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Wort-und-Wissen-Info 3/2012


Liebe Freunde von Wort und Wissen!

feiern Sie mit uns ein Jubiläum! Sie halten die 100. Ausgabe des „Wort und Wissen Info“ in Händen. Wir haben dieses Jubiläum zum Anlass genommen, das Layout aufzufrischen und auf Farbdruck umzustellen, was mittlerweile, anders als beim Start des W+W-Info, relativ kostengünstig möglich ist und schon länger fällig war.

„Info“-Jubiläum – die 100. Ausgabe

 

100 Ausgaben „W+W-Info“ sind zuerst Anlass zum Dank an unseren HERRN, der uns die Treue gehalten und die Arbeit überhaupt erst ermöglicht hat, über die wir im „Info“ berichten. Wie in vielen anderen Bereichen unserer Arbeit leben wir nicht von Vorräten, sondern eher von der Hand in den Mund. So war das „Info“ oft noch kurz vor Toreschluss kaum halb gefüllt, aber dem Mangel wurde immer rechtzeitig abgeholfen.

Darüber hinaus freuen wir uns über Sie als Leserinnen und Leser, die uns die Treue gehalten und unsere Arbeit unterstützt haben. Die Reaktionen auf das „Info“ sind nicht häufig, aber aus den Rückmeldungen ging meistens hervor, dass unsere Leser das „Info“ schätzen, was für uns immer wieder eine Ermutigung war. Ein Dank geht auch an Regine Tholen. Sie hatte bereits vor 23 Jahren das Layout des „Info“ mit dem charakteristischen Schriftzug entworfen. Den Auftrag zur Neugestaltung hat sie kürzlich gerne angenommen und – wie wir finden – eine gute Mischung aus Bewährtem und Neuem hinbekommen. Wir hoffen, dass auch Ihnen das neue „Gesicht“ gefällt.

Das „W+W-Info“ ging im Januar 1989 mit einer Auflage von 1.400 an den Start und löste damals „W+W intern“ ab. Wir wollten dem Eindruck des Internen entgegenwirken und mit dem neuen „Info“ Öffentlichkeit signalisieren. Wir möchten ja ein breites Publikum erreichen. Seit einigen Jahren stehen wir konstant bei etwa 7.000 Beziehern. In der Erstausgabe wurde z. B. der erste Band unserer Fachberichtsreihe STUDIUM INTEGRALE vorgestellt: „Ramapithecus. Vorfahr des Menschen?“ von Sigrid Hartwig-Scherer. Ebenfalls gerade neu war das W+W-Vorstellungs-Taschenbuch „Schöpfung und Wissenschaft“, das mehrere Auflagen erlebt hat und nach wie vor in aktueller Version erhältlich ist. Martin Ernst rief zu einem ersten Treffen von Geowissenschaftlern auf, seither gibt es wie in anderen Disziplinen schon zuvor jährliche Fachtagungen. Richard Wiskin stellte seine Lehrdienst-Tätigkeit in der Schweiz vor. Beim Blättern durch die weiteren Ausgaben finden sich manche Perlen und vor allem viele Geschichten aus der Arbeit von Wort und Wissen, natürlich auch mancherlei Änderungen. Ein Rückblick lohnt sich; das ist möglich, auch wenn Sie viele Ausgaben verpasst haben, auf unserer Homepage: Unter www.wort-und-wissen.de/info.html finden Sie die letzten 58 Ausgaben bis Januar 1998 – dank der vielen treuen ehrenamtlichen Arbeit unseres Webmasters Johannes Schweinsberg.

Nun hoffen wir auf Gottes Gnade, damit die Arbeit der Studiengemeinschaft weiter wachsen kann und es viele Anlässe gibt, weitere Ausgaben des „Info“ herauszubringen.

Reinhard Junker und Henrik Ullrich

 

Zu schön, um wahr zu sein?

Timo Roller berichtet über ein Hin und Her bezüglich der Echtheit archäologischer Funde

Drei spektakuläre Funde aus der biblischen Archäologie wurden vor einigen Jahren als Fälschungen »entlarvt«. Weitab von der öffentlichen Aufmerksamkeit ist die wissenschaftliche Debatte jedoch weitergegangen, mit überraschendem Ergebnis: Die Fundstücke sind mit hoher Wahrscheinlichkeit doch authentisch und werfen ein neues Licht auf biblische Ereignisse und Personen.

Mehrere Berichte von sensationellen archäologischen Entdeckungen machten in den letzten Jahren die Runde: Ein Knochenkasten (Ossuar) des Jakobus, Bruder des Jesus von Nazareth (Abb. 1); eine Inschrift des judäischen Königs Joasch aus der Zeit des ersten Tempels; ein Elfenbein-Granatapfel, dessen Inschrift ihn „zum Tempel des HERRN gehörend“ ausweisen will.

Abb. 1: Das Jakobus-Ossuar mit der aramäischen Inschrift (Wikipedia)

Wenig später wurden diese Sensationen allesamt als Fälschungen entlarvt. Der Leitspruch des vorsichtigen Archäologen schien sich erfüllt zu haben: „Zu schön, um wahr zu sein!“ – Je sensationeller ein Fundstück zu sein scheint, desto wahrscheinlicher ist es eine Fälschung: Denn hauptsächlich öffentlichkeitswirksame Funde mit biblischen Bezügen lohnen den Aufwand und das Risiko für eine Fälschung und versprechen einen möglichst hohen finanziellen Gegenwert.

Alle drei Funde hätten die Glaubwürdigkeit der Bibel untermauern können – als Fälschungen sind sie jedoch ohne Wert und tragen allenfalls zur Verunsicherung gläubiger Menschen bei. In den Köpfen der Bibelinteressierten und in den populären Medien sind diese Funde längst nur noch Anekdoten aus dem Bereich Irrtümer und Betrügereien rund um die Bibel; so schrieb der Spiegel 2009: „Zu den dreistesten Fälschungen zählt ein nur wenige Zentimeter großer Granatapfel aus Elfenbein, der jahrelang im renommierten Israel-Museum als Zepteraufsatz aus der Zeit König Salomos ausgestellt war.“ (www.spiegel.de)

Nun titelte aber das Fachmagazin »Biblical Archaeology Review« (BAR) in der Ausgabe Juli/August 2012: „‚Bruder von Jesus‘-Inschrift ist authentisch!“ Was ist passiert? Sollte dieses Fundstück – und auch die anderen – doch echt sein? In der Tat sieht es ganz danach aus!

Fern vom Licht der Öffentlichkeit ging die wissenschaftliche Debatte über die umstrittenen Funde weiter. Auf einem Symposium im Jahr 2007 trafen sich in Jerusalem etliche namhafte Wissenschaftler, um über die Echtheit der Objekte zu diskutieren. Das Fazit des Leiters und Herausgebers der BAR – Hershel Shanks (Abb. 2) – damals: „Die Inschrift der Jakobus-Knochenkiste ist sehr wahrscheinlich echt. Die Inschrift auf dem Elfenbein-Granatapfel ist vermutlich echt. Über die Joasch-Inschrift gibt es unter den Teilnehmern sehr unterschiedliche Meinungen: Einige halten sie für eine Fälschung, andere können diese Beurteilung nicht teilen. Die Materialspezialisten halten die Echtheit für möglich.“

Anfang 2012 wurde Oded Golan, ein Antiquitäten-Sammler aus Tel Aviv, vom Vorwurf der Fälschung freigesprochen. Ihm war in einem langen Gerichtsprozess unterstellt worden, an der archäologischen Betrugsserie maßgeblich beteiligt gewesen zu sein.

Nach diesem spektakulären Freispruch erläutert Hershel Shanks in der erwähnten BAR-Ausgabe abschließend die für ihn entscheidenden Punkte in der Diskussion um die Echtheit: Das Jakobus-Ossuar – eine Knochenkiste aus Stein, wie sie im ersten Jahrhundert verwendet wurden, um nach der Verwesung eines Toten durch eine Zweitbestattung die Knochen zu verwahren – trägt die Inschrift: „Jakob, Sohn des Josef, Bruder des Jesus“. Die Israelische Antikenverwaltung wollte anhand einer mikroskopischen Untersuchung festgestellt haben, dass diese Worte – oder zumindest der Zusatz „Bruder von Jesus“ –nachträglich auf das antike Ossuar eingekerbt wurde.

Hershel Shanks hält die schnell hervorgebrachten Zweifel und auch die wissenschaftliche Untersuchung für wenig überzeugend: Dass das Ossuar aus unbekannter Quelle stammt und nicht aus einer dokumentierten Ausgrabung ändere nichts an der möglichen Echtheit der Inschrift. Auch andere bezüglich ihrer Herkunft nicht überprüfbare Funde wurden ohne große Skepsis für echt gehalten, z. B. eine Knochenkiste der Enkeltochter des Hohepriesters Kaiphas (BAR Nov./Dez. 2011, S. 54).

Abb. 2: Hershel Shanks

Im Gerichtsprozess wurde dem angeklagten Sammler Oded Golan unterstellt, er hätte zusammen mit einem Souvenirhersteller aus Kairo die Fälschungen durchgeführt. Shanks hält die Vorstellung, dieser sei ein so begabter Fälscher gewesen, dass die Schriftexperten „André Lemaire und Ada Yardeni auf ihn reingefallen wären, geradezu lachhaft.“ (BAR Juli/Aug. 2012, online: »Brother of Jesus« Inscription Is Authentic!)

Weitere Anschuldigungen, ein Zeuge habe den Kasten in den 1990er Jahren in einem Antiquitätenshop ohne den Zusatz „Bruder von Jesus“ gesehen, erwiesen sich als völlig haltlos und schließlich musste sogar der von der Antikenverwaltung beauftragte Wissenschaftler eingestehen: auf dem Wort „Jesus“ der Inschrift befindet sich mindestens 100 Jahre alte Patina. Shanks hält es für eindeutig erwiesen, dass die Knochenkiste samt Inschrift antik ist.

Anhand statistischer Berechnungen widmet er sich der Frage, ob es sich tatsächlich um den Bruder Jesu Christi gehandelt haben könnte: Die Kombination der drei Namen sei kein Beweis dafür, dass es sich um den Bruder Jesu von Nazareth handeln müsse, allerdings sei die Chance für die Existenz von mehr als drei Personen mit dieser Namenskombination statistisch gesehen sehr gering; die Möglichkeit, dass es nur eine gegeben habe bei 38 Prozent. „Und warum wurde der Name des Bruders [in die Inschrift] integriert? Es gibt kaum Zweifel daran, dass dies nur getan wurde, wenn es einen sehr bedeutenden Grund gab, ein Familienmitglied des Verstorbenen zu erwähnen, also üblicherweise aufgrund ihrer Wichtigkeit oder Berühmtheit.“ (BAR Juli/Aug. 2012, online: „Brother of Jesus“ Inscription Is Authentic!)

Die Wahrscheinlichkeit, dass in dieser Kiste die Knochen des Bruders Jesu Christi bestattet waren (sie sind allerdings nicht mehr darin) ist also sehr hoch.

Auch die Joasch-Inschrift und der Elfenbein-Granatapfel aus dem Ersten Tempel müssen laut Hershel Shanks als echt angesehen werden: Bei beiden Funden gehen die Inschriften über Bruchstellen aus antiker Zeit hinweg und an den Stellen, an denen Buchstaben auf Bruchkanten treffen, könne zweifelsfrei ein moderner Ursprung der Inschriften ausgeschlossen werden. Dieser Sachverhalt sei vom Materialexperten der Israelischen Antikenverwaltung überhaupt nicht berücksichtigt worden. Die Objektivität dieses Experten, Professor Yuval Goren von der Universität Tel Aviv, wurde schon recht früh von Hershel Shanks in Frage gestellt. In einem Artikel, den Hershel Shanks für die „Jerusalem Post“ geschrieben hat, zitiert er zudem Stimmen, die der Antikenverwaltung im Gerichtsprozess unkluges oder gar boshaftes Vorgehen vorwerfen.

Fazit: Diese drei Fundstücke sind somit – obwohl auf den ersten Blick »zu schön, um wahr zu sein« – sehr wahrscheinlich weitere wertvolle Puzzleteile, die die Glaubwürdigkeit der Bibel bekräftigen. Trotzdem ist natürlich immer Vorsicht geboten, diese Glaubwürdigkeit an einzelnen Beweisstücken festzumachen. Viel wichtiger ist eine Gesamtschau auf die archäologische Forschung – und diese spricht nach unserer Ansicht sehr wohl für die historische Wahrheit der biblischen Überlieferung.

 

Metamorphose. Die geheimnisvolle Schönheit der Schmetterlinge (DVD-Besprechung)

Eine sehenswerte DVD. Rezension von Reinhard Junker

Dieser neue Film von Illustra Media ist ein filmisches Meisterwerk. Faszinierende Bilder aus der Welt der Schmetterlinge und ihrer geheimnisvollen Metamorphose ziehen den Betrachter in ihren Bann. In großartigen Detailaufnahmen lernen wir die verschiedenen Phasen des Lebenszyklus der Schmetterlinge kennen – die Entwicklung von einem winzigen Ei über die Raupe und Puppe bis zum Falter. Dabei drängt sich wie bei kaum einer anderen Einrichtung der Lebewesen die Frage nach der erstmaligen Entstehung des ganzen Systems auf. Besonders der Wechsel von Raupe zum ausgewachsenen Insekt ist mehr als eine harte Nuss für ziellose Evolutionsmechanismen. Wie soll der Bauplan für zwei ganz verschiedene Gestalten (mit der Puppe eigentlich drei) in einem einzigen Organismen in evolutionären Schritten von zufälliger Änderung und Auslese entstanden sein? „Zwei brillant gebaute Organismen teilen sich dasselbe Genom.“ Der Film geht dieser Frage nach. Dabei muss man bedenken, dass evolutionäre Prozesse ungerichtet sind, es gibt keine Zukunftsorientierung. Wie kann Selektion beispielsweise die Entstehung eines Puppenstadiums zulassen, wenn nicht auch schon das Imago (der fertige Falter) im Blick ist? Der dabei erfolgende programmierte Zelltod würde in eine Sackgasse führen.

Aber schon die Eigenschaften des Eies wie der Schutz vor Austrocknung sind nicht selbstverständlich und erfordern besondere Einrichtungen. Dasselbe gilt für das Auffinden der Blätter derjenigen Pflanzen, die für die Eiablage geeignet sind. Die Häutung der Raupen ist ein sehr komplizierter Prozess, der viele exakte Steuerungsprozesse benötigt. Die Aufhängung des Raupenstadiums, das zur Puppe wird, damit kein Absturz bei der letzten Häutung erfolgt, ist ein weiteres Wunder für sich. Man kommt aus dem Staunen nicht heraus.

Durch welche Vorgänge die Puppe zum Insekt verwandelt wird, liegt noch weitgehend im Dunkeln. Alle Organe und Strukturen der Raupe werden aufgelöst und grundlegend neu gebaut. Beim Betrachten drängt sich der Vergleich von Dirigent und Orchester auf. Ganz erstaunlich ist die Bildung des langen Rüssels: Er muss nach dem Schlüpfen aus zwei Hälften zusammengesetzt werden wie zwei halbe Strohhalme. Die Flügel sind zuerst noch weich und biegsam und werden nach dem Schlüpfen gehärtet. Die Verpuppung kann man damit vergleichen, dass ein Auto sich selbst eine Garage baut und darin umgebaut wird. Klar, der Vergleich hinkt, aber vor allem deshalb, weil die Verpuppung noch viel komplizierter ist. Die Entstehung der Metamorphose ist ganz offensichtlich ein „Alles-oder-nichts-Projekt“.

So kann man weiter fortfahren mit den staunenswerten Details der Entwicklung der Schmetterlinge. Als ob dies alles nicht wunderbar genug wäre, zeigt der Film im zweiten Teil Details zum Zug des Monarchfalters, der über 4000 Kilometer zurücklegt, um seinen Winterschlaf in Gebieten halten zu können, in denen die Temperaturen in einem akzeptablen Bereich liegen.

Die neue DVD mit Aufnahmen in den Regenwäldern von Ecuador und in Mexiko mit seiner Kette von Vulkanen ist sehr zu empfehlen. Laufzeit: 64 Minuten plus Bonusclips und Bildergalerien.

Metamorphose 14,95 *

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Forum Christlicher Wirtschaftswissenschaftler: „Wachstum und Nachhaltigkeit“

Das „Forum Christlicher Wirtschaftswissenschaftler“ (FCW*), ein Initiativkreis von christlichen Wirtschaftsexperten aus Wissenschaft und Praxis im deutschsprachigen Raum, hat sich am 23. März 2012 zu seinem 3. Arbeitstreffen zusammengefunden. Es ist das Anliegen des Forums, fach-wissenschaftliche Aussagen in Theorie und Praxis zum Wirtschaftsgeschehen in einer biblischen Sicht aufzuarbeiten.

* Das FCW wird vom Institut für Ethik & Werte (Dr. Stephan Holthaus; www.ethikinstitut.de), von der Gesellschaft zur Förderung von Wirtschaftswissenschaften und Ethik (Prof. Dr. h.c. Werner Lachmann, PhD) sowie von der Studiengemeinschaft Wort und Wissen / Fachgruppe Wirtschaft (Prof. Dr. Reinhard Haupt und Dr. Stephan Schmitz) verantwortet. Das Rahmenthema des 3. FCW „Wachstum und Nachhaltigkeit“ wurde in 2 Hauptvorträgen erörtert.

Weltweit wird das Wirtschaftswachstum eines Staates durch den Anstieg des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) gemessen, d. h. durch die Zunahme der Wirtschaftsleistung oder des Pro-Kopf-Einkommens eines Landes in einem Jahr. Aber es ist durchaus umstritten, ob das Wachstum und damit das BIP auch so lebensnahe (aber scheinbar wirtschaftsferne) Eigenschaften wie die Lebenszufriedenheit der Menschen wiedergibt.

Dieser Frage ging der Vortrag von Prof. Dr. Michael Frenkel, Ökonom an der WHU-Otto Beisheim School of Management (Vallendar), unter dem Thema „Entwicklung durch Wachstum“ nach. In jüngerer Zeit hat es manche supranationalen Initiativen für die Wachstumsmessung gegeben, die neben den harten, quantitativen auch weiche, qualitative Seiten des Fortschritts einbeziehen: etwa der Human Development Index der UNO oder der Better Life Index der OECD. All diesen Vorschlägen ist gemeinsam, dass neben dem Pro-Kopf-Einkommen als wirtschaftlicher Wohlstandsgröße auch Faktoren wie die Gesundheit in der Gesellschaft, das Ausbildungsniveau der Bevölkerung oder die Umweltqualität des Landes berücksichtigt werden.

Allerdings ergeben intensive statistische Auswertungen über längere Zeiten und viele Staaten: Es gibt kein striktes Entweder-Oder des Wachstums wirtschaftlicher und sozialer Eigenschaften der Entwicklung. Man hat eher mit einem Sowohl-Als-Auch beider Seiten zu tun, was auch sehr plausibel ist: Mit wachsendem Wohlstand wachsen auch die Ansprüche einer Gesellschaft an höhere Gesundheits-, Bildungs- oder Umweltchancen. Und umgekehrt ist das höhere Einkommen auch eher imstande, diese wachsenden Lebensqualitätsansprüche zu finanzieren: Der Lebensstandard unterstützt auf längere Sicht auch die Lebensqualität.

Zu einer zurückhaltenderen Sicht des Wirtschaftswachstums gelangt man, wenn man mit dem Beitrag von Prof. Dr. Hermann Sautter (ehemals Universität Göttingen) fragt: „Welches Wachstum wollen wir?“ Besonders die Jagd nach materiellem Wohlstand ist nicht ohne Ausbeutung der begrenzten natürlichen Ressourcen (nicht-erneuerbare Energien, Rohstoffe) zu haben. Andrerseits ist der „Dritten Welt“ ein höherer Lebensstandard nach dem Vorbild der Industrieländer kaum zu verwehren. Gebietet es dann nicht die Vernunft, das ressourcenintensive Wachstum im wohlhabenden Norden zu Gunsten von Wachstumsmöglichkeiten im weniger wohlhabenden Süden einzuschränken?

Man sollte zwar mit der Position von Frenkel anerkennen: Wachsender Lebensstandard verschiebt in gewisser Weise das Interesse weg vom materiellem Wohlstand hin zu immaterieller Lebensqualität. Außerdem erlaubt der technische Fortschritt einer wachsenden Wirtschaft immer ressourcenschonendere Innovationen, wenn man an Neuheiten in der Autoentwicklung oder an energieeffiziente Heizungssysteme denkt. Dennoch wird der endliche Ressourcenbestand laufend überstrapaziert – wo er doch „nachhaltig“ verwaltet werden sollte.

Wie gelangt man zu einer Einsicht in maßvollere Wachstumsperspektiven? Zum einen durch staatliche und supranationale Politikbemühungen: Prämien und öffentliche Achtung für nachhaltigen und Sanktionen und öffentliche Ächtung für nicht-nachhaltigen Ressourcenverbrauch. Zum anderen und letztlich durch Mentalitäts-änderungen des Einzelnen: Die biblische Rückenstärkung „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein“ und die Horizontperspektive des Glaubens unterstützen auch Maß und Mitte beim Umgang mit der natürlichen Umwelt.

Eine Wirtschaftsfachtagung ähnlichen Inhalts (Thema: „Wirtschaftswachstum – noch zu verantworten? Christliche Perspektiven“) wird vom 8.-10. November 2012 in Mücke-Flensungen (Nähe Gießen) von Wort und Wissen/Fachgruppe Wirtschaft veranstaltet, zu der freundlich eingeladen wird. Informationen und Anmeldung: www.wort-und-wissen.de/wirtschaft.html.

Reinhard Haupt

 

Was Charles Darwin geglaubt hat

Rezension von Reinhard Junker

Joachim Krause: Was Charles Darwin geglaubt hat. Wartburg-Verlag Weimar und Eisenach. Tb., 70 Seiten, € 9,95.

Über das Leben kaum eines anderen Naturwissenschaftlers dürfte mehr geschrieben worden sein als über Charles Darwin, dem Begründer der Evolutionstheorie. Das liegt nicht nur an der Bedeutung dieser Theorie, sondern auch daran, dass man ungewöhnlich viel über Darwin als Mensch weiß. Seit einiger Zeit sind der komplette überlieferte Schriftwechsel und andere schriftliche Hinterlassenschaften von Darwin veröffentlicht. Unter http://darwin-online.org.uk kann man sehr viel davon finden. Darwins Autobiografie liegt auch in Deutsch vor. Sie war ursprünglich von seiner Familie gekürzt veröffentlicht worden, weil einige Teile als anstößig empfunden werden konnten. Es gibt zahlreiche Biographien über Darwin, unbestritten am lebensnahesten ist der sehr empfehlenswerte und trotz seiner Länge kurzweilige 800-Seiten-Wälzer von Adrian Desmond & James Moore. Wem dieser Lesestoff zuviel ist, kann auch das Buch „Charles Darwin: Der große Naturforscher und seine Theorie der Evolution“ von David Quammen empfohlen werden.

Bei dieser Fülle sieht man leicht vor lauter Wald die Bäume nicht mehr. Daher ist ein kleines Büchlein von Joachim Krause interessant, in dem einige bekannte und weniger bekannte Zitate von Charles Darwin unter dem Titel „Was Charles Darwin geglaubt hat“ auf etwa 50 Seiten zusammengefasst sind. Darwin hat sich an verschiedenen Stellen zu seiner Auseinandersetzung mit der Bibel und dem christlichen Glauben geäußert, etwa in seiner bereits erwähnten Autobiografie und in seiner Korrespondenz. Aber auch in seinem Hauptwerk „Über den Ursprung der Arten“ finden sich Bezüge zum christlichen Glauben, vor allem zum Thema „Schöpfung“. Der Autor hat solche Zitate in kommentierter Form unter verschiedenen Rubriken zusammengefasst. Im Einzelnen geht es um „Familiäres Erbe“, über „Entwicklung und Schöpfung“, über Darwins Verhältnis zu Religion allgemein und speziell zum christlichen Glaube, bei dem er vieles entschieden ablehnt, während er zu Religion im Allgemeinen ein positives Verhältnis hatte. Weiter geht es um „Darwins Kampf gegen die ‚Theorie von unbhängigen Schöpfungsakten‘“ sowie über seine Vorstellungen über die Allmacht und die Güte Gottes. Das Kapitel „Darwins lebenslange Beschäftigung mit religiösen Fragen im Spiegel seiner Autobiografie“ schließt das Büchlein ab. Es folgt noch ein ausführliches Quellenverzeichnis.

Leider ist das Buch gemessen an seinem Umfang relativ teuer. Die thematisch geordnete Zusammenstellung der Darwin-Zitate ist dennoch für jeden interessant, der speziell wissen möchte, wie dieser einflussreiche Forscher Inhalte des christlichen Glaubens gesehen hat und warum das so war. Das Büchlein gibt damit durchaus auch Anregungen, über die eigenen Glaubensüberzeugungen und ihre Begründung nachzudenken. Außerdem macht man die Entdeckung, dass viele Fragen und Antworten von Darwin sich bis heute nur wenig geändert haben.

 

Reduktion und Emergenz – ist Leben mehr als komplexe Physik?

Hinweis auf einen Artikel von Markus Widenmeyer

Die Frage, ob Leben mehr ist als Physik, wurde und wird in der Philosophie intensiv diskutiert. Entsprechend der heute in den Naturwissenschaften und der Philosophie vorherrschenden materialistischen oder naturalistischen Auffassung der Wirklichkeit wird einerseits behauptet, dass Lebewesen keine eigene Seinsgröße zukommt. Sprich: Lebewesen seien nicht mehr als sehr komplexe Chemie und Physik, d. h. sie seien letztlich in ihrem Sein auf Physik zu reduzieren. Konsequenterweise würde das auch auf den Menschen zutreffen, was nicht nur dem biblischen Menschenbild widerspricht, sondern letztlich auf eine Abschaffung des spezifisch Menschlichen hinausliefe. Es würde nämlich alles verlorengehen, was Leben spezifisch von Nichtleben unterscheidet und zwar in den verschiedenen Graden, wie uns Leben erscheint: Aristoteles hat hier zwischen vegetativem (i. W. pflanzlichem), empfindsamem (i. W. tierischem) und schließlich vernunftbegabtem Leben unterschieden. Letzteres trifft speziell auf den Menschen zu. Die reduktionistische Auffassung hätte zur Folge, dass die Zielgerichtetheit eines Lebewesens, seine Empfindungsfähigkeit, die potenzielle Vernünftigkeit des Menschen oder Begriffe wie „krank“ oder „gesund“ als illusorisch beziehungsweise sinnlos abgetan werden.

Leben durchbricht Hindernisse. Alles nur komplexe Physik? (Bild: www.fotolia.com)

Andererseits räumen auch einige materialistisch orientierte Naturwissenschaftler und Philosophen ein, dass „Leben“ und seine Ausprägungen eine unableitbare Eigenschaft sei und etwas „evolutionär Neues“ darstelle. Man spricht daher häufig von „Emergenz“, was soviel wie „Auftauchen“ bedeutet. Die konkreten Theorien sind aber nicht in der Lage, diese eher intuitive Idee begrifflich klar darzustellen: Leben soll zwar irgendwie auf bloße Physik und Chemie reduzierbar sein, aber dennoch etwas Unvorhersehbares und Eigenes und daher doch Nichtreduzierbares beinhalten.

Markus Widenmeyer, Mitarbeiter unserer Fachgruppe Wissenschaftstheorie, hat sich dieses Themas in einem Internetartikel eingehend gewidmet und zeigt, dass in den heutigen Diskussionen zwei grundverschiedene Begriffe von Reduktion kursieren, die leider sehr häufig durcheinandergebracht werden. Die eine Reduktion bezieht sich auf unsere Beschreibungen oder unsere Begriffe: Hier ist die Idee, dass eine Beschreibung (z. B. Leben) auf eine andere Beschreibung (z. B. der Physik) prinzipiell zurückgeführt werden kann; Leben wäre hier tatsächlich nichts wesensmäßig anderes als komplexe Physik und Chemie, es wäre letztlich nur Physik und Chemie. Die andere Art der Reduktion betrifft die Seinsebene, unabhängig von unseren Beschreibungen und Theorien: Hier würde zugestanden werden, dass Leben zwar etwas wesensmäßig Anderes als Nichtleben ist und Begriffe von Leben nicht auf Begriffe der Physik und Chemie zurückführbar sind. Dennoch bestünde ein Lebewesen laut dieser Auffassung ausschließlich aus physikalischen bzw. chemischen Bestandteilen; der einzige Seinsgrund des Lebens wäre das Nicht-Leben. Leben wird hier als eine real-emergente, neuartige Größe angesehen, die plötzlich auftaucht, wenn komplizierte materielle Konstellationen gegeben sind.

Hält man sich konsequent an diese Leit-unterscheidung, so sieht man, dass beide Arten der Reduktion problembehaftet sind. Es gibt daher gute Gründe, Leben als eigenständige Realität zu begreifen, die in keiner Weise auf Nicht-Lebendes zurückgeführt werden kann: Dass Leben nichts als Physik und Chemie sei, ist weder bewiesen worden noch gut begründet. Und der Ausweg, von „Emergenz“ (in dem hier relevanten Sinne) zu sprechen, führt in Widersprüche.

Die Lektüre des Artikels von Markus Widenmeyer erfordert konzentriertes Mitdenken, aber für die Einsichten, die dabei gewonnen werden können, lohnt sich der Einsatz. Das Thema gehört zweifellos zu den Brennpunkten gegenwärtiger Auseinandersetzungen um das Menschen- und Weltbild. Es ist hilfreich, hier die unterschiedlichen Argumente zu kennen, um ihnen qualifiziert begegnen zu können. Insbesondere macht dieser Artikel deutlich, wie wichtig es ist, vorab so schillernde Begriffe wie „Reduktion“ oder „Emergenz“ genau zu analysieren und zu definieren, bevor man mit ihnen zu Felde zieht. Daher sei der Artikel bestens empfohlen. Er kann als PDF-Datei(22 Seiten, 247 KB) unter hier heruntergeladen werden.

 

20 Millionen Jahre oder nur Jahrzehnte?

Der Autor bringt eine detaillierte Argumentation für sehr kurze Bildungszeiten geologischer Formationen. Das geschieht ausführlich am Beispiel der Schmiedefeld-Formation (Ordovizium) sowie in kürzerer Form anhand weiterer sechs Beispiele. In allen Fällen lassen sich die geologischen Befunde nicht mit den üblicherweise zugeordneten Bildungszeiträumen von mehreren Millionen Jahren vereinbaren, sondern fordern Entstehungszeiten, die um mehrere Größenordnungen geringer sind. Somit liefert dieses Buch wichtige Bausteine für eine Kurzzeit-Erdgeschichte.

Die Lektüre erfordert geologische Vorkenntnisse oder die Bereitschaft, sich anhand des Glossars in die Materie einzuarbeiten.

Manfred Stephan 20 Millionen Jahre geologischer Dauerstillstand? 29,95 *

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