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Thesen der Fachgruppe Philosophie

I Gottes Geschichte mit Welt und Mensch: Unabdingbare biblische Grundlagen

Vorbemerkung

In weiten Teilen der modernen Naturwissenschaft ist ein naturalistisches Weltbild Grundlage der Theoriebildung. Dieses steht der Möglichkeit, an das Wirken Gottes in der Welt zu glauben, entgegen. Dieser Naturalismus kann daher als nomineller Atheismus gekennzeichnet werden. Dennoch stoßen die Naturwissenschaften von sich aus an Grenzen, die eine umfassendere Deutung verhindern. Weil jeder Wissenschaftler vorwissenschaftliche Grundaxiome (Glaubenssätze) in seinen wissenschaftlichen Aufbau einträgt, ist es legitim, eine Weltsicht mit Transzendenz beizubehalten, zumal es keine naturwissenschaftlichen Möglichkeiten gibt, Aussagen über einen Bereich zu treffen, der jenseits des von den Naturwissenschaften beanspruchten Geltungsbereiches liegt. Für uns ist die Bibel, die Heilige Schrift Alten und Neuen Testamentes, die Grundlage. In diesem Abschnitt stellen wir die für die Arbeit der Studiengemeinschaft Wort und Wissen maßgeblichen, aus der Bibel hergeleiteten, vorwissenschaftlichen Glaubenssätze zusammen.

  1. Gen 1,1-31; Ps 33,6–9; 90,1–2; Joh 1,1–5; Kol 1,16–17
    Der dreieinige Gott schuf die Welt am Anfang durch sein Wort. Als Schöpfer steht er der Welt gegenüber und geht nicht als ein sie verborgenerweise bestimmendes Prinzip in ihr auf. Zugleich kann Gott nicht von der Welt geschieden werden, denn er erhält sie und kann nach seinem Willen in ihr wirken. Die Schöpfung war am Anfang sehr gut.
  2. Gen 1,27–31; 2,15; 9,1–7; Ps 8,4–9
    Der Mensch ist im Bilde Gottes geschaffen, das auch im Fall erhalten bleibt. Er ist im Urstand als Mann und Frau und zur unauflöslichen Einehe erschaffen. Er erhält bleibend den Auftrag, die Schöpfung in Verantwortung vor Gott zu erfüllen, zu beherrschen, zu bewahren und zu bebauen.
  3. Gen 8,21–22; Ps 104,1–35; Röm 11,36; Hebr 1,3
    Der dreieinige Gott erhält seine Schöpfung durch sein Wort.
  4. Gen 3,1–24; 6,8-21; Ps 90,1–12; Jer 17,9; Mt 15,19–20; Röm 3,9-23; 5,6–10.12–21; 8,19–22
    Durch den Sündenfall, der eine leibhaftige Tat des ersten Menschenpaares war, formal eine Übertretung des Gebotes Gottes darstellt und inhaltlich ein Angriff gegen die Gottheit und schenkende Freundlichkeit Gottes ist, wurde der Mensch dem Satan hörig. Infolgedessen wurde er in allen Bereichen seiner Existenz dem Todesgericht unterworfen und die gesamte Schöpfung der Vergänglichkeit. Dies hat besonders auch den Tod in der Tierwelt zur Folge. Adam handelte als Haupt der Schöpfung stellvertretend für diese wie auch für seine leiblichen Nachkommen. Daher stehen auch diese unter dem Gerichtsurteil Gottes. Die Folge des Falles ist ferner die bleibende Feindschaft des Menschen gegen Gott. Die Welt, wie sie uns gegenwärtig begegnet, ist die Welt nach Sündenfall und weltweiter Sintflut in ihrer Vergänglichkeit, nicht mehr die Welt des Urstandes in ihrer ursprünglichen Schöpfungsgestalt.
  5. Kol 1,16; 2. Kor 4,18; Apg 17,27; Eph 2,1; 6,12
    Mit Ausnahme Gottes selbst sind alle Dinge von Gott geschaffen. Die Schöpfung umfaßt sowohl die sichtbare als auch die unsichtbare Welt. Die unsichtbare Welt ist ewig und umschließt die sichtbare und vergängliche Welt. Zur ihr gehört auch die Welt Satans, der in die sichtbare Welt zerstörend hineinwirkt.
  6. Ex 20,1–2; 2 Kg 6,15–20; Joh 1,14.25; Mt 25,31; Lk 24,1–12; Apg 1,9–11; Joh 11,1–45
    Gott als der Schöpfer hat mittelbaren und unmittelbaren Zugang zur sichtbaren Welt. Er hat zu Menschen und durch Menschen geredet. Er ist Fleisch geworden in seinem Sohn Jesus Christus, der bei seiner Himmelfahrt wieder in die unsichtbare Welt Gottes eingegangen ist und von dort wiederkommen wird. Die biblisch bezeugten Zeichen und Wunder bekunden die Herrschaft des Schöpfers über die von ihm geschaffene Welt; auch sind die Wunder Christi ein Hinweis auf seinen unmittelbaren Zugang zur Schöpfung.
  7. Lk 24,1–12; Joh 1,14.29; 3,16; 14,6; Apg 4,12; Röm 8,29–30; 2Kor 5,17–21; Eph 1,20–23, 2Ptr 1,16, 1Kor 15; 2Tim 1,10; 1Thess 4,13–18; 2Ptr 3,11
    Durch den stellvertretenden Tod des fleischgewordenen Christus versöhnt Gott die Welt mit sich selber und legt darin die Rechtsgrundlage für ihre Neuschöpfung. Durch die leibhaftige Auferstehung Jesu als des zweiten Adam und Hauptes der neuen Menschheit sowie der neuen Schöpfung ist die neue inmitten der alten angebrochen. Die gefallene Welt steht dadurch unter der Verheißung der Neuschöpfung, die in der Gemeinde als der Schar der an Christus Gläubigen und unter seinem Wort Versammelten bereits zeichenhaft beginnt und im Eschaton endgültig offenbar werden wird.

II Zur biblischen Sicht von Erkenntnis und Wissen

  1. Mensch und Welt können nicht adäquat verstanden werden, wenn Gott als Schöpfer und Erhalter, der souverän in die Welt hineinwirken kann, ausgeklammert wird. In der Heiligen Schrift weist sich Gott als der aus, der sich in Raum und Zeit, mithin also in der von der Bibel bezeugten Geschichte, geoffenbart hat. Durch die Heilige Schrift als seinem Wort redet er zu uns. Damit ist prinzipiell die erkenntnistheoretische Selbstverkrümmung des Menschen durchbrochen.
  2. Die Offenbarung beinhaltet die fortschreitende Selbstkundgabe Gottes in der Geschichte und deren Bezeugung in der heiligen Schrift. Sie führt über die im Alten Testament berichtete Geschichte zu ihrem Höhepunkt in der Fleischwerdung, dem Tod und der leibhaftigen Auferstehung sowie der Himmelfahrt Jesu Christi und deren Bezeugung im Neuen Testament. Die Offenbarung Gottes hat objektiven Charakter, insofern Gott sinnlich wahrnehmbar in der Geschichte handelt und in der Person seines Sohnes leibhaftig und aufgrund der Kontinuität zur alttestamentlichen Offenbarung identifizierbar in die weltlich-materielle Wirklichkeit eintritt.
  3. Die Schrift legitimiert sich unter anderem dadurch, daß sie in realem Bezug auf die uns zugängliche, sichtbare Wirklichkeit redet. Dieser reale Bezug – ausschnittweise in sachlicher Konkordanz – kann zwar vom Menschen nicht zwingend aufgewiesen werden, wird aber erkennbar

a. in dem aus der Natur ersichtlichen Zeugnis, daß ein Gott ist, der die Welt gemacht hat, und dem biblischen Zeugnis von der Schöpfung.

b. indem die Schrift die Wirklichkeit des Bösen und der Sünde des Menschen darstellt und darin sowohl dem Zeugnis des Gewissens als auch den vielfältigen Formen menschlicher Bosheit entspricht.

c. indem die Schrift Aussagen über den Menschen, seine Lebenswelt und über die Geschichte macht, die allgemeiner Erfahrung entsprechen beziehungsweise historischer Forschung zugänglich sind.

d. in der Kontinuität der Offenbarung, durch die sich Gott in der alttestamentlichen Geschichte bis hin zu Jesus Christus bekundet hat und kraft derer die Person und das Werk Christi identifizierbar sind

e. indem die Schrift auf metaphysische, ethische und erkenntnistheoretische Fragen antwortet, die seit Jahrtausenden gesehen werden und durch die Wissenschaft nicht beantwortet werden können.

  1. Daß die Schrift darüber hinaus auch vorhandenen menschlichen Vorstellungen widerspricht oder Aussagen macht, die menschlicher Überprüfung unzugänglich sind, weil sie den menschlichen Erfahrungshorizont übersteigen, ist Konsequenz ihres Offenbarungscharakters.
  2. Die erkenntnistheoretische Relevanz der Sünde besteht darin, daß der Mensch den Gegenständen seiner Erkenntnis in der Eigenschaft als Sünder gegenübertritt. Er ist geneigt, die mit ihnen gegebene Evidenz nach der Maßgabe des Unglaubens und seiner Begierden zu verkehren (Röm 1,18–23). Die Verkehrung kann graduell verschieden sein, sie führt jedoch dahin, daß der Mensch eine Weltanschauung entwickelt, in der Gott verfügbar ist und er sich selbst entschuldigt.
  3. Das Gefangensein des Menschen unter der Sünde wird nur aufgebrochen durch Gottes gnädiges Handeln. Dieses umgreift zwei Elemente, nämlich die objektive geschichtliche Offenbarung und die subjektive Gabe der Erkenntnis derselben durch den Glauben. Auch der Glaubende bleibt aufgrund seiner Sündhaftigkeit fehlbar und bedarf der Korrektur durch Gottes Wort.
  4. Daß ein Mensch die biblische Offenbarung versteht, geschieht unter dem Vorbehalt der Gnadenwahl. Diese macht die objektive Offenbarung gegenüber dem Menschen unverfügbar, so daß auch die menschliche Entscheidung nicht als entscheidender Faktor der Erkenntnis zu stehen kommt (Joh. 6,44; Mt 11,27; Apg 13,48; Röm 9,16). Gleichwohl wird der Mensch an den offenbaren Christus beziehungsweise an die Kunde von Christus gewiesen (Mt 11,28; 17,5; Röm 10,4.17; 2Kor 5,19–21), und darüber von Gott zur Verantwortung gezogen, der will, daß alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen (1Tim 2,4).
  5. Als faktischer Erkenntnisgrund steht somit die heilige Schrift dem Menschen gegenüber. Sie hat Wortgestalt. Gott will durch sie zur Einsicht führen und Glauben begründen. Daher wird die Schrift nur im Glauben recht angenommen und der Glaube ist die Gestalt, in der die Schrift ihrer Intention gemäß ankommt.
  6. Die neutestamentliche Gemeinde als der Schar der an Christus Gläubigen ist somit Pfeiler und Grundfeste der Wahrheit (1Tim 3,15). Als Salz der Erde und Licht der Welt (Mt 5,13–14) vermittelt sie auch außerhalb ihrer selbst in der Öffentlichkeit die rechte Sicht für die Welt als Schöpfung. Sie steht damit dem heidnischen Naturalismus gegenüber und ermöglicht erst durch den Glauben an den dreieinigen Gott Wissenschaft, die die Welt wieder als Schöpfung begreift, und eine sachgemäße, also weder naturalistische noch emanzipatorische Begegnung des Menschen mit der Schöpfung.

III Zu den aktuellen Vorstellungen von Wissenschaft

  1. Der Begriff der Wissenschaft ist umstritten, da es keine einheitliche Vorstellung darüber gibt, was Wissenschaft ist und wie sie zu definieren ist. Eine präzise Begriffsbestimmung von „Wissenschaft“ erscheint nicht möglich. (Vgl. Enzyklopädie Philosophie. Hans Jörg Sandkühler (Hrsg.). Hamburg, Meiner 1999. S. 1763–1764)
  2. Wissenschaft muß als historisches Phänomen bestimmt werden, deren Ziele und Aufgaben sich zum Teil aus wissenschaftlicher (wissenschaftsimmanenter) und/oder philosophischer (wissenschaftsexterner) Reflexion ergeben.
  3. Aufgabe der Wissenschaft ist die systematische und methodische Erforschung der (gesamten) Wirklichkeit. Wissenschaftliches Wissen nimmt dabei die Form von Theorien an, die eine Erklärung geben sollen, was alles in der Welt der Fall ist und warum es der Fall ist. (Vgl. Enzyklopädie Philosophie. Hans Jörg Sandkühler (Hrsg.). Hamburg, Meiner 1999. S. 1763–1764)
  4. Auch in der Wissenschaftstheorie, die ihre Aufgabe in der Bestimmung der Grenzen, Bedingungen und Möglichkeiten von Wissenschaft sieht, existieren keine einheitlichen Vorstellungen von „Wissenschaft“. Im Gegensatz zur Erkenntnistheorie reflektiert die Wissenschaftstheorie nicht die gewöhnlichen Erkenntnisleistungen des Menschen, sondern das methodisch gewonnene, in Theorien formulierte wissenschaftliche Wissen (Vgl. Enzyklopädie Philosophie. Hans Jörg Sandkühler (Hrsg.). Hamburg, Meiner 1999. S. 1778). Die Orientierung der Wissenschaftstheorie an die bereits existierenden Wissenschaften führt dazu, daß lediglich die Frage beantwortet werden kann, welche Merkmale Wissenschaften besitzen ohne diese jedoch hinreichend begründen zu können.
  5. Die wissenschaftstheoretischen Vorstellungen von Wissenschaft zerfallen in eine Vielzahl normativer, wissenschaftsgeschichtlicher, wissenschaftssoziologischer und ‘dekonstruktivistischer‘ Positionen.
  6. Karl R. Popper vertritt, im Anschluß an David Hume, die Auffassung, daß Theorien nicht induktiv gewonnen werden können, da der Übergang von einer begrenzten Anzahl von Einzelaussagen zu einer Allaussage logisch unmöglich ist. Theorien stellen für Popper vorläufige Hypothesen dar, über deren Wahrheit niemals endgültig entschieden werden kann. Popper sieht in der Falsifikation von Theorien die einzig gangbare wissenschaftliche Methode und in der Falsifizierbarkeit von Theorien das einzige Kriterium, um zwischen Wissenschaft und Nicht-Wissenschaft unterscheiden zu können. „Wahrheit“ ist für Popper lediglich eine regulative Idee, d.h. Wahrheit ist das Ziel wissenschaftlicher Forschung. Eine Sicherheit darüber, ob wir sie erreicht haben, gibt es für Popper jedoch nicht.
  7. Nach Thomas S. Kuhn gibt es keine ahistorischen Bedingungen für Wissenschaft. Wissenschaft sollte nach Kuhn nicht normativ, sondern geschichtlich betrachtet werden. Die Historisierung von Wissenschaft führt zu Kuhns Inkommensurabilitätsthese: ein Vergleich aufeinanderfolgender Theorien ist nicht möglich. Damit wird zugleich die Idee von Wahrheit und Erkenntnisfortschritt ausgeschlossen. Der Begriff des Paradigmas, unter dem Kuhn „wissenschaftliche Leistungen [versteht], die für eine gewisse Zeit einer Gemeinschaft von Fachleuten maßgebende Probleme und Lösungen liefern“ (Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen. Thomas S. Kuhn. Frankfurt am Main, Suhrkamp 1997. S. 10), wird teils soziologisch, teils historisch-pragmatisch gefaßt. Ging es Popper noch um die Theoriendynamik, beschränkt sich Kuhn einzig auf die Forschungsdynamik, d.h. die Frage nach der Hypothesenbegründung wird zugunsten der Hypothesengewinnung aufgegeben.
  8. Imre Lakatos‘ Wissenschaftstheorie versteht sich als Synthese der Ansätze von Popper und Kuhn. Lakatos entschärft Poppers Falsifikationstheorie und gibt ihr eine Methodologie wissenschaftlicher Forschungsprogramme bei, die Kuhns Analysen gerecht wird. Um die Theorieabfolgen zu erklären, unterscheidet er zwischen hartem Kern und Hilfshypothesen. Der harte Kern bildet ein relatives Apriori konventionalistischer Art, der durch kein Gegenbeispiel erschüttert werden kann. Die Hilfshypothesen bilden einen Schutzgürtel oder Rettungsring um den harten Kern. Sie können im Sinne Poppers falsifiziert und durch neue Hilfshypothesen ersetzt werden. Lakatos fordert zudem ein pluralistisches Theorienmodell: Es müssen stets unterschiedliche Forschungsprogramme nebeneinander verfolgt werden, um den Irrationalismus eines Paradigmenwechsels im Sinne Kuhns umgehen zu können. Alle späteren wissenschaftstheoretischen Modelle können als Fortführung der Lakatosschen Synthese von Popper und Kuhn begriffen werden.
  9. Paul Feyerabend verneint die Frage, ob man wissenschaftliche Traditionen schaffen soll, die durch strenge Regeln zusammengehalten werden. Da die Welt etwas Unbekanntes für uns ist, sollten wir keine methodischen Beschränkungen vornehmen. Des weiteren erklärt Feyerabend die wissenschaftliche Ausbildung als menschenfeindlich, da die Dressur von Individualität und Kreativität eine „verdummende Wirkung“ nach sich zieht. Das Heilmittel sieht Feyerabend in einer „Methodenanarchie“, einem „anything goes“. Zwei Gründe gibt Feyerabend für dieses Vorgehen an: 1) Es gibt keine methodische Regel, die nicht irgendwann verletzt worden wäre; der Fortschritt war bisher immer an die Verletzung der bisherigen Regeln geknüpft. 2) Statt gut bewährte, induktiv bestätigte Hypothesen zu suchen, sollte man kontrainduktiv vorgehen, indem man Hypothesen entwickelt, die anerkannten Theorien oder wohlbekannten Tatsachen widersprechen. Zwar glaubt Feyerabend an die fruchtbare Entwicklung der Wissenschaften, jedoch läßt diese sich nicht mit einem Methodenschema welcher Art auch immer einfangen.

IV Kriterien für Wissenschaft

Vorbemerkung

Die hier aufgeführten Kriterien für Wissenschaft sind hinlänglich bekannt. Ihre Nennung im Rahmen dieser Thesen soll dem Ziel dienen, einen engen Bereich dessen abzustecken, was Wissenschaft ist und sein soll. Diese Kriterien besitzen somit Ausschlußcharakter, da sie nur bestimmte Wissenschaften als Wissenschaften zulassen. Damit wird es möglich, daß sich sowohl Kreationisten als auch Evolutionisten auf einer gemeinsamen Ebene treffen können; der Ebene, auf der Konsens darüber herrscht, was Wissenschaft ist und was wissenschaftliche Theorien auszeichnet. Beide Seiten sollten zeigen können, wo ihre Theorien und Arbeitsweisen diesen Kriterien genügen. Wird der durch die Kriterien gesetzte Rahmen jedoch verlassen – z.B. bei Anwendung der Theorien und Methoden auf Ursprungs- und Genesefragen –, dann gilt es aufzuzeigen, ab wann Hintergrundannahmen („weltanschaulicher Hintergrund“, „philosophische oder religiöse Vorannahmen“, etc.) für die Theoriebildung und Argumentation ins Spiel kommen. Wir weisen unsere Kritiker also darauf hin, wo sie Wissenschaft betreiben und wo nicht.

Die Frage, inwieweit „weltanschauliche Hintergrundannahmen“ die Theoriebildung bestimmen und bestimmen dürfen und inwieweit eine Ausdehnung des gängigen Wissenschaftsbegriffs auf die „Geschichtswissenschaft“ (Evolution/Schöpfung) gerechtfertigt ist, gilt es in Zukunft noch zu beantworten.

  1. Explizitheit: Die Begriffe der Erfahrungswissenschaften sollen explizit definiert sein, damit sie von unterschiedlichen Wissenschaftlern in gleicher Weise verstanden werden können. Explizitheit ist also eine zentrale Voraussetzung für eine einheitliche Benutzung desselben Begriffs.
  2. Transparenz: Wissenschaft soll ihre Denkvoraussetzungen und Methoden offenlegen und ihre Daten und Ergebnisse zugänglich machen.
  3. Empirische Verankerung: Von den Grundbegriffen in den empirischen Wissenschaften wird erwartet, daß sie sich direkt oder indirekt auf Beobachtungsdaten beziehen. Von „theoretischen Begriffen“ wird erwartet, daß sie sich indirekt auf Beobachtungsdaten beziehen, indem sie durch Zuordnungsregeln mit Beobachtungsdaten verknüpft sind. Diese Zuordnung des „theoretischen Begriffs“ mit Beobachtungsdaten wird Operationalisierung des „theoretischen Begriffs“ genannt.
  4. Widerspruchsfreiheit: Die aus einer wissenschaftlichen Theorie ableitbaren Aussagen dürfen sich nicht widersprechen.
  5. Prüfbarkeit: Von Theorien in empirischen Wissenschaften wird erwartet, daß sie empirisch überprüfbar sind. Es wird erwartet, daß Aussagen der Theorie über ihren Gegenstandsbereich sich empirisch bestätigen oder widerlegen lassen.
  6. Begründbarkeit: Wissenschaftliche Aussagen dürfen nicht bloße Behauptungen sein, sondern sollen sich auf experimentelle Beobachtungen stützen oder sich durch logisch einwandfreie Schlußfolgerungen ergeben.
  7. Intersubjektivität: Wissenschaftliches Wissen muß sich intersubjektiv mitteilen und nachprüfen lassen, wobei vorausgesetzt wird, daß wissenschaftliche Behauptungen klar und verständlich sind.
  8. Kohärenz: Die Aussagen einer Wissenschaft sollen ein einheitliches System bilden, die sich gegenseitig stützen und ergänzen.
  9. Vollständigkeit: Die Aussagen einer wissenschaftlichen Theorie sollen alle bekannten Phänomene des Gegenstandsbereichs der Theorie erklären.
  10. Sparsamkeit: Eine wissenschaftliche Theorie soll mit möglichst wenigen (Grund-)Begriffen auskommen.
  11. Produktivität: Eine wissenschaftliche Theorie soll – unter anderem – neue Fragestellungen aufwerfen und dadurch die Forschung voranbringen.
  12. Vereinbarkeit mit etablierten Wissensbeständen: Die Ergebnisse einer Disziplin sollen im Zusammenhang mit Ergebnissen anderer Disziplinen in Einklang stehen.