Skip to main content

Wort-und-Wissen-Info 4/2003


Liebe Freunde von Wort und Wissen

im vergangenen Wintersemester hat die SMD-Gruppe (Studentenmission) hier in Marburg ein Podiumsgespräch organisiert unter dem Titel „Hat die Wissenschaft Gott begraben?“ Sechs Wissenschaftler der Universität, ich war einer davon, gaben in einem Hörsaal Antwort auf die Fragen „Warum glauben Sie an Gott?“ und „Wie verbinden Sie Ihren Glauben mit Ihrer Wissenschaft?“ Danach wurden Fragen aus dem Publikum beantwortet. Die Zahl der Zuhörer (etwa 300) und das Interesse übertraf bei weitem unsere Gebete. Wir waren begeistert, dankbar und beschämt zugleich.

John Lennox, dessen Buchtitel wir für unsere Veranstaltung „geliehen“ hatten, ist dieses Jahr von österreichischen Universitäten zu Vorträgen zum gleichen Thema eingeladen worden und hatte ebenfalls große Resonanz. Kürzlich ist Phillip Johnsons „Darwin im Kreuzverhör“ bei CLV Bielefeld auf deutsch erschienen – ein Buch, das in den USA großen Effekt hatte und hat und hoffentlich auch in Deutschland haben wird. Lennox’ und Johnsons Bücher sollte man unbedingt lesen, damit man für Auseinandersetzungen gewappnet ist über diesen in unserer Gesellschaft wichtigsten Vernunftschluß, der sich wider die Erkenntnis Gottes erhebt (2. Kor. 10).

Beide Bücher argumentieren auf der Ebene des „Intelligent Design“. Anders gesagt: Sie belegen und illustrieren die Aussage in Römer 1,20, „daß Gott zwar unsichtbar ist, aber an seinen Werken, der Schöpfung, die Menschen von jeher seine göttliche Macht und Größe haben sehen und erfahren können.“ Weiter gehen sie nicht als bis zu der Aussage, daß es einen Schöpfer geben muß.

In Gesprächen im Anschluß an unsere SMD-Veranstaltung in Marburg wurde mehrfach die Frage geäußert: „Warum dieser Gott?“ Diese Fragen gehören im missionarischen und evangelistischen Kontext zu den wichtigsten und häufigsten. Und auch in der Schöpfungsthematik. In beiden Fällen kommen wir nur weiter, wenn wir die Bibel heranziehen … und ihren Aussagen glauben. Man kann nicht a priori beweisen, daß durch Christus „alles im Himmel und auf der Erde mit Gott versöhnt werden und Frieden mit ihm finden sollte“ (Kolosser 1,20). Die Erlösung durch Christus ist kein Vernunftschluß, sondern ein historisches Ereignis. Wir wissen aus dem Wort Gottes davon. Man kann nicht aus der Natur beweisen, daß durch Christus „alles erschaffen ist, was im Himmel und auf der Erde ist“ (Kolosser 1,16). Die Schöpfung ist kein mythischer Vorgang, sondern ein historisches Ereignis. Wir wissen aus der Bibel davon. „Der Mensch braucht die Antworten, die Gott uns in der Bibel gegeben hat, um wirklich ausreichende Antworten zu haben“ (Francis Schaeffer, „Wie können wir denn leben?“ Kap. 4).

Wir bei Wort und Wissen sehen uns aus Glauben und Liebe zu Gottes Wort verpflichtet, von der Wahrheit des Wortes in Genesis 1-11 auszugehen. Damit haben wir ein Wissen als Ausgangspunkt, das wir der Bibel entnehmen. Dieses Wissen umfaßt die Person Gottes, Seine Absichten als Schöpfer und Herr der Welt und einen Abriß Seines Schöpfungshandelns (Genesis 1-2). Unserem Glauben wird auf verschiedene Weise widersprochen, weil die Bibel mindestens als Informationsquelle für Schöpfung nicht ernst genommen wird – leider auch von manchen Christen. Wir lassen uns aber nicht beirren und arbeiten an den vielen Detailfragen, die sich aus dieser Grundeinstellung ergeben.

Warum die Mühe? Erstens, um Gott die Ehre zu geben: „Herr, du bist würdig, zu nehmen Preis und Ehre und Kraft; denn du hast alle Dinge geschaffen, und durch deinen Willen haben sie das Wesen und sind geschaffen“ (Offenbarung 4,11).

Zweitens, weil es Freude macht, durch diese Arbeit Gottes Schöpfergenialität und die Wunder des Lebens näher kennenzulernen. Wie viele faszinierende wunderbare Dinge gibt es in der Natur! Das erfreut uns selbst und bietet sich zur Vermittlung an Kinder und Jugendliche an, damit sie und wir uns nicht in bildschirmflachen Scheinwelten erschöpfen, verirren oder verlieren.

Ich möchte Sie ermutigen, bei unserer Arbeit weiterhin mitzumachen. Besonders möchte ich heute an Christen appellieren, die sich durch Studium oder Selbststudium auf einem der Gebiete, die wir bei Wort und Wissen bearbeiten, ein gutes (Vor-)Wissen erworben haben. Vielleicht sehen Sie eine Chance und einen Ruf zu einer ehrenamtlichen Mitarbeit? Es muß sich ja nicht jeder Christ zum Amateurtheologen weiterbilden! Bitte verstehen Sie den letzten Satz nicht falsch. Natürlich halte ich es für lebensnotwendig, daß sich jeder Christ intensiv mit dem Wort Gottes vertraut macht und es weitergeben kann. Aber es wäre eine schlechte Arbeitsteilung im Leib Christi, wenn – zum Beispiel – alle Naturwissenschaftler ihr Fachwissen nur im Beruf einsetzten, sich aber in ihrer knappen Freizeit alle mit – zum Beispiel – Kirchengeschichte, dem Textus receptus, Zahlensymbolik oder Details im Buch Hosea beschäftigten. Das sind ohne Frage wichtige Dinge! Aber lassen Sie uns unseren Herrn auch fragen, wie wir mit Fleiß und Schweiß erworbenes (natur)wissenschaftliches Können und Wissen für Seine Sache einsetzen können! Oder haben Sie keinen Mut, sich in ihrem Fach/Beruf als Mensch zu „outen“, der „noch“ an die Historizität biblischer Aussagen bis zurück zur Schöpfung glaubt? Das wäre schade! Vielleicht können wir helfen, die Angstschwelle zu überwinden? Wir müssen sie auch überwinden – und sind Gott dankbar, daß Er uns Seinen Geist und Vorbilder gegeben hat, die es uns ermöglichen.

Wie gesagt: Die Evolutionslehre, die unsere ganze Gesellschaft durchsetzt, ist der wichtigste Vernunftschluß, der sich wider die Erkenntnis Gottes erhebt. Es braucht den ganzen Geist der Kraft, Liebe und Besonnenheit (2. Tim. 1,7), ihr zu widerstehen, überzeugend zu widersprechen und der jungen Generation eine andere Orientierung zu vermitteln.

Also bis bald auf einer unserer Fachtagungen oder Wochenendseminare? Oder dürfen wir bald einen soliden Fachbeitrag von Ihnen im unserem Studium Integrale Journal abdrucken? Ich würde mich freuen.

Herzlich grüßt

Ihr Peter Imming, Marburg

 

Überraschendes in einem leeren Hörsaal an der Universität von Königsberg

Vom 1. bis 8. Juli 2003 unternahmen wir (mein Russisch-Übersetzer Dr. Harry Tröster, unser Reise-Organisator Gerhard Perteck, der gebürtige Königsberger Dietrich Müller und ich) eine Vortragsreise ins nördliche Ostpreußen, in dem auch mein Geburtsort Raineck lag. Nun aber ist das Dorf durch Abriß in den 50-er Jahren völlig vom Erdboden verschwunden – man sieht weithin nur noch eine versteppte Landschaft. Die einstige Kornkammer Deutschlands ist zur Einöde geworden.

Es sind Vorträge in Königsberg (russ. Kaliningrad), Preußisch-Eylau (russ. Bagrationowsk), Insterburg (russ. Tschernjachowsk), Tilsit (russ. Sowjetsk) und Grommowo (russ. Name), einem kleinen Dorf in der Elchniederung, geplant. Berichten möchte ich hier jedoch nur von einer Veranstaltung.

Es ist Montag, der 7. Juli 2003, und für 14 Uhr ist im Hauptgebäude der Universität Königsberg ein Vortrag an der naturwissenschaftlichen Fakultät angesagt. Wir sind rechtzeitig da, um den Hörsaal zu finden und vor allem, um den Overhead-Projektor zu testen – das ist in Russ-land eine unbedingt notwendige Maßnahme, denn Technik ist nicht selten mit Zufallsmechanismen korreliert. Kurz nach 14 Uhr ist der Professor, der uns eingeladen hatte, immer noch der einzige russische Zuhörer. Er erklärt die Situation, indem er den leeren Hörsaal mit der Ferienzeit der Studenten entschuldigt. Zehn Minuten später kommt seine Assistentin mit ihrem etwa 15-jährigen Sohn dazu. Außer uns Vier sind in dem geräumigen Hörsaal nun schon drei Hörer. Wir warten bis etwa 14,30 Uhr, um auch verspäteten Hörern noch eine Chance einzuräumen. In der Tat, mit halbstündiger Verspätung betritt noch eine junge schwangere Frau den Hörsaal. Wir wissen nicht, ob es eine Studentin oder vielleicht auch eine Assistentin an seinem oder einem anderen Institut ist. Die gesamte „Zuhörerschaft“ hat Platz an einem einzigen Tisch. Und tatsächlich wählen sie auch einen gemeinsamen Tisch in der zweiten Reihe. Nun begrüße ich das „Auditorium“, wie gewohnt, mit meinem Standardsatz in Russisch: „Sdrastwutje daragie drusia!“ (Guten Tag, liebe Freunde). Ich tue zwar so, als spräche ich vor einem überfüllten Hörsaal, bin aber dennoch in ständigem Blickkontakt zu meinen vier Interessenten. Mein naturwissenschaftlich-biblisches Thema wird nach meinem Eindruck aufmerksam verfolgt, wenngleich der Overhead-Projektor ebenfalls sein Recht auf Aufmerksamkeit beansprucht. Er hat eine so milchige Glasscheibe, dass nur durch die Mitte das Licht so einigermaßen die Leinwand erreicht. Um immer durch das „Schlüsselloch“ schauen zu können, muß ich jede Folie mindestens 5 bis 6-mal neu positionieren, damit der ganze Blattinhalt präsentiert werden kann. Hinzu kommt noch, daß der wackelige Stecker ständig von jemandem gehalten werden muß, damit er nicht aus der Buchse fällt.

Schlossteich in Königsberg nach einer alten Postkarte

Mein Vortrag nähert sich mehr und mehr dem thematisch geplanten Ende. Da schießt es mir durch den Kopf: Bei unserem letzten Besuch an der Uni Königsberg habe ich fast ausschließlich wissenschaftlich argumentiert. Wenn ich das heute wieder tue, habe ich vielleicht einige Denkanstöße gegeben, aber dadurch wird noch niemand gerettet. So entschließe ich mich kurzerhand, den Vortrag möglichst ohne Bruch evangelistisch zuzuspitzen. Ich spüre bereits nach den ersten Sätzen, daß sich niemand empört oder den Eindruck macht, ich tue jetzt etwas, was nicht in den Hörsaal paßt. Im Gegenteil: Die Aufmerksamkeit steigt noch an. Dann frage ich meine vier Zuhörer, ob sie diesen Jesus, den ich als Retter vorgestellt habe, auch persönlich annehmen möchten. Von links beginnend, wende ich mich zuerst der Studentin zu. Meine Hoffnung war, als junge Frau wird sie am ehesten bereit sein, eine Entscheidung zu treffen. Das könnte Vorbildcharakter für die anderen haben. Aber ich täusche mich. Sie sagt ein klares „NJET“ (Nein). Dann geht mein fragender Blick an den jüngsten Zuhörer, und er sagt „DA“ (Ja). Wie freue ich mich, daß er zustimmt! Die Assistentin weiß nun, daß sie an der Reihe ist. Ich merke, sie wirkt unsicher und unentschieden, und so antwortet sie etwas diplomatisch: „Man muß sich jeden Tag entscheiden.“ Nun steigt bei uns vier Deutschen die Spannung steil an, wie wohl wird der Professor reagieren? Von ihm kommt – wir können es kaum fassen – ein klares und deutliches „Ja!“ Damit hatte keiner von uns gerechnet.

Nun nehme ich meine Bibel zur Hand und erkläre anhand einiger zentraler Verse den Weg zu Jesus. Es ist eine Entscheidung für das irdische Leben, aber auch für das ewige Leben. Nach all den Erklärungen frage ich noch einmal alle Vier in der gleichen Reihenfolge, wer wohl mitbeten wolle. Insgeheim hoffe ich, daß die vorhin nein-sagende Studentin sich jetzt doch noch anders entschließt. Es geht ja um sehr viel – den Himmel zu gewinnen oder zu verlieren.

Aber sie bleibt bei ihrem unmißverständlichen „Nein“. Wie schade, wenn jemand so dicht auf den Schatz im Acker gestoßen ist und ihn dann doch nicht hebt. Die Mutter hat inzwischen auf den Sohn eingewirkt, und dieser artikuliert nun ein zögerndes Nein. Es ist nach unserem Eindruck nicht seine eigene Überzeugung, aber er gehorcht ganz offensichtlich der Mutter. Sie selbst hat sich nun zu einem deutlichen, wenn auch sehr traurig wirkenden „Nein“ entschieden. Der Vergleich mit dem reichen Jüngling drängt sich auf, von dem es in Lukas 18,23 heißt: „Als er aber das hörte, wurde er traurig.“ Nun wird es noch einmal spannend. Was wird der Professor sagen, nachdem die drei Vorgänger alle abgelehnt haben? Welch ein Wunder! Er sagt ein fröhliches „Ja!“ Über seinen Mut vor ablehnenden Zeugen können wir nur staunen! Ich spreche – wie zuvor ausführlich erklärt – das Übergabegebet vor, das Harry T. Satz für Satz ins Russische übersetzt und das der Professor nun als eigenes Gebet nachsprechen kann. Mir fällt auf, daß er jeden Satz auffallend deutlich und laut wiederholt. Er tut es ohne Scheu in Gegenwart der anderen drei Neinsager. Es ist offensichtlich seine feste Überzeugung. Uns wird bewußt: Hier ist jemand „vom Tode zum Leben hindurchgedrungen“ (Joh 5,24).

Was so entmutigend anfing, endete mit einem Sieg Jesu. Unserem Herrn sei Dank, daß er sich aus allen Situationen heraus Kinder erwecken kann. Des durften wir Zeugen sein.

Werner Gitt

 

Ernst Mayr, Charles Darwin, Evolution und Sozialdarwinismus

Ernst Mayr, deutschstämmiger Ornithologe, Zoologe und Taxonom, der letzte noch lebende Mitbegründer des Neodarwinismus, wurde am 5. Juli 2003 99 Jahre alt. Er gilt als der „größte lebende Evolutionsbiologe“ (Stephen Jay Gould), als lebende Legende unter den zeitgenössischen Wissenschaftlern und als „Darwin des 20. Jahrhunderts“ (New York Times). Er veröffentlichte mehr als ein Dutzend Bücher, darunter „Die Entwicklung der biologischen Gedankenwelt“ (1984) sowie die Standardwerke „Systematics and the Origin of Species“ (1942) und „Artbegriff und Evolution“ (1967). Ernst Mayr lebt heute in der Nähe von Boston.

Im Sommer diesen Jahres gab er der „Netzeitung“ ein längeres Interview (http://www. netzeitung.de/wissenschaft/243542.html und …/243544.html – Stand: 3. 11. 2003). Aus diesem Interview zitieren wir hier einige bemerkenswerte Passagen, in welchen er sich über den heutigen Menschen aus evolutionärer Sicht äußert.

Netzeitung: Was fällt Ihnen zum Thema Evolution bei den heute mehr als sechs Milliarden Menschen ein?

Mayr: In unserer Massenpopulation, das ist die Tragik der Menschheit – die Art Selektion, die da stattfindet, ist keine Gewünschte.

Netzeitung: Wie sieht die Zukunft des Menschen aus?

Mayr: Finster.

Netzeitung: Aus welchen Gründen?

Mayr: In ihrem Urzustand bestand die Menschheit aus Gruppen von Menschen, sozialen Gruppen, die kooperierten und mit anderen Gruppen konkurrierten. Manche Gruppen waren erfolgreicher als andere – zum Teil deshalb, weil sie besonders gut mit anderen Gruppen kooperiert haben und dadurch einen Selektionsvorteil hatten. Das ist von Anthropologen und Historikern oft beschrieben worden. Als ich in Neuguinea war, gab es im ersten Dorf, in dem ich lebte, einen Häuptling. Der war offensichtlich eine sehr außergewöhnliche Persönlichkeit, er war sehr intelligent, sehr erfolgreich. Er hatte drei Frauen. In dem Dorf gab es auch zwei oder drei Männer, die waren nicht ganz so bedeutend wie der Häuptling. Die hatten zwei Frauen. Der Durchschnittsmann hatte eine Frau. Und vielleicht 20 oder 30 Prozent der Männer hatten gar keine Frauen. Und die waren auch aus meiner Sicht ganz offensichtlich nicht smart genug. Das ist ein typisches Beispiel von Selektion in der Art Mensch. Am richtigen Platz, in der richtigen Umwelt, hat das zur kulturellen Entwicklung der menschlichen Art geführt. Die Überlegenen hatten mehrere Frauen, haben ihre Gene also erfolgreicher weitergegeben als die weniger Cleveren. Das war eine Art Eugenik. Heute hat die Art Mensch keine Chance, sich weiter zu entwickeln, weil keinerlei Selektion stattfindet.

Netzeitung: Welche Aussichten haben wir also?

Mayr: Das kann man sich leicht ausrechnen. Wenn die Besten nur ein oder zwei Kinder haben, und diejenigen, die nicht die Besten sind, vier oder fünf Kinder, braucht man nicht viel Intelligenz um sich auszurechnen, was da im Laufe der Zeit passieren wird: ein Niedergang, eine Rückentwicklung.
(Das Interview wendet sich dann anderen Themen zu)

Kommentar: Die Aussagen von Ernst Mayr zeigen (wieder einmal) deutlich, daß der Humanismus keine wirkliche Basis besitzt. Mayrs Statement stellt kaum eine Außenseiterposition dar; er ist nicht irgendwer, sondern der vielleicht weltbekannteste Biologe. Für ihn ist es nicht wünschenswert, wenn die Erfolglosen sich fortpflanzen. Die Konkurrenz, der Kampf ums Dasein wird als Rettung für die Zukunft der Menschheit propagiert. Trotz heftiger Dementis seiner späteren Anhänger hat dies auch Darwin ähnlich gesehen. Das zeigt die umfangreiche und nüchterne Biographie von DESMOND & MOORE (1991). Auch wenn es immer wieder vehement bestritten wird: Die brutale „Ethik“ des Sozialdarwinismus kann nicht wirklich vom Darwinismus getrennt werden. Das gilt, auch wenn längst nicht jeder Vertreter der Evolution ein Verfechter sozialdarwinistischer Auffassungen ist.

Die Zukunft ist laut Mayr „finster“; er befürchtet einen „Niedergang“ der Menschheit, eine „Rückentwicklung“. Hier ist der hochgemute Naturalismus in den Pessimismus abgeglitten. Bereits im 19. Jahrhundert war es auch der biologische Naturalismus – damals sprach man vom Materialismus –, der in Europa zum Mitauslöser eines kulturellen Pessimismus wurde (LÜTGERT 1926; 1930). Es muß(te) so kommen, denn nicht allein der Darwinismus, sondern die neuzeitlichen, naturalistisch orientierten Weltanschauungen überhaupt sind nicht in der Lage, dem Menschen eine tragfähige Zukunftsperspektive zu eröffnen. Vor allem aber: Der Naturalismus nimmt nicht die Gesamtwirklichkeit zur Kenntnis und steht damit in Gefahr, zur Ideologie zu werden.

ANHANG: Darwin und der Naturalismus. In diesem Sinn sollte immer unvergeßlich bleiben, daß der altgewordene Darwin mit Freunden und Verwandten einmal eine spiritistische Sitzung besuchte – damals eine Modetorheit der eleganten Londoner Salons –, dann aber vorzeitig hinausging. „Die Vorstellung begann ohne ihn.“ Natürlich hatte er recht mit seiner Weigerung, an der Sitzung teilzunehmen. Jedoch verließ er den Raum nicht aus Gottesfurcht, nicht mit Berufung auf die Bibel. Vielmehr hatte er Angst, sein Naturalismus könnte durch die dort auftretenden, unerklärlichen Phänomene erschüttert werden (schon der junge Darwin hatte sich in seinen geheimen Tagebüchern selbst als Materialist bezeichnet). Darwins Ehefrau Emma, die auch bei der Sitzung anwesend war, äußerte dazu: „Er will es nicht glauben, der Gedanke daran ist ihm so unsympathisch.“ Seine Nichte Snow war deshalb von ihrem Onkel enttäuscht, zumal Darwin es gewöhnlich „als eine große Schwäche ansah, wenn man seine Überzeugungen von Wünschen beeinflussen ließ“. Emma antwortete Snow: „Ja, aber er handelt nicht im Einklang mit seinen Prinzipien“ (DESMOND & MOORE 1991, Kap. 40).

Manfred Stephan

Literatur

DESMOND, A. & MOORE J.: Darwin. München-Leipzig 1991.

LÜTGERT, W.: Die Religion des deutschen Idealismus und ihr Ende, Bd. 3: Höhe und Niedergang des Idealismus. Gütersloh 1926; Bd. 4: Das Ende des Idealismus im Zeitalter Bismarcks. Gütersloh 1930.

 

 

Darwin im Kreuzverhör

Ein Jurist schreibt über Evolution – ein gewagtes Unternehmen! Mit Unterstützung guter Berater (S. 265) hat Phillip Johnson sich an die Aufgabe gemacht, „Darwin“ – sprich die Evolutionstheorie – einem Kreuzverhör zu unterziehen. Er nimmt dabei in der Auseinandersetzung um die Evolutionstheorie eine ungewohnte Position ein, nämlich die des Juristen, der Argumente auf ihre Stichhaltigkeit und Aussagekraft hin überprüft und Indizien nach ihrer Beweiskraft beurteilt. Heraus kam dabei ein Buch, das in dieser Art einmalig sein dürfte.

Johnson schließt für sich persönlich die Möglichkeit einer Evolution der Lebewesen nicht aus und versteht sich nicht als Verteidiger der Schöpfungswissenschaft (S. 22). Über die Schöpfungslehre äußert er sich nicht im „Wir“-Stil, sondern sachlich distanziert, aber auch nicht ablehnend. Sein Anliegen ist es, nachzuweisen, daß die Belege für eine allgemeine Evolution der Lebewesen nicht stichhaltig sind. Manche evolutionstheoretische Erklärung erscheint für ihn nur deswegen in den Augen ihrer Verfechter als gut begründet, weil es keine bessere natürliche Erklärung gibt (z.B. S. 39, 51). An anderen Stellen zeigt er, wie nach dem Motto „Angriff ist die beste Verteidigung“ verfahren wird (z.B. S. 43), wie Probleme dadurch „gelöst“ werden, daß sie als kleiner dargestellt werden als sie sind, oder daß manche Argumente im Kern theologischer oder philosophischer Natur sind (z.B. S. 43, 89f.). Auch die Verwendung schwammiger bzw. unklar definierter Begriffe deckt er auf. Der Nachweis subjektiver Deutungen der Forscher gehört ebenfalls zu seinem Unterfangen. Eine Alternative zur Evolutionslehre diskutiert er jedoch nicht.

Seine Kritik eröffnet er mit den Evolutionsmechanismen, vor allem der Selektionstheorie und der Beweiskraft der Mutationen. Seine differenzierte Betrachtung wird schon in diesen Abschnitten deutlich; er gibt sich nicht mit billigen evolutionskritischen Argumenten zufrieden. So weist er darauf hin, daß es zwar Aussagen über das Wirken der Selektion in tautologischer Form gibt (Die Bestangepaßten überleben, und die Überlebenden sind die Bestangepaßten), daß die Selektionstheorie aber auch als „wissenschaftliche Hypothese“ vorgetragen wird. In jedem Fall aber könne mit den Evolutionsfaktoren die Entstehung neuer Organe nicht begründet werden. Im weiteren Gang des Buches werden Fossilien, das Ähnlichkeits- und das Unvollkommenheits-Argument, molekulare Forschung und präbiotische Evolution (Entstehung des Lebens) behandelt. Weitere Kapitel beschäftigen sich mit den „Spielregeln der Wissenschaft“, mit dem Darwinismus als Religion, mit Fragen der Bildung und mit dem Thema „Wissenschaft und Pseudowissenschaft“. Das Buch schließt mit einem kurzen Überblick über die Kritik an früheren Auflagen und relativ ausführlichen Anmerkungen zu den Recherchen.

Johnson deckt auf, daß in manchen evolutionstheoretischen Argumentationen weltanschauliche Inhalte stecken. So kann er beispielsweise schreiben: „Die Literatur des Darwinismus ist voll von antitheistischen Schlussfolgerungen“ (S. 16). Er macht daraus aber kein Pauschalurteil, bezichtigt die Evolutionsanhänger keineswegs allgemein des Atheismus oder Antitheismus und spricht der Evolutionslehre einen wissenschaftlichen Status nicht undifferenziert ab.

Die Präsentation der Argumente erscheint mir ausgewogen und gemessen am Erscheinungsjahr des Originals (1993) im Wesentlichen up to date (soweit ich das beurteilen kann). Die Lektüre setzt gewisse Kenntnisse voraus; der fachlich Unbedarfte wird sich mit dem Buch schwer tun, nicht zuletzt, weil es keine einzige Abbildung enthält. Andererseits geht der Autor argumentativ nicht allzu weit in die Tiefe. Wer sich in der Thematik bereits relativ gut auskennt, wird kaum neue Argumente entdecken, er kann aber lernen, Argumentationen und Argumentationsstrategien zu durchschauen. Zu diesem Zweck ist die Lektüre des Buches durchaus lohnend.

Reinhard Junker

Das Buch „Darwin im Kreuzverhör“ bietet eine in dieser Art einmalige kritische Analyse evolutionstheoretischer Argumentationsweisen.

Phillip E. Johnson:
Darwin im Kreuzverhör.
CLV Bielefeld 2003
Pb., 285 S.

 

Kleine „Publikations-Wunder“

Manchmal geschehen auch in der Arbeit von Wort und Wissen kleine Wunder, an denen wir Sie, liebe Info-Leser, gerne teilhaben lassen. Oft genug wird unsere Arbeit pauschal schlecht gemacht (und im letzten Jahr sind uns viele solche Beispiele begegnet), aber es gibt gelegentlich auch Ausnahmen.

Studium Integrale Journal. Ausgerechnet in der renommierten und weit verbreiteten Zeitschrift „Spektrum der Wissenschaft“ wurden in der Internetpräsentation im Oktober zwei Links auf Beiträge von Studium Integrale Journal (SIJ) gesetzt, nämlich „Sind Vögel Dinosaurier mit Federn?“ sowie „Neues über alte Vögel“. SIJ wird von Wort und Wissen herausgegeben und dient dazu, evolutionskritisches Gedankengut publik zu machen. Im betreffenden Spektrum-Beitrag ging es um die Entstehung von Federn und gefiederte Dinosaurier. In den verlinkten SIJ-Artikeln wird klar evolutionskritisch argumentiert, z.B. kann man folgendes lesen:

„Allgemein stellt sich mittlerweile die frühe Vogelevolution als ein Nebeneinander vieler verschiedener Baupläne und verschiedenster mosaikartiger Merkmalskombinationen dar, die eine phylogenetische Rekonstruktion erheblich erschweren. … Beispielsweise taucht ein Hornschnabel offenbar in verschiedenen Vogellinien unabhängig auf.“ Oder: „Die Überlieferung früher Vögel und befiederter Saurier paßt somit am besten zur Annahme einer polyphyletischen Entstehung verschiedener Konstruktions- und Mosaikformen mit unterschiedlichen Kombinationen von Vogel- und Sauriermerkmalen. Diese Sichtweise drängt sich auch bei der Deutung der Vielfalt kreidezeitlicher Vogelgruppen auf, die nicht in widerspruchsfreie Stammbaumabfolgen eingeordnet werden können.“ Der Link war über mehrere Wochen abrufbar.

Zeitschrift SIJ 6.Jg. Heft 1

Zeitschrift SIJ 5.Jg. Heft 1

Ein weiterer Link auf einen SIJ-Beitrag findet sich auf www.palaeos.com/Plants/Lycophytes/Lepidodendrales.html (Link funktioniert nicht mehr, Stand: 9.10.2019). Die Website www.palaeos.com bietet u. a. Informationen über Tier- und Pflanzengruppen und über evolutionstheoretische Vorstellungen: „The Palaeos Site is dedicated to providing detailed information on the history of life on Earth.“

Man darf wohl sagen: Diese Verlinkungen stellen eine Anerkennung der Qualität von Studium Integrale Journal dar.

Stichwort „Evolution“ in Enzyklopädie. „Soll der Bock zum Gärtner gemacht werden?“ Diese kurze Notiz notierte Siegfried Scherer auf ein Schreiben, das eine ungewöhnliche Anfrage beinhaltete. Der „Bock“ waren wir, der „Garten“ die Evolutionstheorie. Worum ging es? Die Anfrage lautete, ob Siegfried Scherer als einer der Autoren des evolutionskritischen Lehrbuchs, einen 10-seitigen Überblicksartikel zum Stichwort „Evolution“ für die nächste Ergänzungslieferung der Enzyklopädie Naturwissenschaft und Technik des ecomed-Verlags schreiben würde. „Evolution – ein kritisches Lehrbuch“ erwies sich als Türöffner für einen Beitrag, der nie zustande gekommen wäre, wenn wir uns selbst darum bemüht hätten. Wir sahen es als Gelegenheit, die Gott uns schenkte. Nach einigen Mühen konnte der Beitrag (zusammen mit Reinhard Junker verfaßt) noch rechtzeitg abgegeben werden; er wurde Anfang 2003 veröffentlicht. Sicher: Wir mußten etwas distanziert schreiben, nicht im „Wir“-Stil, aber wir konnten unsere fachlich begründete Evolutionskritik uneingeschränkt zu Papier bringen.

Wir haben vom Verlag die Erlaubnis erhalten, diesen Artikel als Sonderdruck weiterzugeben. Er kann kostenlos bei der Geschäftsstelle angefordert werden.

 

Evolutionskritische Filme jetzt auch als DVDs

Die beiden bekannten Filme von Fritz Poppenberg „Hat die Bibel doch recht?“ und „Gott würfelt nicht“, die sich kritisch mit der Evolutionslehre befassen, sind seit kurzem auch als DVD erhältlich. Der 45-minütige Film „Hat die Bibel doch recht?“ ist zweifach preisgekrönt (mit „Der Goldene Kompass“ 1999 von der Konferenz evangelikaler Publizisten und einem 1. Preis für hervorragende Gestaltung vom Film- und Videofestival Chicago, 2000).

„Gott würfelt nicht“ dauert 75 Minuten und hat eine kritische Betrachtung des geschichtlichen Werdegangs der Darwinschen Theorie zum Inhalt. Beide Filme können hier bestellt werden.

Hat die Bibel doch Recht?
Hat die Bibel doch Recht? 14,95 *

Zum Shop

Gott würfelt nicht
Gott würfelt nicht 14,95 *

Zum Shop

 

Das evolutionskritische Magazin Heft 2 / 2003

Themen:

• M. Stephan: Sedimentbildung bei der Hochwasserkatastrophe im Erzgebirge (Sachsen). Teil 1

• N. Pailer: Planetenbildung im Wandel – oder: Die weiten Maschen der Modelle

• H. Binder: MILLER-Experimente zur Chemie der Lebensentstehung – 50 Jahre danach

• R. Junker: Komplexe Pflanzen überraschend früh

• M. Stephan: Saurier-Neufunde und rasche Schichtenbildung

• R. Junker: Appendix – das Ende eines rudimentären Organs

• N. Winkler: Drei Schritte vor – zwei zurück: Flügel bei Stabschrecken.

• S. Hartwig-Scherer: Die Australopithecinen holen wieder auf: Kletternde Zweibeiner werden älter

• S. Scherer/S. Hartwig-Scherer: Evolution des Menschen ohne Zwischenglieder?

Streiflichter:

  • Eine unerwartete Konvergenz: Zähne zweifach entstanden?
  • Vierflügelige gefiederte Dinosaurier aus China
  • Das „missing link“ in der Evolution der Gattung Ginkgo
  • Insekten zweimal entstanden?
  • Der Schützenfisch – ein Rechenkünstler
  • Artbildung im Rückwärtsgang
  • Schrumpfende Eier nach Wegfall von Selektion
  • Australische Krabbenspinne: Kontrast statt Tarnung zur Täuschung von Beute
  • Doppelt genäht hält besser
  • Kupfermineral in Kiefer eines marinen Blutegels
  • Pflanzensuche im Internet

Rezensionen:

  • M. Stephan: Trilobiten! Fossilien erzählen die Geschichte der Erde (R. Fortey)
  • N. Cincinnati: Die kurze Geschichte des Waldes (G. Menting)
  • P. Korevaar: Die Signatur der Sphären (H. Warm)