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Erkki Vesa Rope Kojonen: „The Compatibility of Evolution and Design“

Springer International Publishing


Nachfolgend eine Rezension von Reinhard Junker:

Kojonen, E. V. R. (2021) The Compatibility of Evolution and Design. Springer International Publishing.

shorter English version (without the section ‘The role of freedom and chance in the evolutionary process and the problem of theodicy’)

 

Mein besonderer Dank gilt Dr. Markus Widenmeyer für eine Reihe von Ergänzungen und Verbesserungen[1]

 

Glossar

 

Design-Indiz: spezifisches, definiertes Kennzeichen geistiger Verursachung. Vorliegen eines à organisierten Gegenstandes.

funktionale Komplexität: Eigenschaft eines aus mehreren spezifischen und aufeinander abgestimmten Teilen zusammengesetzten Gegenstands, der aufgrund dieser Art von Komplexität eine Funktion ausüben kann (z. B. eine Motorfunktion).

Kohärenz: Das sinnvolle In-Beziehung-Stehen von Aussagen. Aussagen stehen in einem inhaltlichen, rational nachvollziehbaren Zusammenhang.

Kontingenz: Dinge, die nicht notwendigerweise existieren, die also so oder auch anders sein können, z. B. Prozesse, die so oder auch anders ablaufen könnten.

Konvergenz: Ähnlichkeit im Bau oder in anderen Merkmalen von Lebewesen, die nicht auf gemeinsame Abstammung zurückgeführt werden können, sondern unabhängig entstanden sein müssen.

nichtreduzierbare Komplexität: Eine Konstruktion oder ein Stoffwechselweg ist nichtreduzierbar komplex, wenn zu seiner Funktion mehrere interagierende Teile erforderlich sind, so dass der Wegfall eines beliebigen Teils oder der Ausfall einer beliebigen Interaktionen von Teilen zum kompletten Ausfall der Grundfunktion der Konstruktion führt.

organisierter Gegenstand: Gegenstand, dessen Teile (oftmals hochgradig) speziell ausgeführt und in einer spezifischen Weise aufeinander abgestimmt sind, um Zweck-Mittel-Beziehungen bzw. Funktionsanforderungen zu genügen.

Teleologie: Eigentlich: Lehre von den Zielen und Zwecken. Häufig aber im Sinne von Zweckmäßigkeit/Zielorientierung verwendet. 

Theodizee-Frage: Wie kann das Übel in der Schöpfung verstanden werden, wo Gott doch gut und allmächtig ist?

 

 

Vorbemerkungen

 

Der finnische Theologe Rope Kojonen beschäftigt sich seit einigen Jahren mit dem biologischen Design-Argument. Seine Dissertation widmete sich dieser Thematik unter dem Titel „Intelligent Design: A theological and philosophical analysis“ (Kojonen 2014). Darin befasst er sich mit der Struktur des biologischen Design-Arguments, widmet sich aber auch dem kosmologischen Design-Argument (s. u.). Weitere Themen sind der „methodische Naturalismus“, Argumentation mit Erklärungslücken, das Verhältnis von „Intelligent Design“ (ID) zur theistischen Evolution, die Problematik des Übels in der Welt und dessen Bedeutung für den Design-Ansatz sowie weitere Themen.

 

Das kosmologische Design-Argument. Beim kosmologischen Design-Argument geht es um die Frage, woher Naturgesetze und Naturkonstanten und die daran erkennbare Feinabstimmung kommen. Diese Fragen kann man mit Naturwissenschaft prinzipiell nicht beantworten,[2] denn Naturwissenschaft setzt die Existenz von Gesetzmäßigkeiten voraus und hat das Ziel, diese zu entdecken und zu beschreiben. Die Antwort liegt vielmehr in der Domäne der Philosophie und / oder der Theologie. Verschiedene Gesichtspunkte der naturgesetzlichen Ordnung unserer Welt sind ein starker Hinweis auf einen Schöpfer. Zum Beispiel müssen neben einer maßgeschneiderten Architektur der Naturgesetze Naturkonstanten sehr genau eingestellt sein, damit Materie stabil sein kann und darauf aufbauend Leben überhaupt möglich ist,[3] wobei es extrem unwahrscheinlich ist, dass alle diese Faktoren zufällig extrem genau passend aufeinander abgestimmt sind (vgl. Widenmeyer 2019). Hier geht es also um den Ursprung der Gesetzmäßigkeiten, die den natürlichen Prozessen zugrunde liegen; und das ist nicht Gegenstand der Naturwissenschaft.

 

Das biologische Design-Argument. Anders ist die Situation beim biologischen Design-Argument. Dabei geht es um die Frage, ob bei der Entstehung der Lebewesen eine zusätzliche geistige (kreative) Verursachung angenommen werden muss, die über die Naturgesetze und ihre Feinabstimmung hinausgeht; sei es durch direkte Erschaffung oder durch eine wie auch immer geartete Steuerung eines evolutiven Werdegangs. Ob die Annahme eines zusätzlichen schöpferischen Inputs erforderlich ist, kann hier mithilfe der Naturwissenschaft grundsätzlich beurteilt werden, denn dabei geht es um die Funktionen der Konstruktionen der Lebewesen und um die Leistungsfähigkeit natürlicher evolutionärer Prozesse. Beides wird durch naturwissenschaftliche Forschung untersucht: Der erste Schritt ist, die funktionalen Konstruktionen in den Lebewesen zu entdecken, möglichst detailgetreu zu verstehen und darzustellen und ggf. Design-Indizien daran (s. u.) zu beschreiben. Der zweite Schritt besteht darin, der Frage nachzugehen, ob hypothetische natürliche Prozesse in der Lage sind, derartige Konstruktionen der Lebewesen hervorzubringen. Das biologische Design-Argument betrifft neben dem Bereich der Philosophie also auch und ganz zentral denjenigen der Naturwissenschaft. Hier gibt es einen deutlichen Unterschied zum zuvor genannten kosmologischen Design-Argument, da es keine natürlichen Prozesse geben kann, die Naturgesetze hervorbringen.[4] Für das Design-Argument in der Biologie sind kosmologische Design-Argumente dennoch wichtig, weil sie von der Biologie unabhängige Indizien für einen Schöpfer liefern. Denn es stärkt den Design-Ansatz auch in der Biologie, weil es die Hintergrundwahrscheinlichkeit für einen Schöpfer erhöht:[5] „The ID movement argues that the cosmic and biological arguments provide two mutually reinforcing lines of evidence“ (Kojonen 2014, 290).

Wie kann man das Design-Argument in der Biologie formulieren? Widenmeyer & Junker (2021) und andere Autoren beschreiben es als Schluss auf die beste Erklärung (ggf. Schluss auf die einzige Erklärung; s. u.).[6] Sie beziehen sich dabei auf den Unterschied zwischen geistiger und rein natürlicher Verursachung und arbeiten dies als „Kern des Design-Arguments“ heraus.[7] Ein geistbegabter Urheber hat zahlreiche Fähigkeiten, wie Vorstellungsvermögen, Zielorientierung, Planung usw., die rein natürlichen Prozessen nicht zukommen. Entsprechend haben Produkte geistiger Verursachung in aller Regel ganz andere Kennzeichen und Merkmale als Produkte natürlicher Prozesse. Diese sind im Bereich der Technik vor allem funktionale Komplexitäten; die konstruierten Gegenstände sind hochspezifisch gestaltet, um zweckmäßig zu sein, d. h. eine Funktion ausüben zu können, und häufig gibt es mehrere Zweck-Mittel-Ebenen. Wir können hier entsprechend von „organisierten Gegenständen“ sprechen (gr. organon, Werkzeug), wobei ein Nebenaspekt auch aufwändig ausgeführte ästhetische Merkmale sein können, die nicht (oder nicht nur) eine biologische Funktion bedienen, während die Funktion auch ohne ästhetische Merkmale (und ggf. leichter) realisierbar gewesen wäre. Im Folgenden soll es aber um funktionale Merkmale gehen. Entsprechend handelt es sich typischerweise um Gegenstände, deren Teile oftmals hochgradig speziell gebaut und in einer spezifischen Weise aufeinander abgestimmt sind, um solchen Zweck-Mittel-Beziehungen bzw. Funktionsanforderungen zu genügen (vgl. Widenmeyer & Junker 2021). Auf dem genannten Unterschied zwischen geistiger und rein natürlicher Verursachung und ihren jeweiligen Kennzeichen beruht das biologische[8] Design-Argument. Es lautet in allgemeiner Form:

 

Prämisse 1 (Design-Prinzip): Wenn ein organisierter Gegenstand vorliegt und nicht schlüssig gezeigt werden kann, wie dieser Gegenstand auf rein natürliche Weise (de novo) entsteht, ist der Gegenstand (sehr wahrscheinlich) geschaffen worden.

Prämisse 2: Ein organisierter Gegenstand liegt vor.

Prämisse 3: Es kann nicht schlüssig (mit realistischer Wahrscheinlichkeit) gezeigt werden, wie dieser Gegenstand auf rein natürliche Weise (de novo) entsteht.

Konklusion: Der Gegenstand ist (sehr wahrscheinlich) geschaffen worden.

 

Dieser Schluss auf Schöpfung ist ein Schluss auf die beste Erklärung. Treffen die drei Prämissen zu bzw. sind sie gerechtfertigt, ist dieser Schluss gerechtfertigt. Merkmale, die im Sinne des o. g. Design-Arguments auf ein Geschaffensein hinweisen (also Prämisse 2 erfüllen), werden als Design-Indizien bezeichnet. Solche Design-Indizien sind z. B. bei technischen Konstruktionen, menschlicher Sprache (bzw. Schrift) oder Kunstwerken anzutreffen, in besonderem Maße aber auch bei Lebewesen. Viele Kennzeichen der Lebewesen kommen in der nicht-belebten Welt (oder in menschlichen Artefakten) in dieser Form nicht oder bei weitem nicht so ausgeprägt vor: Funktionale Komplexität, spielerische Komplexität, Plastizität (individuelle Anpassungsfähigkeit eines Lebewesens), Baukastensystem[9], Redundanz, Robustheit, Fehlertoleranz, Modularität, Verwobenheit der Module bzw. Funktionseinheiten.

Das biologische Design-Argument beruht also darauf, dass zum einen spezifische, definierte Kennzeichen geistiger Verursachung (Design-Indizien) nachweisbar sind, und dass zum anderen natürliche Prozesse (nach allem, was wir wissen) diese Kennzeichen nicht hervorbringen.[10] Mit „natürlichen Prozessen“ sind Vorgänge gemeint, die alleine auf Gesetzmäßigkeiten, (statistisch qualifiziertem) Zufall[11] und plausiblen Randbedingungen beruhen.

 

Kojonens Ansatz: Design trotz Darwin

 

Design trotz natürlich verlaufender Evolution

 

Nach dem hier vorgestellten Design-Argument als Schluss auf die beste (oder ggf. einzige) Erklärung sind „Design“ (geistige Verursachung) und „natürliche Evolution“ (rein natürliche Verursachung) direkte Gegensätze: Entweder Design oder rein natürliche Verursachung (wobei das o. g. kosmologische Argument jedoch davon unberührt ist und „Design“ die Beteiligung natürlicher Prozesse nicht ausschließt, sondern nur eine rein natürliche Verursachung). Viele Wissenschaftler stimmen zu, dass hier ein grundlegender Widerspruch vorliegt. Das gilt für atheistisch orientierte Wissenschaftler genauso wie für Befürworter des Design-Ansatzes in der Biologie (ID).[12]

Nun hat Rope Kojonen ein Buch mit dem überraschenden Titel „The Compatibility of Evolution and Design“ herausgebracht. Es geht dabei nicht um die Frage, ob man eine rein natürlich verlaufende Evolution (also Evolution ohne göttliche Eingriffe und Lenkung) in ein theistisches oder gar dezidiert christliches Weltbild integrieren kann – das bejaht Kojonen[13] –, sondern konkreter, ob man eine (hypothetische) rein natürlich verlaufende Evolution mit einem spezifisch biologischen Design-Argument verbinden kann, das über das kosmologische Argument (s. o.) hinausgeht. Kojonen bejaht auch dies und sieht hier ein „Offenbarungspotenzial der biologischen Schöpfung“ (31).[14] Mit „natürlich verlaufender Evolution“ ist gemeint, dass der Darwin’sche Mechanismus[15], ggf. im Zusammenwirken mit weiteren natürlichen Faktoren,[16] alle biologischen Design-Kennzeichen der Lebewesen hervorbringen kann. Ein Eingriff in den Evolutionsprozess wird dabei nicht benötigt und im Rahmen seiner Argumentation ausgeschlossen.[17] Mit „Design“ meint der Autor eine zielorientierte Gestaltung (echte Teleologie), die anhand konkreter biologischer Indizien erkannt werden kann (biologisches Design-Argument).

Der Autor ist also der Auffassung, dass sich „Design“ und „natürliche Entstehung“ (also vollständig beschreibbar durch gesetzmäßig verlaufende evolutionäre Prozesse) nicht gegenseitig ausschließen. Er plädiert einerseits dafür, dass man biologisches Design an konkreten biologischen Indizien erkennen kann, setzt andererseits aber auch voraus, dass es einen natürlichen Evolutionsprozess gab, durch den diese Designs entstanden sind.[18] Das heißt: Man könne spezifisch biologisches Design auch dann erkennen, wenn natürliche Mechanismen Evolution vollständig erklären könnten. Dies steht im Widerspruch zum oben dargelegten Design-Argument (Widenmeyer & Junker 2021; Schluss auf die beste Erklärung). Kojonen will zwar nicht entscheiden, ob innovative Evolution wirklich durch natürliche biologische Mechanismen erfolgen kann oder nicht. Aber er setzt für seine Argumentation voraus, dass dies möglich ist (7, 26).[19] Er scheint diesbezüglich optimistisch zu sein und geht davon aus, dass die Kritik seitens der ID-Befürworter an der Leistungsfähigkeit der Evolutionsmechanismen „scheitert“ (98).[20] Kojonens Ansatz bedeutet somit, dass ein eingreifender Designer in der Biologie überflüssig ist (133); ein systematisches Fehlen von Erklärungen durch natürlich-evolutionäre Prozesse wird für seine Argumentation nicht benötigt. Unter dieser Voraussetzung untersucht er, ob das biologische Design-Argument dennoch zu halten ist und ggf. wie das geht (105).[21]

Damit wendet sich Kojonen einerseits gegen das Design-Argument, wie es von ID-Befürwortern vertreten wird (wie oben erläutert), andererseits wendet er sich auch gegen die These, eine rein natürlich verlaufende Evolution widerspreche jeglichen biologischen Design-Argumenten. Vielmehr sind die überaus starken Eindrücke von Design für Kojonen keine Illusion (versus Dawkins‘ Der blinde Uhrmacher). Das intuitive rationale Verständnis der Welt, dass Design real ist, werde durch eine genauere wissenschaftliche Untersuchung der biologischen Konstruktionen nicht widerlegt (43f.; vgl. 32f.).[22]

Kojonen plädiert für eine  „konjunktive Erklärung“[23]. So wie bei einem Giftmord die naturwissenschaftlich beschreibbare Wirkung des Giftes nur ein Teil der Erklärung ist, so könnte auch der natürliche Darwin’sche Mechanismus nur Teil einer zusammengesetzten Erklärung sein. So wie bei einem Giftmord das Gift zuerst verabreicht werden muss, damit es wirken kann, müssen bei der Evolution auch geeignete Randbedingungen gleichsam „verabreicht“ sein, damit sie ablaufen kann (s. u.). Kojonen vergleicht „konjunktive Erklärung“ auch mit der auf den berühmten Evolutionsbiologen Ernst Mayr zurückgehenden Kombination von proximater und ultimater Erklärung (proximat: wie funktioniert etwas? ultimat: wie kam es [evolutionär] dazu, dass es so funktioniert?). Die jeweiligen Erklärungen antworten auf verschiedene Fragen und eine der beiden Erklärungen ist fundamentaler als die andere, aber beide ergänzen sich, und kein Teil der Erklärung ist verzichtbar.[24] Angewandt auf das Design-Argument, wie Kojonen es vertritt, wäre – anders als bei Mayr – Evolution die unmittelbare (proximate) historische Erklärung, während das göttliche Design (das sich in den passenden Randbedingungen zeigt, s. u.) die ultimative Erklärung darstellt, die das Funktionieren der Evolution sicherstellt (149[25], 154). Die erforderlichen Randbedingungen können – so Kojonen – durch evolutionäre Mechanismen nicht erklärt werden, so dass eine zusammengesetzte (konjunktive) Erklärung notwendig ist: Mechanismus plus Randbedingungen.[26] Die Randbedingungen und das Ermöglichen von Evolution durch diese sind also durch konkretes göttliches Handeln entstanden. Was Kojonen unter Randbedingungen versteht, wird im Folgenden – so weit wie möglich – erläutert.

 

Wo steckt das beabsichtigte, zielorientiert gestaltete Design und wie wird es erkannt?

 

Kojonen stellt fest, dass die komplexe Teleologie der Lebensstrukturen offensichtlich und vor allem intuitiv sehr klar ist.[27] Für ihn steckt das (echte, zielorientiert bewirkte) Design jedoch nicht im Prozess des Hervorbringens (sei es direkte Schöpfung oder gelenkte Evolution), sondern in den Voraussetzungen bzw. Randbedingungen des Prozesses. Da er wie erwähnt davon ausgeht, dass ein natürlicher Vorgang diese Designs hervorbringt, muss es für ihn an diesen Randbedingungen liegen, dass dieser Prozess funktioniert und innovative Evolution (Makroevolution) ermöglicht. Kojonen meint mit den Randbedingungen hier aber nicht die naturgesetzlichen Randbedingungen, die das kosmologische Design-Argument begründen (s. o.). Denn dann würde sein Design-Argument nicht über das kosmologische Design-Argument hinausgehen. Vielmehr ist er der Auffassung, dass zusätzlich spezifische biologische bzw. eigentlich meta-biologische[28] Randbedingungen erfüllt sein müssen: spezifisch biologische Gesetzmäßigkeiten, die also nicht auf physikalische oder chemische Gesetzmäßigkeiten zurückführbar sind; er spricht auch von „Formgesetzen“ („laws of form“[29]) und „Konstruktionszwängen“ (constraints), die es ermöglichen, dass Evolution in Bahnen verläuft, die zu den Designs der Lebewesen führen. Nur dann sind evolutionäre Erklärungen möglich. Dieser Ansatz soll gleichsam zur „Rettung“ des biologischen Design-Arguments beitragen (109, 133).[30] Design trotz Darwin.

Die evolutionären Erklärungen für sich genommen liefern nach Kojonen also keine vollständige Erklärung dafür, warum es Organismen mit ihren zweckmäßigen Konstruktionen gibt. Die genannten Randbedingungen müssen dazu kommen, die von ihm als etwas angesehen werden, was Gott für diesen Zweck (der Ermöglichung von innovativer Evolution) erschaffen hat.[31] Von der Voraussetzung ausgehend, dass eine rein natürlich verlaufende Evolution die Lebewesen hervorgebracht hat, schließt Kojonen, dass die Bedingungen für die Evolvierbarkeit anspruchsvoll eingerichtet sein müssen und dass Evolution daher viel biologische Feinabstimmung in dem genannten Sinne erfordert (119).[32] Denn sonst könnten zum Beispiel nichtreduzierbar komplexe Konstruktionen auf natürlich-evolutivem Wege kaum entstehen. Das heißt: Dass Evolution nach Kojonens Auffassung überhaupt „funktioniert“, obwohl ihm das unwahrscheinlich erscheint (was vor allem für nichtreduzierbar komplexe Systeme gilt), zeige, dass es jene geeigneten, in irgendeiner Weise steuernden Rand- oder Vorbedingungen gegeben haben müsse.[33] Hier verortet Kojonen das spezifisch biologische Design. „Wenn diese Voraussetzungen das Ergebnis von Design sind, dann wäre es nicht mehr wahr, dass die Evolution ohne Design abläuft“ (104).[34] Diese Voraussetzungen ermöglichen eine Richtung[35] in der Evolution und das zeige sich umso mehr, je weiter das Verständnis von Evolution fortgeschritten ist. Evolution unterliege allgemeinen Prinzipien und sei mehr als eine Folge kontingenter[36] historischer Ereignisse.[37] Es zeigen sich neue „Schichten von Teleologie“, je mehr wir das Universum untersuchen (133); Kojonen spricht von „weitergefasster Teleologie“ („wider teleology“). Die Erklärung für biologische Teleologie wird mindestens teilweise in die Metaphysik verlegt (133); das Argument sei primär philosophisch, nicht wissenschaftlich; das gelte aber auch für die These der Inkompatibilität von Evolution und Design (6).

 

Kojonens Argumentation kann man wie folgt formalisieren:

 

1. Evolution im Sinne eines rein natürlichen Prozesses (ohne Eingriffe) ist die zutreffende Erklärung für die Existenz der Lebewesen.

2. Es gibt (echte und erkennbare) Teleologie in der Biologie (biologisches Design-Argument)

3. Evolution nur auf Basis von Naturgesetzen und physikalischen Randbedingungen ist unwahrscheinlich.

Schlussfolgerung 1: Es gibt eine tiefere Erklärung für Teleologie in der Biologie.

4. Randbedingungen wie z. B. biologische Formgesetze ermöglichen die tiefere Erklärung.

Schlussfolgerung 2: Die Randbedingungen existieren und erklären das biologische Design der Lebewesen.

 

 

Indizien, dafür dass es geeignete Randbedingungen gibt

 

Nach Kojonen ermöglichen also sorgfältig eingerichtete Randbedingungen der Evolution das Design der Lebewesen. Um welche Randbedingungen handelt es sich? Wie kann man das mutmaßliche Design der Randbedingungen selbst konkret erkennen? Wie sind diese Randbedingungen in Existenz gebracht worden? Wie genau erklären sie biologisches Design?

Voraussetzungen. Kojonen beschreibt als Voraussetzung: „Damit Evolution überhaupt möglich ist, müssen lebensfähige Formen im Raum der möglichen Formen nahe genug beieinander liegen und ein Netzwerk bilden, das durch eine evolutionäre Suche durchlaufen werden kann“ (132).[38] Die Distanz zwischen verschiedenen lebensfähigen Formen muss also durch evolutionäre Schritte überwunden werden können. Die sei möglich, weil der Evolutionsprozess gelenkt werde durch die Struktur des Raums der Formen sowie die Gesetze der Formgebung („laws of form“), die sich als Folge der Gesetze der Physik ergeben (132).[39] Hier muss bereits kritisch angemerkt werden, dass „Folge der Gesetze der Physik“ kosmologisches Design ist, während die Formgesetze in Kojonens Ansatz als spezifisch biologische Voraussetzungen darüber hinausgehen sollen.

Indizien. Kojonen weist auf Indizien aus mehreren Gebieten hin, die seiner Einschätzung zufolge die genannten Voraussetzungen erfüllen.

Genetische Algorithmen (105–115) und nichtreduzierbare Komplexität (115–119). Kojonen befasst sich mit Simulationen von Evolution durch geeignete Algorithmen. Solche Algorithmen führen nur zu einem brauchbaren Ergebnis, wenn bestimmte konkrete Bedingungen vorgegeben werden. Dabei kann aber auch ein gewisses Maß an Freiheit gegeben sein. Es kann also Kontingenz (Unableitbarkeit) und Gerichtetsein kombiniert sein. Er schließt aus den Produkten der (von ihm vorausgesetzten) Evolution, dass der biologische Evolutions-Algorithmus ebenfalls unter geeigneten, geplanten Randbedingungen abläuft und so Evolution durch natürliche Prozesse ermöglicht, einschließlich der Entstehung nichtreduzierbar komplexer Strukturen.

• Als zweites Gebiet, auf dem Kojonen Indizien für Planung durch geeignete Randbedingungen erkennt, behandelt Kojonen die Proteinevolution (119–123). Hier bezieht er sich auf Publikationen von Andreas Wagner, vor allem auf dessen Buch „Arrival of the fittest“ (Wagner 2014). Wagner konnte zeigen, dass eine immense Anzahl von Aminosäuresequenzen von Proteinen dieselbe oder mindestens eine ähnliche Funktion des Proteins ermöglichen. Diese unterschiedlichen Aminosäuresequenzen könnten kleinschrittig erreicht werden und trotz gleicher Funktion könnten sie schließlich so verschiedene Aminosäuresequenzen aufweisen, dass im Extremfall nur noch 10% der Aminosäuren identisch sind. Er verwendet hierfür das Bild einer „Bibliothek“ von Aminosäuresequenzen. Daran anknüpfend vertritt Wagner die These, dass Proteinevolution entlang dieser „Bibliothek“ verlaufe, womit eine Richtung ermöglicht werde. Hierin sieht Kojonen eine durch Design eingerichtete Randbedingung für Evolution.

Kojonen argumentiert hier, dass die Landschaft möglicher biologischer Formen einige ziemlich günstige Eigenschaften aufweise – darin zeige sich das Design. Diese Eigenschaften, die sehr präzise vorgegeben werden müssten, seien so wie die oben erwähnten genetischen Algorithmen Voraussetzung dafür, dass biologische Evolution ablaufen könne (122).[40]

• Ein weiteres Indiz für eine Gerichtetheit der Evolution durch geeignete, zielorientiert eingerichtete Randbedingungen sieht Kojonen in dem sehr häufigen Vorkommen von Konvergenzen (132). Als Konvergenzen werden Ähnlichkeiten im Bau oder in anderen Merkmalen der Lebewesen bezeichnet, die nicht auf gemeinsame Abstammung zurückgeführt werden können (vgl. Braun 2012). Wie aber kann die Häufigkeit von Konvergenzen erklärt werden? Nach Kojonen dadurch, dass geeignete Randbedingungen und Formgesetze bevorzugt bestimmte Richtungen des Evolutionsverlaufs ermöglichen. Für ihn scheinen Konvergenzen zu zeigen, dass es tatsächlich „Formgesetze“ gibt, die den Verlauf der Evolution beeinflussen oder sogar steuern.[41] Bei dieser Argumentation wird besonders deutlich, dass der Schluss auf die Existenz geeigneter Randbedingungen, in denen nach Kojonen das biologische Design steckt, davon abhängt, dass Makroevolution vorausgesetzt wird und diese rein naturgesetzmäßig verläuft.

Kojonen kritisiert in diesem Zusammenhang eine (m. E. treffende) Analogie von Daniel Dennett, wonach die Gesetze der Physik zwar die Erschaffung unzähliger menschlicher Artefakte ermöglichen, aber selbst keine Artefakte erschaffen; in der Biologie sei das nicht anders. Kojonen entgegnet: “However, Dennett’s analogy is not fully convincing, since evolution is much more restricted than human engineering. … evolution must create its products by stepwise tinkering where intermediate states must not hurt chances of survival. This difference grounds the necessity of the library of forms as a precondition of evolution” (130; Hervorhebung hinzugefügt). Kojonen meint also, die „Bibliothek der Formen“ müsse notwendigerweise angenommen werden. Das trifft aber erneut nur zu, wenn Evolution vorausgesetzt wird. Nur dann kann von dem Befund des ausgeprägten Designs der Lebewesen auf das Vorhandensein einer Richtungsgebung in der Evolution geschlossen werden, die dieses Design erklären soll.

Kojonen fasst seine Argumentation so zusammen: Die „Bibliothek der Formen“ scheint einen Großteil der „Erklärungsarbeit“ (S. 123) zu verlagern – weg von Mutation und Selektion hin auf die sie bedingende Umwelt. Zufällige Mutationen und natürliche Selektion interpretiert er als „Suchmaschine“, die den Raum möglicher Formen durchsucht. Der evolutionären Entwicklung liegen „Formgesetze“ zugrunde, und daher scheint die Rolle der natürlichen Selektion und Mutation bei der Erklärung biologischer Formen vergleichsweise „weniger umfassend“ zu sein (S. 123).[42] Kojonen diskutiert in diesem Zusammenhang die konträren Vorstellungen von Kontingenz (Nichtvorhersagbarkeit) und Vorhersagbarkeit von Evolution.[43] Es gebe für beide Vorstellungen Hinweise; es zeige sich sowohl Kontingenz als auch Gesetzmäßigkeiten beim Auftreten neuer biologischer Konstruktionen. Kojonens Ansatz beruht darauf, dass der evolutionäre Wandel auf Gesetzmäßigkeiten beruht, die dazu führen, dass Evolution zu „unwiderstehlichen Anziehungspunkten“ [44] (Conway Morris) bzw. zu „stabilen Knotenpunkten“[45] (M. Denton) führe.

 

Exkurs: Konvergenzen innerhalb von Grundtypen

Im Grundtyp-Modell getrennt erschaffener Grundtypen ist zu erwarten, dass bestimmte Konstruktionen mehrfach bei unterschiedlichen Grundtypen voneinander vorkommen, weil ein Schöpfer einzelne Gene, Genwirkketten, Organe etc. frei nach seinem Willen zuteilen kann.[46] Aber auch innerhalb von Grundtypen sind Konvergenzen zwischen verschiedenen Arten, die aus demselben Grundtyp hervorgegangen sind, durchaus zu erwarten, wenn von genetisch präexistenten Variationsprogrammen ausgegangen wird. Diese Variationsprogramme ermöglichen unabhängige Spezialisierungen (Mikroevolution) innerhalb eines erschaffenen Grundtyps. Dabei werden bereits vorhandene, zunächst noch latente Ausprägungsmöglichkeiten (z. B. verschiedene Genvarianten derselben Gene) abgerufen; es entsteht dabei nichts grundsätzlich Neues (Crompton 2019). Auf der Basis präexistenter Variationsprogramme sind mikroevolutive Veränderungen im Grundsatz auch in Abhängigkeit von Umweltbedingungen vorhersagbar. Ein Paradebeispiel sind Eidechsen der Gattung Anolis, die auf den karibischen Inseln vorkommen. Von diesen Eidechsen gibt es hunderte Arten, die alle zu einem Grundtyp gehören. Interessant ist folgender Sachverhalt: Man kann diese vielen Anolis-Arten in wenige sogenannte Ökomorphen einteilen. Ökomorphen sind verschiedene Ausprägungen der Eidechsen, die verschiedene Lebensräume bevorzugen: Manche halten sich hauptsächlich am Boden auf, andere auf Baumstämmen, wieder andere auf dickeren oder dünneren Ästen oder nochmals andere auf Blättern. Entsprechend unterscheiden sie sich in ihrem Körperbau: Sie sind unterschließlich groß und verschieden gefärbt; in Anpassung an die Astgrößen oder an den Untergrund, auf dem sie sich hauptsächlich fortbewegen, haben sie unterschiedliche Beinlängen und Zehenlappen. Es hat sich gezeigt, dass alle diese Ökomorphe auf den verschiedenen Karibik-Inseln vorkommen. Durch Erbgutvergleiche stellten die Forscher erstaunlicherweise fest, dass verschiedene Ökomorphe derselben Insel näher miteinander verwandt sind als die gleichen Ökomorphen auf verschiedenen Inseln. Das heißt: Auf den verschiedenen Inseln müssen sich die Ökomorphe immer wieder unabhängig voneinander in gleicher Weise aus einer Vorläuferform entwickelt haben. Diese Befunde können dadurch erklärt werden, dass die Anolis-Eidechsen eine präexistente, teilweise anfangs latente genetische Vielfalt aufweisen, die unter bestimmten Lebensbedingungen ziemlich schnell abgerufen werden kann. Dies kann unter ähnlichen Bedingungen wiederholt geschehen.

Auf dieser Ebene würde ich McGhee (2011) zustimmen: „[T]he view that evolution is entirely historically contingent, and thus unpredictable (and nonrepeating), is demonstrably false“ (zitiert S. 126). Hier kann man mit guten, d. h. experimentell nachvollziehbaren, Gründen von einem “biological possibility space“ oder von „morphospace“ sprechen. Allerdings bringt diese Art der Evolution nur solche (wesentlichen) Neuheiten hervor, die als Programm von vornherein bereits angelegt waren.

 

Kritik

 

Kojonen möchte das biologische Design-Argument retten (er verwendet oft den Begriff „salvaging“), indem er das Design (also das göttliche Planen und Erschaffen) nicht im Entstehungsprozess der Lebewesen bzw. ihrer Konstruktionen verortet (sei es durch direkte Schöpfung oder durch Lenkung der Evolutionsmechanismen), sondern in (von ihm so verstandenen) Randbedingungen eines natürlich verlaufenden (evolutionären) Entstehungsprozesses. Damit beansprucht er, den Schluss von beobachtetem Design, das nach seiner Einschätzung auch intuitiv besonders deutlich zutage tritt, auf tatsächliche Planung zu retten. Die organisiert gestalteten, zweckvollen Merkmale der Lebewesen können somit auch dann als Design-Indizien interpretiert werden, wenn sie durch einen natürlich-evolutionären Prozess zustande gekommen sind.

1. Was leisten die bekannten Evolutionsfaktoren?

Kojonens Konzepte sind, falls sie überhaupt begrifflich klar sind, nur dann relevant, wenn die bekannten Evolutionsfaktoren tatsächlich die ausgefeilten Designs der Lebewesen hervorbringen. Was aber leisten die bekannten Evolutionsmechanismen gemäß empirischen Befunden? Eine Reihe von Evolutionsbiologen ist der Auffassung, dass die Mechanismen einer innovativen Evolution nicht aufgeklärt sind (vgl. einschlägige Zitate, die bei Junker [2014; 2016] zusammengestellt sind) und eine naturwissenschaftliche Evolutionstheorie der Entstehung evolutiver Neuheiten nicht vorliege. Dass das der Fall ist, wird in Junker & Widenmeyer (2021) unter Bezugnahme auf die biophilosophische Diskussion zu dieser Frage detailliert begründet. Das Design-Argument nach Widenmeyer & Junker (2021) und dessen Kern (s. o.) ist daher durch die empirische Forschung nicht in Frage gestellt.

Kojonen behauptet dagegen, dass bei vielen komplexen Organen sich bereits ein Prozess der allmählichen Evolution nachweisen lasse (106).[47] Im Zusammenhang geht es insbesondere um nichtreduzierbar komplexe Organe. Kojonen scheint zuzustimmen, dass es nichtreduzierbar komplexe Strukturen bei Lebewesen tatsächlich gibt, hält aber einen natürlich-evolutiven Weg dahin für gangbar. Es wäre interessant zu erfahren, an welche Beispiele er dabei denkt und wie er diese Auffassung begründet. Eine ausführliche Analyse von Erklärungsversuchen für das Zustandekommen von nichtreduzierbarer Komplexität liefert Junker (2008a).

Kojonen verweist auf die Erweiterte Evolutionäre Synthese (EES) als eine wesentliche Erweiterung und Änderung von Evolutionstheorien (99, 210). Die darin aufgenommenen Faktoren wie Epigenetik, Evo-Devo (Evolution durch Änderungen von individueller Entwicklung), Plastizität und Nischenbildung weisen jedoch keine innovative Kraft auf, sondern „leben“ von bereits vorhandenen Mechanismen, die ihrerseits erklärungsbedürftig sind (vgl. Junker & Widenmeyer 2021; zu Evo-Devo siehe Junker 2008b; Behe 2019, 118).

Trotz dieser Kritik kann man zugunsten des Ansatzes von Kojonen der Frage nachgehen: Was wäre, wenn es doch gelänge, einen natürlichen Evolutionsmechanismus zu beschreiben, der ohne Planung, Interventionen und Lenkung die Konstruktionen der Lebewesen hervorbringen könnte, wie das seit Darwin behauptet wird? Gelingt die „Rettung“ des biologischen Design-Arguments auf die von Kojonen beschrieben Weise? Zur Beantwortung dieser Frage müssen wir gemäß Kojonens Ansatz das Design der Randbedingungen betrachten.

 

2. Was sind die Randbedingungen und was könnten sie leisten?

Kojonen zitiert zustimmend de Duve, wonach der evolutionäre Zufall und die natürliche Auslese in einem Universum wirken, das „von Gesetzen regiert wird und aus Materie besteht, die mit bestimmten Eigenschaften ausgestattet ist“. „Diese Gesetze und Eigenschaften sind die Zwänge, die das evolutionäre Roulette formen und die Anzahlen begrenzen, die es hervorbringen kann“ (98).[48] Aber auf welche Weise sollen die Beschaffenheit der Materie, irgendwelche Gesetzmäßigkeiten und Zwänge (constraints) evolutionär innovativ wirken? Wie soll hier eine unterstellte Lenkung realer Prozesse hin zu den bekannten, hochgradig komplexen Konstruktionen der Lebewesen erfolgen? Das ist vollkommen unklar. Auch der Hinweis, dass Umweltbedingungen die Selektion kanalisieren[49], hilft nicht weiter, denn zum einen folgt der Wechsel der Umweltbedingungen keiner Zielrichtung und zum anderen erzeugt eine Kanalisierung durch die Umwelt nichts Neues, sondern wirkt nur begrenzend.[50]

Dass die materiellen Eigenschaften (Formgesetze) und Gesetzmäßigkeiten und auch die Umweltbedingungen begrenzend wirken und so gleichsam den Zufall (Mutationen) eindämmen, ist also nachvollziehbar, nicht aber, wie sie konstruktiv sein können bzw. formend wirken. Um es durch ein Beispiel aus der Technik zu verdeutlichen: Wer eine Waschmaschine baut, muss natürlich Rücksicht z. B. auf die Eigenschaften des Wassers nehmen, aber diese haben keinerlei Einfluss darauf, ob und wie eine Waschmaschine entsteht. Wie also können zufällige Umweltbedingungen und die davon abhängige Selektion Ergebnis von Design sein?

Kojonen vergleicht den Verlauf der Evolution mit menschlichem Konstruieren, bei dem einzelne Elemente z. B. eines von Menschen entworfenen Gebäudes als zufällig erklärt werden könnten. Erst wenn wir das Gebäude als Ganzes betrachten, wird die Notwendigkeit der Gestaltung deutlich (103).[51] Hält man sich die Evolutionsmechanismen vor Augen, erscheint dieser Vergleich m. E. irreführend. Es ist beim menschlichen Konstruieren typischerweise nicht der Fall, dass das Vorhandensein und wesentliche Merkmale der Elemente, die wirklich für die Gestaltung einer Konstruktion notwendig sind, dem Zufall überlassen werden. Selbst wenn bei Konstruktionen zufällige Elemente vorkommen können, handelt es sich zum einen nur um periphere Aspekte, zum anderen in aller Regel um das Ergebnis (und sei es als Nebenprodukt) bestimmter Absichten der Architekten oder Handwerker. Schöpfung bedeutet im Wesentlichen gezieltes Erzeugen unter Beiseitesetzen des Zufalls. Man kann zwar einen statistisch qualifizierten Zufall kreativ nutzen, aber das sind Spezialfälle, die im Rahmen konkreter Handlungen des Planens und Hervorbringens stattfinden und daher für Kojonen als Analogiebeispiel nicht geeignet sind.

Der Vergleich von Evolution mit dem scheinbar von vielen Zufällen abhängigen Wirtschaftsleben, das von einer „unsichtbaren Hand“ geleitet werde (104), erscheint genauso untauglich. Die „unsichtbare Hand des Marktes“ mittelt den Marktwert und das Angebot von Gütern aus, aber ist in keiner Weise ein Ersatz für Konstrukteure und Arbeiter, die Produkte entwickeln und erzeugen. Darüber hinaus beruht die Ökonomie zentral auf geistbegabten, zielorientiert handelnden Akteuren, die Nachfrage erzeugen oder Ziele wie Gewinnmaximierung verfolgen und (mehr oder weniger rational) permanent Ziel-Mittel-Entscheidungen treffen.[52]

 

Genetische Algorithmen. Kojonen erwähnt Simulationen mit Programmen wie Avida, durch die eine Evolution „digitaler Organismen“ simuliert wird. Dabei müssen die Randbedingungen sorgfältig gewählt werden (worauf Kojonen selbst hinweist), und zwar in einer Weise, wie sie bei evolutionären Prozessen nicht angenommen werden können (Bertsch & Waldminghaus 2005, Vedder 2015). Allgemein kann man sagen: Bei Simulationen von Evolution muss ein großer, wenn nicht wesentlicher Teil der Information, die in der anvisierten Konstruktion steckt, in den Algorithmus „eingebaut“ werden, um das gewünschte Ziel überhaupt erreichen zu können. Kojonen bringt es auf den Punkt: „Instead of being an example of how information can arise without a designer, the algorithm does not generate any new specified pattern that was not already built into the program at the start“ (111). Das schreibt er in Bezug auf ein bekanntes Beispiel von Richard Dawkins: Der Satz „METHINKS IT IS LIKE A WEASEL“ aus Shakespeares Hamlet kann – ausgehend von einer Zufallssequenz – durch Simulation von Mutation und Selektion nur erreicht werden, wenn die Zielsequenz vorgegeben wird. Sonst „wüsste“ der Algorithmus überhaupt nicht, wie Mutationen (hier: einzelne Änderungen in der Buchstabenabfolge) bewertet werden sollen.

Der Vergleich von Simulationen durch programmierte Algorithmen mit den Prozessen und Randbedingungen der Evolution der Lebewesen offenbart fundamentale Unterschiede. Es ist für mich daher nicht erkennbar, wie eine vergleichbare Programmierung in den Mechanismen und Randbedingungen evolutionärer Prozesse verborgen sein kann.[53] Auch Behe (2019, 106ff) zeigt, dass nicht nachgewiesen wurde, dass solche Simulationen ausreichend Ähnlichkeiten mit mutmaßlichen innovativen Evolutionsprozessen aufweisen.

Letztlich ist die entscheidende Frage, ob eine schrittweise Abfolge zu neuen komplex-funktionalen Strukturen möglich ist und demonstriert werden kann. Können funktionale Formen, die unterschiedliche Funktionen ausüben, nahe genug beieinander liegen, so dass sie für eine schrittweise evolutionäre Suche zugänglich sind, wie das bei den Simulationen genetischer Algorithmen der Fall ist? (113) Meines Erachtens kann davon nicht die Rede sein. Kojonen zitiert dazu Häggström, der behauptet, dass es ginge: „Against Dembski, he argues that we cannot just assume that the biological search space is not arranged in a way that in fact allows for evolution, but would have to demonstrate it“ (113). Doch eine Beweisführung wird nicht geliefert. Häggström schiebt lediglich die Beweislast eines Unmöglichkeitsbeweises Demski zu. Aber Dembski muss m. E. nicht beweisen, dass es nicht geht, sondern Häggström muss beweisen, dass es geht.[54]

Kojonens Schluss lautet: „Thus, in these simulations, the possibility of evolution depends on design, demonstrating that there is no necessary contradiction. One can further argue that due to the strong dependency of the algorithm on design, the products of the simulated evolutionary process are revelatory of the intelligence of the programmer“ (113; Hervorhebung hinzugefügt). „This would contribute to the case that, at least to some extent, evolution pushes back the problem of the origin of biological teleology to the conditions that make evolution possible (114). Um seinen Ansatz erfolgreich anzuwenden, müsste er aber u.a. zeigen, dass diese „Design-Abhängigkeit“ auf das Zusammenspiel von Mutation und Selektion zusammen mit den von ihm so verstandenen Randbedingungen erfolgreich angewendet werden kann. Das erscheint mir aus den genannten Gründen bislang nicht gezeigt worden zu sein.

Dass die Algorithmen, mit denen Evolution im technischen Bereich simuliert wird, nicht geeignet sind, innovative Evolution zu erklären, kann noch konkreter verdeutlicht werden: Solche Algorithmen starten mit einer in den Algorithmus eingebauten Zielvorgabe und / oder bereits mit einer funktionalen Struktur, die durch Versuch und Irrtum optimiert wird. Optimierung kann tatsächlich simuliert werden und hier kann der Darwin’sche Mechanismus erfolgreich zum Einsatz kommen. Aber kein Algorithmus kann sich selber ein Ziel vorgeben. Das Ziel befindet sich zuerst im Geist des Programmierers.

 

Nichtreduzierbare Komplexität. Kojonen schließt aus dem Design der Lebewesen, dass die Evolution sehr anspruchsvolle Voraussetzungen habe (98)[55] und dass die evolutive Entstehung nichtreduzierbarer Komplexität viel Feinabstimmung benötige (119). In Bezug auf das Paradebeispiel, das bakterielle Flagellum (bzw. den bakteriellen Miniatur-Außenbordmotor), schreibt er, es müsse eine kontinuierliche Reihe funktioneller Formen geben, die von keiner Geißel zu einer Geißel führt, so dass keine Veränderung zu groß ist, um durch die natürliche Auslese bewältigt werden zu können. Die Entwicklung solch komplexer Systeme sei zwar schwierig und ein Evolutionsweg habe strenge Bedingungen. Aber trotzdem lasse die Natur dies zu (118).[56]

Um welche Voraussetzung es sich handelt und was genau fein abgestimmt sein muss, bleibt jedoch vage. Im Grunde genommen wird erneut vom Ergebnis her („es gibt nichtreduzierbare Komplexität“) und von der Voraussetzung („es gibt eine natürliche Evolution“) geschlossen, dass das Design, wie Kojonen dann meint, in den von ihm vorgesehenen Randbedingungen stecken müsse. Aber welche von diesen Voraussetzungen unabhängigen Hinweise gibt es, dass diese Randbedingungen tatsächlich dergestalt existieren und dass sie die hypothetische und – nach dem, was wir heute wissen, und auch nach Auffassung von Kojonen – eigentlich sehr unwahrscheinliche Evolution ermöglichen? Was genau rettet das biologische Design-Argument? Wo genau steckt das Design, das es ermöglicht, dass die Evolutionsmechanismen zu überaus zweckmäßigen, funktional-komplexen Strukturen führen? Woran kann man dieses Design erkennen, wenn es z. B. in den Mechanismen stecken sollte[57]? Hier gibt es ein empirisches Problem, weil nicht klar ist, wie dieses Design den Weg in die biologischen Konstruktionen findet. Schließlich muss in jedem Fall gezeigt werden, dass es einen kontinuierlichen evolutiven Weg zu nichtreduzierbarer Komplexität überhaupt gibt. Bei nichtreduzierbar komplexen Konstruktionen wird angenommen, dass bereits vorhandene Teile wiederverwendet werden (Kooption). Tatsächlich erfüllen z. B. beim Bakterienmotor die einzelnen Protein-Bestandteile noch andere Funktionen. Das Vorhandensein ähnlicher Teile in anderen Systemen und ihre Zusatzverwendung in einem neuen System wird als Beleg für die Evolvierbarkeit gewertet (118).

Doch die Übernahme eines Proteins in einen völlig neuen Funktionszusammenhang ist eine anspruchsvolle Angelegenheit. Was ist hier empirisch nachgewiesen? Die Mehrfachverwendung von Bauelementen (z. B. Proteinen) kommt so häufig vor, dass das wohl der Normalfall ist. Aber wie kam es zu dieser Mehrfachverwendung? Mehrfachverwendung stellt an sich ein sehr starkes Design-Indiz dar, weil es nach aller unserer Erfahrung ein enormes Maß an Planung und Abstimmung erfordert, Teile so zu konstruieren, dass sie in unterschiedlichen Zusammenhängen verwendet werden können. Es ist kein gültiger Schluss, aus der Tatsache der Mehrfachverwendung auf Evolvierbarkeit zu schließen, da für diesen Schluss Evolution vorausgesetzt werden muss. Hier ist zu klären, welche experimentellen Belege für tatsächlich stattgefundene Kooptionen vorliegen und was diese beweisen.

 

Bezüglich der Proteinevolution stützt sich Kojonen vor allem auf die Vorstellungen von Andreas Wagner – wie oben beschrieben. Demnach sind verschiedene Proteine in einem gigantischen „Genotypennetzwerk“ funktioneller Formen eng miteinander verbunden; dieses Netzwerk könne die Evolution durchqueren (121).[58] Wagners Konzept ist aber sehr theoretischer Art, mit wenig Bezug zur Chemie wirklicher Proteine, und lässt entsprechend die entscheidende Frage offen: Ist es möglich, von irgendeinem der über 1000 bekannten Proteinfolds (Grundfaltungsstrukturen) zu irgendeinem anderen zu kommen? (vgl. z. B. Reeves et al. 2014; Kozulic & Leisola 2015) Und erst recht: Woher kommen ganze genetische Netzwerke? Was beweist die Tatsache, dass sehr viele Änderungen in den Aminosäuresequenzen möglich sind, ohne dass sich die Grundfunktion des betreffenden Proteins ändert? Jedenfalls beweist es nicht, dass auf diesem Wege eine andere Grundfunktion erreichbar ist. Aber das genau das wäre zu erklären. Um das Bild der Fitnesslandschaft aufzugreifen, das auch Kojonen benutzt: Was nützt eine enorm große „Bibliothek“ funktionell ähnlicher Proteine (Wagner 2014), wenn diese letztlich nur große Inseln in der Fitnesslandschaft sind, die so weit von anderen derartigen Inseln entfernt sind, dass die Kluft dazwischen mit den bekannten Evolutionsprozessen nicht überwunden werden kann?[59]

Kojonen ist optimistisch, dass die Bibliothek nahtlos verbundener Proteine sogar die Evolution molekularer Maschinen wie den Bakterienmotor ermöglicht: „This then would allow for the seamless transition from no flagellum to a flagellum over time, through small successive steps“ (122). Neben der eben besprochenen Schwierigkeit hinsichtlich neuer Proteinfolds kommt hier erschwerend hinzu, dass molekulare Maschinen noch weitaus komplexer als einzelne Proteine sind. Wagners Ansatz der Proteinevolution greift hier auch deshalb nicht, weil molekulare Maschinen Komplexe vieler aufeinander abgestimmter Proteine sind. Evolutionär geht es hier um die Frage, wie die Komponenten zusammengefügt und passend aufeinander abgestimmt werden können – eine Frage, auf die Wagners Ansatz prinzipiell keine Antwort liefern kann.

 

Kojonen greift auch auf den Befund der Häufigkeit von Konvergenzen zurück, um ein Gerichtetsein evolutionärer Prozesse zu begründen. Er argumentiert, dass Formgesetze („laws of form“) ermöglichen, dass Evolution immer wieder unabhängig zu ähnlichen Konstruktionen führe (= Konvergenz).

Es wurde bereits angemerkt, dass auch hier mit der unbewiesenen Voraussetzung argumentiert wird, dass innovative Evolution durch natürliche Prozesse funktioniert. Ob das Konvergenz-Argument valide ist, ist schon aus diesem Grunde fraglich. Erschwerend kommt hinzu, dass die bekannten Evolutionsmechanismen das Auftreten von Konvergenzen unwahrscheinlich machen. Daher versucht man bekanntlich, Ähnlichkeiten durch Abstammung von gemeinsamen Vorfahren – also nicht-konvergent – zu erklären. Je häufiger Konvergenzen angenommen werden müssen, desto schwächer wird das evolutionstheoretische Ähnlichkeitsargument. Denn im Falle von Konvergenzen sprechen Ähnlichkeiten gerade nicht für gemeinsame Abstammung. Vor nicht allzu langer Zeit wurden Konvergenzen noch als Problemfälle für Evolution angesehen, und nicht umsonst werden bei der Konstruktion von Cladogrammen (Ähnlichkeitsbäumen) diejenigen Versionen bevorzugt, die mit möglichst wenigen Konvergenzen auskommen.

Kojonen würde hier wohl entgegnen: Gerade weil Konvergenzen unwahrscheinlich sind und dennoch häufig auftreten und weil die evolutionären Mechanismen selber keine Lenkung und Zielorientierung beinhalten, muss eine Lenkung in den Randbedingungen verborgen sein. Hier wird erneut das zu Beweisende als gegeben vorausgesetzt. Wie erwähnt, ist völlig unklar, was die lenkenden Faktoren sein sollen, und der Hinweis auf Formgesetze („laws of form“) bietet keine Antwort.[60] Was auch immer Formgesetze im Sinne Kojonens darstellen, sie dürften an sich keinerlei kausale Wirkung haben. Auch wenn man annimmt, dass es Formgesetze gibt, liefert dies keinerlei Antwort auf die Frage, wie die betreffenden konkreten Formen (hier die Konstruktionen der Lebewesen) in Raum und Zeit entstehen. Dasselbe gilt für Konstruktionszwänge („constrains“[61]). Es bleibt dabei: Wo das Design steckt und wie es auf dem Wege ungerichteter Evolutionsmechanismen die Konstruktionen der Lebewesen hervorbringt, bleibt unklar. Kojonen zitiert Michael Dentons Auffassung, Evolution durchforste den Raum möglicher Formen und entdecke dabei biologische Formen, anstatt diese Formen aus dem Nichts zu schaffen. Doch vor dem geschilderten Hintergrund erscheint mir das eine pure Spekulation zu sein, die hier zudem anthropomorph aufgeladen wird.[62]

 

Zwischenfazit: Unabhängige Belege für die Existenz der für erfolgreiche Evolution benötigten Randbedingungen existieren (bisher) nicht. Ihre Existenz wird indirekt erschlossen 1. unter der Annahme, dass Evolution auf rein natürlichem Wege funktioniert, und 2. aufgrund starker Argumente dafür, dass es biologische Design-Indizien gibt. Es ist also nicht gezeigt, dass es diese Randbedingungen tatsächlich gibt. Und selbst wenn es sie geben sollte (oder man sie als gegeben voraussetzt), ist nicht gezeigt, dass sie eine kausale Wirkung haben bzw. Faktoren darstellen, die an der Hervorbringung der Konstruktionen der Lebewesen wesentlich beteiligt sind.

 

Eine generelle Schwierigkeit: Worin besteht das Design in Kojonens Konzept?

Eine grundlegende Schwierigkeit von Kojonens Design-Konzept ist, dass nicht klar wird, worin das Design hier wirklich besteht. Kojonen spricht von „Formgesetzen“ als hier zentralen Entitäten. Diese Formgesetze müssten wohl etwas sein, das Gott spezifisch geschaffen hat, um dem Design-Gedanken noch Rechnung tragen zu können. Da Kojonen unter biologischem Design etwas Zusätzliches zum kosmologischen Design versteht (weil es ihm nicht um das kosmologische Design geht), müssen diese Formgesetze auch etwas sein, das zu den Naturgesetzen hinzukommt und speziell die Lebewesen betrifft, nicht aber die unbelebte Natur.
Es müsste also eine Welt denkbar sein, die exakt dieselben Naturgesetze wie unsere Welt hat und auch im Hinblick auf die physikalischen Randbedingungen des Universums identisch ist, aber nicht diese Formgesetze beinhaltet, so dass folglich Evolution in ihr nicht möglich wäre. Denn diese Formgesetze sind bei Kojonen ein Faktor, der Evolution des uns bekannten Lebens möglich macht.

Aber genau das ist nicht zu sehen – oder zumindest nicht so, wie es in Kojonens Konzept passen würde. Was ist oder wäre der ontologische Status dieser Formgesetze? Sind es platonische Entitäten? Das würde eine ganze Reihe eigener Schwierigkeiten mit sich bringen.[63] Sind es Dispositionen in den Dingen selbst, z. B. in bestimmten Molekülen? Auch dieser Ansatz wäre für Kojonen nicht zielführend.[64]

Sind die Formen also einfach nur die bekannten, sehr speziellen Arrangements der Materie in Raum und Zeit, so gestaltet, dass sie die konkreten funktionalen Merkmale haben, die sie haben? „Formgesetze“ wären dann am ehesten Abstraktionsleistungen unsererseits. Sie wären nichts über die „normalen“ Naturgesetze hinaus. Ohne Rückgriff auf traditionelle Design-Ansätze würde Kojonens Konzept auf einen üblichen (Neo-)Darwinismus hinauslaufen. Die Formen könnten im Kontrast dazu aber auch wesentlich Konzepte im Geiste Gottes sein bzw. solchen Konzepten entsprechen, während Gott gemäß dieser Konzepte handelt, um die genannten speziellen Arrangements hervorzubringen. Dann läuft Kojonens Ansatz auf einen normalen biologischen Design-Ansatz hinaus.

Wie es scheint, muss Kojonen sich also entscheiden: Für einen konsequenten (nicht-interventionistischen) (Neo-)Darwinismus ohne Design oder aber für einen klassischen Design-Ansatz. Eine dritte Möglichkeit wäre zu sagen, die „Formgesetze“ seien (in einer bislang nicht explizierbaren Weise) integrale Bestandteile der physikalischen Naturgesetze. Dann würde es sich aber um ein kosmologisches Design-Argument handeln.

Wenn das so ist, dann ist Kojonens Hauptanliegen gescheitert: Ein spezifisch biologisches Design nachzuweisen, das ohne konkrete Eingriffe Gottes ins konkrete Weltgeschehen biologische Konstruktionen hervorbringen kann.

 

Die Rolle von Freiheit und Zufall im Evolutionsprozess und das Theodizee-Problem

 

In Kapitel 5 diskutiert Kojonen die Rolle von „Freiheit“ und Zufall im Evolutionsprozess. Dieses Thema ist wichtig für die daran anschließende Frage nach dem Übel in der Welt aus evolutionärer Perspektive. Welchen Anteil haben Kontingenz (Freiheit, Zufall, Unvorhersagbarkeit) und Gerichtetsein (Gesetzmäßigkeit) in der Evolution? Kojonen braucht für seinen Ansatz beides. Wäre Evolution ausschließlich kontingent und (in Bezug auf Innovationen) völlig unvorhersehbar, dann könnte Kojonen kaum argumentieren, dass es ein tieferliegendes Design (in den Randbedingungen) gibt, das zu Konvergenzen führe oder das dafür sorge, dass funktionale Proteine in einem evolutionären Suchprozess „entdeckt“ würden (s. o.). Andererseits braucht er für die angestrebte Entschärfung des Theodizee-Problems in evolutionärer Sicht, wie es scheint, ein gewisses Maß an Freiheit für den Evolutionsprozess, um diesem gleichsam das Übel in der Schöpfung zuzuschreiben (s. u.).

Kojonen sieht Freiheitspotenzial für Evolution bei indirektem Design – gemeint ist Design unter Zuhilfenahme eines Mechanismus, der auch Zufallselemente enthält. „Die Produkte der Evolution könnten in hohem Maße Ausdruck der göttlichen Intelligenz sein, die für die Evolution verantwortlich ist, selbst wenn die Einzelheiten der Evolution dem Zufall überlassen sind“ (170; Hervorhebung hinzugefügt).[65] Diese Sichtweise versucht Kojonen mit Vergleichen aus Technik und Musik zu veranschaulichen, etwa mit einer automatisierten Produktion eines technischen Geräts. Ähnliche Vergleiche wurden oben bereits besprochen und als untauglich zurückgewiesen. Auch dieser Vergleich (sowie die weiteren) ist kaum auf Evolution anwendbar. Denn bei einer automatisierten Produktion wird der Zufall so gut wie ausgeschlossen – wenn der Hersteller das nicht tut, sind in der Regel Schäden zu erwarten, wofür er haftbar gemacht würde (Produkthaftung). Und während Kojonen in seinem Ansatz das Design in die Randbedingungen verlegt, ist das bei einem automatisierten Prozess gerade nicht der Fall, weil jeder Schritt genau geplant sein muss und das Produktionsergebnis aus den allgemeinen Randbedingungen nicht erklärbar ist.

Als weiteren Vergleich bringt er ein Programm, das Fugen „komponiert“, wobei manches dem Zufall überlassen bleibt. Aber auch hier liegt das Design nicht in irgendwelchen Randbedingungen, sondern im Programm selbst. Und auch hier ist klar: „Die Entwicklung eines Programms, das Fugen schreibt, ist schwieriger und erfordert eine viel tiefere Nutzung der Prinzipien der Musik als das direkte Schreiben einer Fuge“ (170, nach Wahlberg).[66] Beispiele dieser Art sind also kaum mit den bekannten Evolutionsmechanismen vergleichbar. Das gilt auch für einen Hausbau, bei dem der Bauherr einzelne Dinge den Handwerkern überlässt[67], denn diese arbeiten zielorientiert und nach ihrem eigenen Plan. Die Evolutionsmechanismen werden in diesem Vergleich mit Handwerkern verglichen, denen gewisse Freiheiten gelassen werden. Diese Analogien zeigen nach Kojonen eine grundsätzliche „Kompatibilität von Design mit kontingenten Prozessen“ (171). Doch tatsächlich sind sie nicht auf „Evolutionsmechanismen plus Randbedingungen“ im Sinne von Kojonens Ansatz anwendbar. Denn in diesen Analogien ist die Entsprechung zu den Evolutionsmechanismen kein natürlicher Prozess, wie das in Kojonens Ansatz der Fall ist.

Kojonen sieht das Problem und versucht es dadurch zu lösen, dass er in einem Gedankenexperiment die geistbegabten und planvoll handelnden Handwerker durch Roboter ersetzt (171). Doch auch dann entspricht die Szenerie nicht dem Ansatz Kojonens. Denn die Roboter machen minutiös und zielgerichtet das, wozu sie programmiert sind. Das entspricht ebenfalls nicht dem Darwin’schen Mechanismus.[68]

 

Das Theodizee-Problem. Die Diskussion um Kontingenz und Gesetzmäßigkeit in der Evolution hat Bedeutung für die Theodizee-Frage im Rahmen von Evolution: Wie kann das Übel in der Schöpfung verstanden werden, wo Gott doch gut und allmächtig ist? Hierzu werden konträre Auffassungen vertreten: Manche meinen, Evolution entschärfe das Theodizee-Problem, eben weil Gott Freiheit in der Evolution gelassen habe, was eben auch eine Freiheit zur Entstehung von Übeln beinhalte. Gott sei in einem Evolutionskosmos weniger für die Existenz des Übels verantwortlich, als wenn er direkt geschaffen hätte. Denn dann hätte er auch direkt alle destruktiven Eigenschaften der Lebewesen geschaffen.

Dem halten andere entgegen, dass wenn Gott die Verantwortung für den Evolutionsprozess hat, das Theodizee-Problem keinesfalls kleiner wird, weil Gott absichtsvoll und ohne Notwendigkeit eine Schöpfungsweise verwendet hat, die Übel hervorbringt. Das Problem wird sogar eher noch größer, weil Evolution mit zusätzlichen Übeln einhergeht, eben weil sie nur funktioniert, wenn es inner- und zwischenartliche Konkurrenz und Auslese gibt, der eine immense Zahl von weniger angepassten Formen zum Opfer fällt. Gott hätte dann also nicht nur verschiedene Übel mittels Evolution hervorgebracht oder billigend in Kauf genommen, sondern gezielt einen Evolutionsprozess installiert, der mit solchen Übeln einhergeht, weil Evolution überhaupt nur auf eine solche Weise ablaufen kann, jedenfalls wenn wir die Evolutionsmechanismen zugrunde legen, die wir empirisch vorfinden.[69]

Evolutionäre Theodizee läuft darauf hinaus, dass, vielleicht neben einem  freien Willen des Menschen auch die nichtmenschliche Schöpfung gewisse Freiheitgrade habe, was als Ursache zumindest für einen Teil des Übels in der Welt gelten kann: „Viele würden Gott auch von der Verantwortung für die Evolution freisprechen wollen, indem sie auf die Freiheit des [Evolutions-]Prozesses verweisen“ (174). Ein teilweise freier Evolutionsprozess  lasse Spielräume für Entwicklungen zu verschiedenen Übeln, die Gott gar nicht gewollt habe. Auch vor diesem Hintergrund ist Kojonens Diskussion über Freiheit und Gerichtetsein im Evolutionsprozess zu sehen.

Es geht also um die Frage, ob es für die Verantwortung Gottes, dass das Übel in der Schöpfung existiert, im Rahmen evolutionärer Entwürfe mildernde Umstände geltend gemacht werden können. Inwiefern kann ein mittels Zweitursachen erschaffender Gott (ein Stück weit) aus der Verantwortung für das natürliche Übel herausgenommen werden?

Kojonen sieht eine Chance, dass sein biologischer Design-Ansatz das evolutionäre Theodizee-Problem etwas entschärfen könne,[70] insofern Gott neben bestimmten Gesetzmäßigkeiten genügend Raum für Freiheitsgrade gelassen hat.[71] Gott habe die Evolution (durch Setzen passender Randbedingungen) ermöglicht, diese sei aber im Rahmen der ihr gewährten „Freiheit“ gleichsam auf Abwege geraten, was zu den „üblen“ Designs geführt habe. Dafür sei Gott als Schöpfer des Evolutionsprozesses nur bedingt verantwortlich. „Der Gedanke ist, dass, insofern Gott durch einen freien Evolutionsprozess erschaffen musste (oder guten Grund dazu hatte), dies zu erklären hilft, warum die Eigenschaften der Natur nicht optimal sind und den göttlichen Charakter nicht vollständig widerspiegeln“ (178).[72] „[D]as Argument verlangt nicht, dass Gott für alle Details der Biologie verantwortlich ist, damit seine Herrlichkeit und Weisheit darin zum Ausdruck kommen kann“ (189).[73]

Um die göttliche Verantwortung für das Übel in der Schöpfung zu mildern, brauche es also reale Kontingenz bzw. „Freiheit“ in der Evolution, so dass die Ergebnisse zumindest teilweise von Gott unbestimmt („underdetermined“) sind (180).  Das heißt also, dass das Übel in der Schöpfung durch die Zufälligkeiten und Freiheitsgrade des Evolutionsprozesses ins Dasein gekommen sein soll.[74] Daneben können aber auch die (von Gott direkt hervorgebrachten) Gesetzmäßigkeiten oder anderer Notwendigkeiten Grund für manche Übel sein. Kojonen spekuliert dazu, dass es vielleicht logisch unmöglich gewesen wäre, eine „Formenbibliothek“ ohne Raubtiergestalten und Parasiten zu entwerfen.[75] Der letzte Punkt scheint mir ad hoc und angesichts eines allmächtigen Schöpfers nicht nachvollziehbar zu sein.

Abgesehen von der Frage nach der empirisch nachgewiesenen Leistungsfähigkeit der Evolutionsmechanismen (die Kojonen nicht problematisiert) ist es schon merkwürdig, dass die Freiheit der Geschöpfe so weit gegangen sein soll, dass auf unzähligen Evolutionslinien in geradezu gigantischem Ausmaß Destruktives evolvieren konnte – insbesondere angesichts Kojonens Konzept, dass die Formgesetze der Ort sind, an denen das göttliche Design stattfindet, insofern die Formen bzw. Formengesetze auf Gott zurückgehen. Wenn ein evolutionärer Such-Algorithmus lebensfähige Formen in der „Formenbibliothek“ nur „finden“ musste, dann findet er dort eben auch zahlreiche destruktiven Merkmale, die dann offensichtlich ebenfalls von Gott konzipiert wurden. Natürlich kann Kojonen sich jetzt auf die Position zurückziehen, dass Gott Sachzwängen unterlag oder er gute Gründe hatte, die es rechtfertigen, auch Destruktives zuzulassen bzw. vorzuformen, während diese Sachzwänge bzw. Gründe für uns weitgehend unbekannt sind. Eine Strategie dieser Art wird „skeptischer Theismus“ genannt; dieser sagt, dass wir Menschen nur sehr begrenzt die Gründe eines unendlich intelligenten und heiligen Wesens einsehen können, die es hat, verschiedene Übel in der Welt zuzulassen bzw. zu erzeugen. Damit verpufft dann aber der mögliche Vorteil gegenüber dem klassischen Schöpfungskonzept, das sich ganz genauso auf den skeptischen Theismus berufen kann.

Insgesamt bleibt unklar, wie das Übel in einer evolutionär verlaufenden Schöpfung im Sinne einer Theodizee überzeugender erklärt werden soll als im Rahmen klassischer Schöpfungskonzepte. „Die Evolution“ ist schließlich genauso wenig eine moralisch begabte und handelnde Person wie die (nichtmenschlichen) Geschöpfe. Evolution – soweit sie wirklich funktioniert – folgt Entwicklungszwängen mit gewisser Wahrscheinlichkeit, und die Geschöpfe sind nur Ergebnisse des Entstehungsvorgangs und keine Akteure.

Man muss sich in solchen Zusammenhängen klar vor Augen halten, dass der Freiheitsbegriff vieldeutig ist. Es gibt zum einen „Freiheit“ im Sinne von letztlich physischen Freiheitsgraden: Die Naturgesetze, eventuell unter leichter Variation der Anfangsbedingungen, erlauben mehrere klar unterschiedliche Weltentwicklungen und nicht nur (wie in einem strengen Determinismus) eine bestimmte. Eine solche Freiheit hat nichts mit Willensfreiheit oder der Freiheit eines Akteurs zu tun. Letzteres ist die Freiheit, nach Gründen zu handeln, ein Anderskönnen, aus sich selbst heraus eine kausale Sequenz zu starten. Nur das ist echte Freiheit, die Verantwortlichkeit mit sich bringt. Dies ist nur bei vernunftbegabten Wesen, d. h. Personen, möglich. Will man den Evolutionsprozess nicht zu einer Quasi-Person erklären, ist ein mutmaßlicher Evolutionsprozess nur insofern „frei“, als möglicherweise mehr oder weniger kleine Veränderungen der Randbedingungen (oder im Extremfall echte Zufallseffekte) zu anderen biologischen Ergebnissen führen würden. (Nebenbei: Dies ist dennoch spekulativ, da bislang niemand einen Makroevolutionsprozess empirisch nachweisen oder theoretisch hinreichend konkret beschreiben kann.) Aber hätte dann Gott nicht die Möglichkeit gehabt, hier regulierend einzugreifen, um Übel möglichst nicht entstehen zu lassen?

Freiheit bezieht sich beim Menschen entsprechend auf moralische Aspekte: Er hatte tatsächlich eine Wahl (und Gott stellt die Menschen immer wieder vor eine Wahl). Diese moralischen Aspekte und das moralische Versagen des Menschen sind zentral für die christliche Heils- und Erlösungslehre.

Aber die außermenschliche Schöpfung besitzt eine solche Freiheit nicht. Die Verwendung des Begriffs „Freiheit“ in der Evolution erscheint mir daher irreführend. Zumindest einige Aussagen Kojonens suggerieren die Freiheit eines Akteurs, denn Kojonen verwendet Begriffe, die typischerweise die Freiheit eines Akteures bezeichnen – und schreibt sie der Evolution zu.[76] Was er damit genau meint, bleibt aber unklar.

Der Vergleich mit einem Hausbau, bei dem den Akteuren Freiheiten auch zum Bösen eingeräumt werden (191), passt nicht, weil eben nur bei menschlichen Akteuren, die anders als Naturprozesse planvoll handeln können, von Freiheit geredet werden kann.

Kojonen schließt allerdings mit der zutreffenden Mahnung ab, dass der Versuch, Gott von der Verantwortung für biologische Fehlplanungen freizusprechen, nicht in einer Weise geschehen dürfe, die Gott auch von der Ehre für seine Schöpfung ausschließt (193).[77] Es ist aber nicht erkennbar, dass Kojonen die Umsetzung des eigenen Anspruchs überzeugend gelungen ist.

Kojonen meint, „ID“ bzw. der Design-Ansatz müsse sich dem Theodizee-Problem stellen. Das stimmt und gilt für den Theismus in allen Spielarten, wo von einem souverän handelnden und moralisch vollkommenen Schöpfer ausgegangen wird, wie ihn die Bibel – laut eigenem Anspruch als Selbstoffenbarung Gottes (z. B. in 2. Timotheus 3,14–16) – vorstellt. Wenn man die Aussagen der Bibel zugrunde legt, wird man nicht umhin kommen, das Thema „Sünde“ und ihre Folgen für die ganze Schöpfung (1. Mose 3, Röm 8,19–23) zu bedenken. Doch die damit verbundenen theologischen Fragen sind nicht Gegenstand dieser Abhandlung.

 

Fazit

Kojonen hält die Indizien für Design im Sinne einer zielorientierten Gestaltung für sehr stark und verteidigt ein spezifisch biologisches Design-Argument in dem Sinne, dass dieses Design anhand konkreter biologischer Indizien erkannt werden kann. Das sei theologisch wertvoll, weil die Gültigkeit der intuitiven Design-Erkennung in der Natur bewahrt werde (212).[78]

Allerdings vertritt er nicht das klassische biologische Design-Argument. Nach dem klassischen Argument wird das Design durch ein zielorientiertes Wirken im Prozess der Entstehung[79] (d. h. im Schöpfungsvorgang) erklärt während rein natürliche Prozesse als Erklärung versagen. Kojonen argumentiert anders: Er verlegt das Design in bestimmte Rahmenbedingungen des Entstehungsprozesses, der selbst durch rein natürliche Abläufe beschrieben werden könne. Er möchte zeigen, dass sich die Weisheit des Schöpfers in den Produkten eines automatisierten Prozesses manifestieren kann, in dem eine wesentliche kausale Rolle dem Zufall überlassen wird (206).[80] Er stimmt Denis Alexander zu, dass die Evolution weit davon entfernt ist, stochastisch und zufällig zu sein. Sie sehe vielmehr hochgradig organisiert und eingeschränkt (und dadurch gelenkt) aus und sei bis zu einem gewissen Grad vorhersehbar, vielleicht sogar mit unvermeidlichen Ergebnissen.[81] Dabei sei das genaue Ausmaß der biologischen Feinabstimmung durch planvoll gewählte Randbedingungen noch umstritten (209), jedoch zeichne sich durch den Fortschritt der Forschung ab, dass die Vereinbarkeit von Design und natürliche Evolution immer besser begründet werden könnte (210).

Kojonens Ansatz halte ich aus zwei Gründen für nicht überzeugend: 1. Der Fortschritt der Evolutionsforschung hat gerade nicht gezeigt, wie ein rein natürlicher Prozess die Designs der Lebewesen hervorbringt. Denn die neu hinzugekommenen Faktoren, auf die in einer Erweiterten Evolutionären Synthese (EES) Bezug genommen wird, weisen keine innovative Kraft auf (Junker & Widenmeyer 2021). Vielmehr stellt die Erklärung von epigenetischer Regulation und Plastizität der Lebewesen noch größere Ansprüche an evolutionstheoretische Erklärungen. Dieser Anspruch wird mit zunehmendem Wissen immer höher, weil sich das Leben als immer noch komplexer und informationsreicher erweist als bisher schon bekannt war. Gerade epigenetische Mechanismen sind für evolutionäre Entstehungshypothesen eine immense Hürde. Denn es ist weit anspruchsvoller, verschachtelte Regulationsebenen zu erschaffen (oder zu evolvieren) als fixe Merkmale. Das Ausmaß an Vorausschau, das für die teleologischen Eigenschaften des Lebens erforderlich ist, erweist sich zunehmend als größer. Auch Nischenkonstruktion, der Einfluss von Lebewesen auf Evolution, trägt nur zu den Randbedingungen bei, erklärt aber nicht, wie dadurch evolutionäre Neuheiten entstehen.

2. Kojonen argumentiert, dass gerade der Fortschritt der Evolutionsforschung zeige, wie ausgefeilt und gut geplant die Randbedingungen sein müssen, damit der Darwin’sche Prozess, bei dem der Zufall eine große Rolle spielt, die Designs der Lebewesen hervorbringen kann. Das Design wird also in die Randbedingungen gelegt, in die Formgesetze des Lebens. Was diese konkret sind und wie sie kausal wirken, ist vollkommen unklar. Vorbedingungen, Proteinbibliotheken und Formgesetze sind Voraussetzungen für die Existenz biologischer Konstruktionen, erschaffen diese aber nicht. Dazu kommt, dass das Konzept solcher Formgesetze wohl auch grundsätzlich nicht dafür geeignet ist, eine rein natürliche Darwin‘sche Evolution mit Design (d. h. spezifischem Planen Gottes, welches zu entsprechenden biologischen Konstruktionen führt) zu kombinieren.

 

Literatur

 

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Wagner A (2014) The arrival of the fittest. New York.

Widenmeyer M (2019) Das geplante Universum. Holzgerlingen.

Widenmeyer M & Junker R (2021) Der Kern des Design-Arguments in der Biologie und warum die Kritiker daran scheitern In: Junker R & Widenmeyer M (2021; Hg) Schöpfung ohne Schöpfer? Eine Verteidigung des Design-Arguments in der Biologie. Holzgerlingen, S. 201–218.

 

Anmerkungen und Originalzitate

[1] Einige Textteile hat Dr. Markus Widenmeyer primär verfasst. Mein Dank gilt außerdem Benjamin Scholl und Boris Schmidtgall für hilfreiche Hinweise.

[2] Zumindest wenn es um die fundamentalen Naturgesetze geht. Es gibt auch abgeleitete Naturgesetze, die – im Rahmen naturwissenschaftlichen Forschens – auf grundlegendere Gesetze und Randbedingungen zurückgeführt werden können.

[3] Unabhängig davon, wie das Leben entstanden ist.

[4] Vielmehr sind natürliche Prozesse nur möglich und denkbar (und damit auch erforschbar), wenn bereits Naturgesetze gegeben sind.

[5] Technisch gesprochen: Sie erhöhen die Prior-Wahrscheinlichkeit für die Existenz und Aktivität eines Schöpfers.

[6] Dies arbeitet auch Kojonen (2014) in seiner Dissertation heraus und erwähnt es in der hier besprochenen Publikation.

[7] Kojonen spricht in diesem Zusammenhang von „persönlicher Erklärung“, womit er offenbar das meint, was Widenmeyer & Junker (2021) als „geistige Verursachung“ bezeichnen.

[8] Das biologische Design-Argument kommt auch bei Artefakten, in der Technik und der Kunst zum Einsatz. Bei den Lebewesen sind die Kennzeichen geistiger Verursachung besonders stark und vielfältig ausgeprägt. Man könnte allgemein sagen, dass es sich um spezielles Design handelt, das über physikalisches Design hinausgeht, welches das kosmologische Design-Argument begründet.

[9] Man kann zwar auch in Bezug auf das Periodensystem der Elemente von einem Baukastensystem sprechen; dieses ist jedoch von einer deutlich anderen Art als Baukastensysteme in der Biologie.

[10] Die konkreten biologischen Design-Argumente beruhen auf dem Stand der aktuellen naturwissenschaftlichen Erkenntnis. Neue Forschungsergebnisse können ein Design-Argument daher stärken (z. B. wenn natürliche Prozesse als Erklärung zur natürlichen Entstehung bestimmter biologischer Strukturen aufgrund neuer empirischer Befunde weniger leisten als bisher angenommen) und auch schwächen (z. B. wenn das Gegenteil nachgewiesen wird) – wie es bei naturwissenschaftlich prüfbaren Theorien generell der Fall sein sollte. 

[11] Statistisch qualifiziert ist eine Berufung auf den Faktor Zufall für die Erklärung eines Ereignisses E, wenn nach gründlicher Analyse eine ausreichende Wahrscheinlichkeit für das Eintreten von E nachvollzogen werden kann.

[12] Das gilt auch für Darwin: “’The view that each variation has been providentially arranged seems to me to make Natural Selection entirely superfluous, and indeed takes the whole case of the appearance of new species out of the range of science. […] Gray’s notion seems to me to smash the whole affair’ (Darwin 1861).  If the variations were indeed divinely guided, and this supposition was required to explain biological adaptations, then this would have, for Darwin, made natural selection of secondary importance in explaining these adaptations. Darwin emphasized, instead, that each variation should be understood as random” (100). Darwin betont die Wichtigkeit der Erklärung durch Selektion und das Fehlen einer Lenkung des Auftretens der Variation (102). Die Seiten 100–102 über Darwins Denkweise sind diesbezüglich sehr aufschlussreich.

[13] M. E. stehen dem unüberwindbare Widersprüche entgegen, aber das ist hier nicht das Thema. Vgl. dazu Junker (2022).

[14] Vs. Autoren, die sagen, nach Darwin gebe die (biologische) Schöpfung keinen Hinweis auf den Schöpfer. Zudem: Die Rettung des biologischen Design-Arguments würde eine theologisch robustere und konsistentere Version der theistischen Evolution ermöglichen (33).

[15] Gemeint ist das Zusammenspiel von Mutation und Selektion.

[16] Kojonen erwähnt Faktoren, die in einer erweiterten evolutionären Synthese (EES) berücksichtigt werden: Epigenetik, Nischenbildung und Plastizität. Er zitiert Hoggard Creegan, wonach eine teleologische Interpretation von Evolution möglich sei, wenn alle Faktoren der Erweiterten Evolutionären Synthese berücksichtigt würden. Teleologie passe nicht zu Selektion alleine, aber eben doch im Licht von Konvergenz, EvoDevo und Epigenetik (132).

[17] Der Autor schließt nicht grundsätzlich aus, dass Gott eingegriffen haben könnte.

[18] Anders als bei theistischer Evolution, wobei Schöpfung reine Glaubenssache ist und nicht anhand biologischer Indizien erkannt werden kann.

[19] Er akzeptiert die „essenziellen wissenschaftlichen Behauptungen“ (S. 7), den Darwin‘schen Mechanismus eingeschlossen.

[20]This book assumes that the critiques presented by the ID movement fail, and that evolutionary explanations are plausible” (98).

[21] “… I am assuming the success of Darwinian explanations, and use this to ask whether the unnecessity of divine interventions in the history of life then refutes the biological design argument” (105).

[22] Wenn auch die stärksten Eindrücke von Design dagegen Illusion wären, würde uns unser Eindruck täuschen. Doch das glaubt Kojonen nicht und er will zeigen, dass der Eindruck uns nicht täuscht: “The alleged designedness of biological organisms would then be another example of how an intuitively rational, commonsensical understanding of the world has been refuted by a more detailed scientific examination. This is the central debunking argument that this book aims to respond to” (43f.).

[23] „… several different explanations are used together to explain various facets of a complex phenomenon, together providing a more complete explanation” (148).

[24] Kojonen weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Occams Razor (überflüssige Erklärungselemente können weggelassen werden) hier nicht zum Einsatz kommt. “… one explanation can be more fundamental, and can stand behind the other one in the causal chain of events” (151).

[25] “Applied to design arguments, however, evolution would stand as the proximate historical explanation, while divine design stands as the ultimate explanation that ultimately works through evolution” (149).

[26] “Darwinism does not in fact answer the same question, at the same level, as the hypothesis of purposeful design. Something about the question of how such order can exist in our universe remains unanswered just by the appeal to known evolutionary mechanisms—even if no interventions by a designer within the cosmos are required for the explanation” (152).

[27] Auch Darwin war von einer „’overwhelming force’ of the idea of design“ beeindruckt (38). Kojonen zitiert in diesem Zusammenhang Ratzsch: „Teleological thinking has been steadfastly resisted by modern biology. And yet, in nearly every area of research biologists are hard pressed to find language that does not impute purposiveness to living forms” (38). Und Kojonen zieht als Fazit: “In my view, these reasons do lend support to the idea that design beliefs have a strong intuitive component, and that such common sense beliefs can be reasonable when no sufficient counterargument exists” (39). Er verteidigt dies im Anschluss gegen Kritik (39–44).

[28] Man kann diese Randbedingungen auch „meta-biologisch“ nennen, da sie bestimmte Voraussetzungen für die Biologie darstellen.

[29] Kojonen verwendet diesen Begriff knapp 30-Mal, definiert ihn aber nicht. Auf eine persönliche Nachfrage antwortete er am 31. 1. 23: “This is defined only in practice – It functions as a loose umbrella term for the way physics and other factors influence what kind of forms are possible to evolve, as discussed in the book. It is originally a structuralist term, though I use it a broader sense.”

[30] “In all cases, I will argue that the defensibility of evolutionary explanations depends on certain preconditions of the evolutionary process being fulfilled. This, in turn, contributes to the saving of the biological design argument” (109).

[31] Vgl. Kojonen (2021): In dieser Antwort an einen Kritiker erklärt Kojonen seinen Ansatz in Kurzform.

[32]  “…a theistic evolutionist could well argue that the irreducible complexity argument merely shows how demanding the conditions for evolvability are, and how much fine-tuning evolution actually requires” (119).

[33] Kojonen zitiert in diesem Zusammenhang mehrfach Asa Gray, der der Auffassung war, dass Darwins Erklärung das Design-Argument nicht schwäche.  “Gray (1860), for instance, thought that the case for design is very strong simply based on the end result, with the discovery of the evolutionary process not reducing the strength of the case” (105; Hervorhebung hinzugefügt). Darwin selbst sah das allerdings anders (100–102).

[34] „Supposing that these preconditions are the result of design, then it would no longer be true that evolution proceeds without design“ (104).

[35] “… provides evidence that the course of evolution is directed by the structure of the space of forms, as well as laws of form, arising as a consequence of the laws of physics” (132; Hervorhebung hinzugefügt).

[36] Ereignisse, die (genauso gut) so oder anders ablaufen können.

[37] „The more our understanding of evolution has progressed, the more we find ourselves explaining patterns in evolution by reference to general principles, rather than just contingent historical events (which continue to have a great role in all models)” (133).

[38] „In order for evolution to be possible, viable forms must be close enough to each other in the space of possible forms, and must form a network that can be navigated by evolutionary search” (132).

[39] “… directed by the structure of the space of forms, as well as the laws of form, arising as a consequence of the laws of physics” (132).

[40] “It seems, then, that defending the power of the evolutionary mechanism requires assuming that the landscape of possible biological forms has some fairly serendipitous properties. This, then, arguably moves the problem of design back into the laws of nature by showing that biological evolution is just as dependent on the fulfillment of very precise preconditions as the previously discussed genetic algorithms” (122).

[41] “… seeing convergence as evidence that there indeed are laws of form which direct evolution” (126, Hervorhebung hinzugefügt).

[42] “… ’library of forms,’ … seems to shift much of the explanatory work away from natural selection and mutation, into the environment which makes these possible. Here, chance mutations and natural selection act more in the role of a ‘search engine,’ looking through this space of possible forms. As biologists increasingly talk of ‘laws of form’ underlying evolutionary development, the role of natural selection and mutation in explaining biological form seems comparatively less all-encompassing. The resulting picture comes quite far from the old view that all one needs for evolution is differential survival, reproduction, and heritability, …” (123).

[43] Protagonisten der beiden Pole sind Stephen J. Gould (Kontingenz) und Simon Conway Morris (Vorhersagbarkeit aufgrund von Gesetzmäßigkeiten).

[44] “For Conway Morris, the implications of convergence are clear: evolution has a direction, and inevitably tends toward certain types of forms: ‘at whatever level of biology one considers there will be loci of persistent biological stability that will act as irresistible attractors’ (Conway Morris 2015, 33)” (126).

[45] „They claim that the basic possible folds are a direct consequence of the laws of physics, and that these act as stable nodes toward which evolution gravitates” (125).

[46] Außerdem ist Mehrfachverwendbarkeit ein typisches Design-Indiz, das man zum Beispiel bei der Programmierung von Computerprogrammen kennt.

[47] “… a process of gradual evolution can already be traced for many complex organs …“ (106).

[48] “As de Duve (1984) pointed out, evolutionary chance and natural selection ‘did not operate in a vacuum. It operated in a universe governed by orderly laws and made of matter endowed with specific properties. These laws and properties are the constraints that shape the evolutionary roulette and restrict the numbers that it can turn up’” (98).

[49] “… selection itself is a result of the environment, and thus not an independent actor in the same way as the architect in Darwin’s analogy” (103). Darwins Vergleich der Selektion mit einem Architekten ist ohnehin vollkommen fehlgeleitet, da Darwin selbst jegliches Gerichtetsein im evolutionären Prozess ausdrücklich ablehnt: “The view that each variation has been providentially arranged seems to me to make Natural Selection entirely superfluous, and indeed takes the whole case of the appearance of new species out of the range of science” (Darwin, zitiert S. 100).

[50] Außerdem wäre ein bestimmtes Arrangement von Umweltbedingungen, das wirklich geeignet wäre, die zu erklärenden Konstruktionen der Lebewesen hervorzubringen, entweder ein göttliches Eingreifen oder bloßer Zufall. In beiden Fällen kommt Kojonen nicht zu seinem Ziel. 

[51] “Even in the case of human design, one might argue that individual elements of a building designed by humans could be explained as accidental. It is only when we consider the whole of the building that the necessity of design becomes apparent. The same could well be true regarding evolution” (103; Hervorhebung hinzugefügt). 

[52] „…, the idea of the “invisible hand” guiding economic growth leads naturally to the idea that evolution might also be based on a providential order that makes it possible” (104, nach Ariew 2007).

[53] Kojonen zitiert Dembski und Kollegen: “Their overall conclusion is that each genetic algorithm only works to solve a specific problem, and only because it is guided by the parameters built into it by the programmers” (112). Er entgegnet ihnen mit einer Gegenkritik von Boudry  et al. (2011), dass evolutionäre Algorithmen Steuerungsinformation dergestalt enthalten müsse, dass sie natürliche Selektion simulieren. Hier stellt sich aber die Frage, welche Steuerungsinformation natürliche Selektion beinhalten kann. Hier scheint vorausgesetzt zu werden, dass natürliche Selektion innovative Evolution ermöglicht; damit aber würde das zu Beweisende vorausgesetzt. Selektion könnte durch Umweltbedingungen gesteuert werden, doch diese erfolgen in keiner Weise zielorientiert, sondern sind mehr oder weniger zufällig. Eine Übertragung von genetischen Algorithmen auf natürliche Selektion erscheint daher nicht gerechtfertigt. Dazu kommt, dass Selektion erst wirken kann, wenn eine bestimmte Funktion bereits da ist.

[54] Vertreter einer Theorie, die nach über 160 Jahren immer noch keinen einzigen unstrittigen Präzedenzfall für ihre Kernthese vorweisen kann, sind hier klar in der Beweispflicht.

[55] “… evolution indeed has very demanding preconditions” (98).

[56] “Then, a continuous series of functional forms, leading from no flagellum to a flagellum, must exist so that no change is too large for natural selection to cross, and all modifications can be made. As with Dembski’s argument, it does seem plausible that evolving such complex systems is difficult, and the existence of such an evolutionary pathway has stringent conditions. But difficult or not, it is possible that nature does allow it” (118).

[57] “Is the production of such results then more plausible if those mechanisms were purposefully designed, or if they were not?” (7)

[58] „… different proteins are in fact closely connected, in a gigantic “genotype network” of functional forms that evolution can traverse” (121).

[59] Kojonen zitiert Jiménez und Kollegen (2013), die das Problem auf den Punkt bringen: “… that ‘the landscape is composed of largely disconnected islands of active sequences. Natural selection under these conditions would be constrained to local exploration of sequence space’” (124).

[60] Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass Kojonen nicht genauer beschreibt, was er mit „laws of form“ meint.

[61] “The form that biological organisms evolve constrains the possibilities of further evolution” (127).

[62] “Thus understood, evolution searches through the space of possible forms, discovering biological forms, rather than creating these forms out of nothing” (126). Kojonen zitiert außerdem Dentons Vorstellung, dass die Evolution zwangsläufig einer „metaphorischen Karte“ mit sehr begrenzten Möglichkeiten folgen müsse und einfach die Suchmaschine sei, die es dem Universum ermöglicht, sich seiner selbst bewusst zu werden (126).

[63] Platonische Entitäten sind abstrakte, nichtmaterielle und gleichzeitig nicht geistige sowie typischerweise kausal wirkungslose Entitäten außerhalb von Raum und Zeit. Es ist dann z. B. nicht zu sehen, wie solche Entitäten es schaffen würden, konkrete Effekte in Raum und Zeit hervorzubringen. Platon, auf den das Konzept dieser Entitäten zurückgeht, hat daher einen „Demiurgen“ (Werkmeister) vorgesehen, ein gottähnliches, personales Schöpferwesen, um konkrete, raumzeitliche Dinge zu erschaffen, nach Maßgabe entsprechender Formen (oder „Ideen“). Weiterhin existieren platonische Entitäten ewig und notwendig und typischerweise unabhängig von Gott.

[64] In den Dispositionen z. B. chemischer Verbindungen können die Informationen kaum enthalten sein, die komplexe biologische Funktionen ausmachen. Ein und dieselbe Verbindung kann für ganz unterschiedliche biologische und nichtbiologische Konstrukte verwendet werden. Daher dürfte die Disposition nur dann vorliegen, wenn es sich bereits um einen biologischen Kontext handelt. Gott müsste dann z. B. einem Aminosäuremolekül die Disposition einpflanzen, sobald es biologisch wird. Solche Dispositionen müssten außerdem ein höchst spezifisches, komplexes und intelligentes Verhalten der Entitäten bedingen, die sie haben, das in Kooperation mit zahllosen anderen Entitäten dann biologische Entitäten erzeugt. Das alles ist äußerst unplausibel und wird auch nicht beobachtet: Ein Aminosäure-Molekül z. B. verhält sich im Organismus, nach allem, was wir wissen, genau gleich wie außerhalb eines Organismus.

[65] Similarly, the products of evolution can also be highly expressive of the divine intelligence that is responsible for evolution, even if the details of evolution are left to chance” (170). “Similarly” bezieht sich auf die nachfolgend beschriebenen Vergleiche.

[66] “Wahlberg further argues that, in fact, the creation of a program that writes fugues is more difficult and demands much deeper utilization of the principles of music than simply writing a fugue directly” (170).

[67] “Nevertheless, in this case we could say that the outcome does not reflect only the architect’s vision, but also the vision of the builders. This would be analogous to an understanding of evolution in which the process has both directionality and contingency” (171). Diese Analogie ist schwach und der Vergleich nicht treffend, da auch die Bauleute mit Plan vorgehen, der natürlichen Mechanismen nicht zu eigen ist.

[68] Kojonen wendet selber ein: „If evolution has merely discovered biological forms, then could we not also say that engineers have merely discovered the forms of televisions and cars, rather than actually designing them?” (173) – Außerdem: “Human designers have the ability to bypass the need for functional intermediate forms on the way to a new application that allows them to build forms that would be inaccessible to a process of natural selection. Moreover, humans as free agents have the possibility of inventively combining technologies and modifying objects for their own ends, and their freedom also diminishes the Creator’s responsibility for the particular devices that humans create, including both beneficial and evil applications” (174).

[69] Was die empirisch feststellbaren Evolutionsmechanismen tatsächlich leisten können, tut hier nichts zur Sache.

[70] “evolutionary theodicies—the assumption that God had good reason to create through evolution—it does seem possible to argue that creation through evolution has some benefits. This assumption, it seems, can actually be defended in a more robust way given a design-based perspective” (187).

[71] “As I have argued in this chapter, it seems to me that the biological design argument is compatible with Darwin’s view that God created living species through fixed laws, while leaving the details up to chance. I have argued that the end products of a designed process can provide evidence for and make manifest the existence of the designer, even if that design process makes substantial use of chance processes, and the end result is not fully determined by the designer. Thus, it seems that the salvaged design argument is compatible with at least a great deal of freedom and contingency in the evolutionary process“ (188).

[72] “The idea is that insofar as God had to (or had good reason to) create through a free evolutionary process, then this helps explain why the features of nature are not optimal, and not fully reflective of the divine character” (178).

[73] “… the argument does not require God to be responsible for all the details of biology in order for his glory and wisdom to be manifest in it” (189).

[74] Kojonen zitiert in diesem Zusammenhang Sollereder: Die Geschöpfe sollen die Freiheit gehabt haben, sich unterschiedlich zu entwickeln; Gott soll ihnen diese Freiheit gelassen haben (187).

[75] „It may be that it is logically impossible to design a library of forms that would allow for evolution without also allowing for the evolution of parasitism and predation, while also giving some room for chance within the creation” (191).

[76] Beispiele: “To increase the degree of contingency, we would need to defend the freedom of all creatures to act autonomously and thus affect the direction of evolution. Both of these options fit with the argument of this book“ (S. 211). – “As Sollereder (2018, 105) puts it, love ‘requires making place for the freedom of the other […] the freedom of creation is the freedom for creatures to act with real causative effect on earth history without their behaviour being fully determined by God.’ Thus, then, love also requires giving each individual creature freedom to act” (188). – “Thus, while the idea of evolutionary theodicy based on creaturely autonomy and agency seems appealing, I remain unconvinced of the notions of agency and freedom that the argument depends on” (S. 191). Hier zeigt sich Kojonen allerdings skeptisch.

[77] “…to absolve God of the responsibility for biological bad designs, it seems to me that this should not be done in a way that also absolves God of the glory for his creation” (193).

[78] “I have argued that the salvaging of the design argument provides theological value in preserving the validity of intuitive design detection in nature, …” (212).

[79] sei es direkte Schöpfung oder ein gesteuerter Prozess.

[80]  “that a designer’s existence and wisdom can be manifested in the products of an indirect, even automated, process, and even in the products of a process that allows a substantial causal role for chance” (206).

[81] “… ‘far from looking stochastic and random, evolution looks highly organized and constrained—predictable to some extent, perhaps even with inevitable outcomes …’” (209).