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Die Paradiesvögel, ihre Hybriden und die Rolle der sexuellen Selektion


Artikel als PDF-Datei (22 Seiten, 1132 KB, Stand: 20.07.2020)

Die Paradiesvögel, ihre Hybriden und die Rolle der sexuellen Selektion

Die Paradiesvögel (Paradisaeidae) sind eine faszinierende Familie schöner Vögel, die in Neuguinea und Nord-Ostaustralien vorkommen und außergewöhnliche Balzrituale zur Schau stellen. Zu ihrer Familie gehören 41 Arten in 16 Gattungen, die in 5 Gruppen eingeteilt werden. Die Vögel sind sexualdimorph*, wobei die Männchen eine außergewöhnliche phänotypische* Vielfalt aufweisen. Die Ähnlichkeit im Aussehen der Weibchen und ähnliche molekulare Sequenzen sind klare Indikatoren ihrer Verwandtschaft. Es sind zahlreiche Gattungshybriden bekannt; diese sind allerdings insofern ungewöhnlich, als es für sie zwar formale Beschreibungen und lateinische Namen gibt, ihre Abstammungsverhältnisse jedoch häufig auf bloßen Vermutungen basieren. Die phänotypischen Ähnlichkeiten der Hybriden, die zurück zu einem gemeinsamen Urtyp tendieren, unterstreichen, dass die Paradiesvögel zu einer einzigen genetischen Familie gehören.

Schon lange wurde sexuelle Auslese als Motor der bemerkenswerten Vielfalt dieser Familie angesehen, doch ist sie ein Mechanismus, der zwar die Vielfalt der Arten erhalten kann, aber nicht in der Lage ist, ihre Vielfalt zu erzeugen. Meiotische Mechanismen, die präexistente* genetische Programme umkombinieren und auswählen können, können erklären, wie diese Vielfalt entstanden ist. Präexistente genetische Programme erklären den Ursprung der phänotypischen Merkmalsvielfalt der Paradiesvögel besser als mehrfache vorteilhafte Mutationen. Es besteht ein Zusammenhang zwischen dem ausgesprochen attraktiven Schmuckgefieder der Arten einerseits und ihrem ausgeprägten Paarungsverhalten andererseits, deren Ausprägung auf die Rolle der Neuralleiste in ihrer Entwicklung hinweist. Die enorme Vielfalt der Gefieder erweckt den Eindruck, dass die Paradiesvögel der ornithologische Inbegriff des Liebeswerbens sind.

Das Wichtigste in Kurzform

  1. Umfangreiche Hybridisierungen unter Paradiesvögeln deuten darauf hin, dass viele Arten zu einem einzigen Grundtyp gehören. Weitere Daten zu DNA-Sequenzen und zu Morphologie bestätigen, dass alle Arten zu einer einzigen genetischen Familie gehören.
  2. Gemeinsame Ähnlichkeiten bei intergenerischen Hybriden im Vergleich zu den Unähnlichkeiten, die sich bei intragenerischen Hybriden zeigen, deuten darauf hin, dass sich die Familie von einem gemeinsamen Vorfahren über Mendel‘sche Prozesse (Meiose und Fortpflanzungsisolation) und nicht durch eine Häufung von Mutationsereignissen entwickelt hat.
  3. Der Ursprung einzigartiger Merkmale, die die verschiedenen Arten aufweisen (z.B. die exotischen Kopffedern des King of Saxony-Paradiesvogels), lässt sich am besten durch die Aktivierung präexistenter genetischer Programme erklären und nicht durch die Anhäufung multipler vorteilhafter Mutationen. Hinweise auf Kooptionen sind Belege für bereits existierende genetische Programme.
  4. Sexuelle Selektion innerhalb der Familie führt nicht zu neuen Merkmalsausprägungen, Merkmalen oder Arten. Die sexuelle Selektion begünstigt (oder auch nicht) und erhält neuartige Merkmalsausprägungen, Merkmale und Arten, „erschafft“ sie aber nicht. Präexistente genetische Information, die als Programme im Genom codiert ist, führt zu neuartigen Merkmalsausprägungen, Merkmalen und Arten.