kürzlich erschienene Arbeit unterstreicht, dass bei der Übertragung von tierischen Modellen auf den Menschen Vorsicht geboten ist (Schaeffer et al. 2020).3 Demnach weisen die Gehirne von Nagetieren und Primaten zwar eine vergleichbare Architektur auf, aber bei Mäusen, Krallenäffchen und Mensch sind funktionale Bereiche im Frontallappen unterschiedlich verschaltet. Die gebotene Vorsicht haben Liu et al. (2020) in ihrer Arbeit in vorbildlicher Weise demonstriert.

Abb. 1: Wissenschaftlich bestätigt: Gehirne von Mann und Frau sind deutlich verschieden. (Bildquelle: Pixabay)

Harald Binder

Eine ausführliche Version des Artikels ist verfügbar unter:
Männliches und weibliches Gehirn – wirklich?!

Quellen
1 Liu S, Seidlitz J, Blumenthal JD, Clasen LS & Raznahan A (2020) Integral structural, functional, and transcriptomic analyses of sex-biased brain organization in humans. Proc. Natl. Acad. Sci. USA; www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.1919091117
2 Podbregar N (2020) Gehirn von Mann und Frau ist doch verschieden. https://www.scinexx.de/news/biowissen/gehirn-von-mann-und-frau-sind-doch-verschieden/
3 Schaeffer DJ, Hori Y, Gilberrt KM, Gati JS, Menon RS & Everling S (2020) Divergence of rodent and primate medial frontal cortex functional connectivity. Proc. Natl. Acad. Sci. USA; www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.2003181117

Der „siebte Sinn“ bei Insekten

Kaum zu glauben, was das Mini-Gehirn in einem kleinen Insektenkopf zu leisten vermag. Laufend entdecken Forscher höchst erstaunliche Fähigkeiten. Zwei aktuelle Forschungsergebnisse zu Heuschrecken und Bienen.

Navigationssysteme in Kombination – Heuschrecken navigieren mit doppeltem Sonnenkompass

Abb. 1: Wüstenheuschrecke Schistocerca gregaria. (Bildquelle: Pixabay)

Wüstenheuschrecken können Hunderte Kilometer weit wandern. In riesigen Schwärmen können sie dabei große landwirtschaftliche Schäden verursachen, wie das leider dieses Jahr in Ostafrika geschieht. Forscher konnten neuerdings zeigen, dass sie bei ihren Wanderungen zwei verschiedene Navigationssysteme kombinieren.  Zum einen orientieren sie sich direkt am Sonnenstand, zum anderen können sie auch eine Information verarbeiten, für die wir Menschen keinen Sinn haben: die Polarisation des Lichts am Himmel, also seine Schwingungsrichtung. Das funktioniert auch bei bewölktem Himmel oder wenn im hohen Gras nur ein Ausschnitt des Himmels zu sehen ist. Die Verarbeitung dieser Licht-Information geschieht mithilfe von Gehirnzellen, die jeweils auf bestimmte Schwingungsrichtungen des Lichts reagieren. Aus einer komplexen Datenverarbeitung ergibt sich so eine Art innerer Kompass. „Das Insektenhirn ist damit in der Lage, ohne Sicht auf die Sonne deren Position aus dem Polarisationsmuster des Himmels eindeutig abzuleiten“, wird einer der Forscher zitiert.1

 Was wohl im Kopf von Bienen vorgeht?

Abb. 2: Biene an Blüten der Kornel­kirsche. (Bild: Winfried Borlinghaus)

Bienen sind enorm lernfähig. Diese Fähigkeit macht sie sehr effektiv darin, bei der Futtersuche Blüten so auszuwählen, dass sie ihre Nektar-Ausbeute maximieren. Das ist keine geringe Herausforderung, denn die Bienen müssen flexibel sein, da sich das Nahrungsangebot im Laufe der Zeit ständig ändert. Sie können erst während des Sammelprozesses erkunden, welche Optionen besonders häufig zum Erfolg führen. Wissenschaftler haben kürzlich herausgefunden, wie sie diese komplexe Aufgabe mit vielfältigen Wahlmöglichkeiten meistern. Sie konnten mithilfe von Attrappen zeigen, dass die Bienen in der Lage sind, sich für verschiedene Blüten die Erfolgswahrscheinlichkeit zu merken und diese Fähigkeit mit der Erforschung neuer Quellen zu kombinieren. Die Forscher imitierten anschließend das Lernzentrum im Gehirn der Bienen am Computer durch ein neuronales Netz. Die Ergebnisse, die sie damit erzielten, waren denen der echten Bienen sehr ähnlich.2 Woher haben also die Bienen ihre Fähigkeiten? Die Forscher haben das neuronale Netz sicher nicht durch Zufall und Naturgesetze aufgebaut.

Reinhard Junker

Quellen
1 Zitrell F et al. (2020) Matched-filter coding of sky polarization results in an internal sun compass in the brain of the desert locust. Proc. Natl. Acad. Sci. 117, 25810–25817.
2 HaDi M et al. (2020) Honeybees solve a multi-comparison ranking task by probability matching. Proc. R. Soc. B, doi:10.1098/rspb.2020.1525.

Wozu Glaube, wenn es Wissenschaft gibt?

 Eine Rezension von Harald Binder

„Wozu Glaube, wenn es Wissenschaft gibt?“  von John Lennox, SCM Verlagsgruppe GmbH, Holzgerlingen 2019, 160 Seiten, gebunden 13,5 x 21,5 cm, 14,99 €

John Lennox, emeritierter Mathematikprofessor der Universität Oxford, hat sich seit vielen Jahren intensiv mit dem Wesen und Verhältnis von Wissenschaft und Glauben beschäftigt. In Vorträgen und Büchern hat er seine Erkenntnisse bekanntgemacht. Nachdem er sich bereits kenntnisreich und differenziert in dem Doppelwerk „Hat die Wissenschaft Gott begraben?“ und „Gott im Fadenkreuz“ geäußert hat, meldet er sich nun in einem neuen Buch zu Wort: Wozu Glaube, wenn es Wissenschaft gibt?

Er schreibt nicht aus der Perspektive eines gut vernetzten und diskussionsfreudigen akademischen Lehrers,  sondern er kommt dem Lesenden persönlich ganz nahe, gewährt Einblicke in persönliche Erfahrungen als Student, nimmt mit hinein in Begegnungen und Gespräche. Dadurch gelingt es ihm, das Thema anhand konkreter Fragen anzusprechen, die sich viele Menschen schon gestellt haben, ohne sich in sehr differenzierten und langatmigen Ausführungen zu ergehen. So erklärt Lennox, nachdem er Einblicke in seine Begeisterung für naturwissenschaftliche Fragen gegeben hat, die Grenzen dieser Perspektive anhand des Kuchens, den die Tante gebacken hat. Wissenschaftler können interessante Eigenschaften und Wirkungen der verwendeten Materialien verstehen und wissen in diesem Punkt mehr als die Tante! Doch für die spannenden Fragen, warum und wozu der Kuchen gebacken wurde, haben die Wissenschaftler keinen Zugang zu Antworten; sie könnten nur die Tante fragen.

Den weltanschaulichen Aspekt bei wissenschaftlichem Arbeiten verdeutlicht er an den beiden herausragenden Physikern Isaak Newton und Stephen Hawking. Beide haben Beiträge zum Verständnis der Schwerkraft geleistet. Dabei waren die Erkenntnisse für Newton ein staunenswerter Hinweis auf die ordnende Schöpferkraft Gottes, während Hawking seine Einsichten dazu nutzte, Gott für überflüssig zu erklären. Der Unterschied, so zeigt Len­nox, liegt nicht in 300 Jahren wissenschaftlichen Erkenntnisgewinns, sondern hat mit weltanschaulichen Positionierungen zu tun, die nicht wissenschaftlich begründbar sind.
Man erfährt, wie der Autor durchaus bekannte kritische Anfragen an den christlichen Glauben aufnimmt, darüber nachdenkt und in verschiedenen Schritten nach ehrlichen Antworten sucht und diese vorsichtig, aber klar formuliert.

Er geht auch auf häufig vorgebrachte Vorwürfe ein, die gegen den christlichen Glauben – gerade auch im Namen der Wissenschaft – oft polemisch erhoben werden, und beleuchtet sie auch historisch kenntnisreich von verschiedenen Seiten. Hier trägt Lennox z.B. einige weniger bekannte Aspekte zum typischen Beispiel von Galileo bei. Dadurch macht er Mut, solche auch von bekannten Vertretern der Wissenschaft wie Stephen Hawking und Richard Dawkins vorgebrachten Denkmuster einmal vom Sockel zu holen und genauer zu betrachten. John Lennox lädt außerdem dazu ein, auch den christlichen Glauben ehrlich und gründlich zu untersuchen, ohne dass er den Eindruck erweckt, dass im Umgang mit der Bibel oder in der Beziehung zu Gott alle Fragen geklärt wären. Der Autor ermutigt auch dazu, Glauben nicht nur theoretisch zu bedenken, sondern diese Beziehungsfrage durchaus auch experimentell anzugehen.
Man muss John Lennox nicht in allen Details seiner Erkenntnisse zustimmen; so werden nicht alle Bibelleser seinen Darlegungen zu metaphorischem Textverständnis in jedem Aspekt folgen. So zum Beispiel, wenn der Autor schreibt „Es war ein von Gott verursachter Urknall.“ Bekanntlich gibt es nicht nur dazu auch unter Christen unterschiedliche Sichtweisen. John Lennox regt aber auf eine sehr einladende Weise dazu an, ausgetretene Denk- und Argumentationspfade zu verlassen und selbst denkend Antworten zu finden.
Ich habe dieses Büchlein während einer Bahnfahrt mit Genuss gelesen und empfehle es gerne weiter als Einstieg, nachdenkend eine persönliche Position zu finden im Themenfeld Glaube und Wissenschaft.

Das Buch scheint mir auch als Geschenk sehr gut für Menschen geeignet, die herausgefordert werden könnten, sich kritischen Fragen zu stellen, und die von einem Impuls zum Nachdenken über Glauben und Wissenschaft profitieren könnten.

Neuauflage von „Wie alt ist die Menschheit?“

 Kraftvolle Argumentation von Michael Brandt für eine kurze Menschheitsgeschichte – bereits in der 6. Auflage

„Wie alt ist die Menschheit?“ von Michael Brandt, SCM Verlagsgruppe GmbH, Holzgerlingen 2020,
253 Seiten, Hardcover 16,5 x 24 cm, 14,95 € (A: 15,40 €) / 22,50 SFr

Laut konventioneller Sichtweise begann die Menschheitsgeschichte vor ca. zwei Millionen Jahren. Diese Auffassung beruht auf der radiometrischen Datierung von Hinterlassenschaften, die Menschen zugeschrieben werden. Allerdings ergeben sich bei näherer Betrachtung einer Reihe von anderen Befunden bisher unauflösbare Widersprüche. Demographische Untersuchungen ergeben, dass das Bevölkerungswachstum der Menschen selbst unter widrigsten Bedingungen stets so hoch war, dass es nach zwei Millionen Jahren viel mehr Menschen geben müsste. Hinzu kommt das rätselhafte Fehlen einer großen Menge an Steinwerkzeugen und Siedlungsplätzen. Einzig die Verkürzung der Steinzeit auf wenige Tausend Jahre ergibt ein schlüssiges Gesamtbild der Menschheitsgeschichte.

Das Buch kann hier bestellt werden.

Neue Beiträge auf unseren Internetseiten

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Vortrag auf unserem Youtube-Kanal:

Studium Integrale Journal

Das evolutionskritische Magazin

Themen Heft 2 / 2020

  • R. Junker: Vogelmerkmale bei Dinosauriern. Vorläuferstadien oder Konvergenzen
  • N. Crompton: Mendel’sche Artbildung und die Entstehung der Arten. 3. Fortpflanzungsisolation und adaptive Radia­tionen
  • P. Borger: De novo – Gene aus dem Nichts? Interpretationsfehler oder komplexes Genom?
  • H.-B. Braun: El Cóndor Pasa
  • R. Junker: Hummeln lösen Blütenbildung aus
  • H. Binder: Bernsteininklusen – Einblicke in frühe Pflanzen-Bestäuber-Beziehungen
  • M. Kotulla: Eiszeit: Gletscher- und Eisschmelze in wenigen Jahrhunderten?
  • P. Korevaar: Plutos schwindende Atmosphäre
  • H. Binder: Mann und Frau – auch im Gehirn unterschiedlich
  • B. Schmidtgall: Leben aus der Tiefe der Erde: Fortschritt in der Lebensursprungsfrage?
  • D. Vedder: Citratnutzung bei Escherichia coli: Kein evolutionäres Sprungbrett

Streiflichter: Proteom-basierter Stammbaum mit interessanten Resultaten • Schildkrötenameisen: Abruf vorhandener Optionen statt Evolution? • „Schnabeltier der Krabbenwelt“ • Springende Genialität • Homologien: keine Beweise für Evolution • Gemeine NapfschneckeSpezialistin für flexibles Kleben • Frauen mit „Neandertaler-Genvarianten“ haben weniger Fehlgeburten • Ceres’ verborgener Wasserozean • Neues über Lebensentstehung? Oder von der Überinterpretation einfacher chemischer Systeme • Proteine in Meteoriten – heiße Spur außerirdischer Lebewesen?

Jahresabo (2 Ausgaben; je 64 S.): 15,– € (außerhalb D: 17,–) / SFr 23,– (Studenten/Schüler: 10,– €; außerh. D: 12,– / SFr 15,–); Einzelheft: 8,50 €; älteres Kennenlernexemplar € 4,– € / SFr 6,– (jeweils inkl. Versandkosten; Bestellung hier)

Bericht des Schatzmeisters

Für einen Schatzmeister war das Corona-Jahr kein leichtes. Die Freude über steigende Spenderzahlen und gut besuchte Tagungen wurde jäh abgewürgt. Monatlich mussten die erwarteten Einnahmen nach unten korrigiert werden. Die meisten Tagungen fanden nur noch online statt oder mussten abgesagt werden. Der Verkauf von Büchern und anderen Medien ist aber gerade auf Präsenzveranstaltungen hoch. Wir sind allen Spendern dankbar, die uns in diesem schwierigen Jahr unterstützt haben. Manche Sonderspende hat uns geholfen, die größten Lücken zu stopfen.

Nichtsdestotrotz freuen wir uns aber auch, dass Gott uns durch Ihre Spenden neue Projekte ermöglicht oder dass sogar neue Mitarbeiter angestellt werden können. Johannes Weiss hat seine Tätigkeit in der Geschäftsstelle im Juli aufgenommen, und zum 1. 1. 2021 werden wir Dr. Peter Trüb als wissenschaftlichen Mitarbeiter (50 %) einstellen.Die Mitgliederversammlung hat ein Budget in Höhe von 535.000 € Einnahmen und 565.000 € Ausgaben verabschiedet (Defizit: 30.000 €). Mit aktuell 300.000 € Einnahmen und 360.000 € Ausgaben sind wir allerdings noch deutlich von unseren Planungen entfernt.

Als Leitungskreis der Studiengemeinschaft hoffen wir, dass Gott den eingeschlagenen Weg, den Generationswechsel der Mitarbeiter, das erweiterte Tagungsangebot, die Gewährung von Stipendien und schließlich Überlegungen zu einer erweiterten Geschäftsstelle, auch finanziell segnet. Wir sind Ihnen sehr dankbar für das bisherige Mittragen und erbitten weiterhin Ihre Unterstützung.

Stephan Schmitz

Überblick über die Tagungen des 1. Halbjahres 2021 (PDF)