Homininen-Schädel: „Stolpersteine“ des Grundtypmodells? Eine schöpfungstheoretische Deutung der Funde von Dmanisi.
Die Schädel von Homo erectus aus Georgien und von „Homo“ habilis aus Afrika gelten als mögliche Übergangsformen in der Evolution des Menschen. Damit könnten sie dem Grundtypmodell widersprechen, wonach Menschen und nichtmenschliche Homininen keine gemeinsamen Abstammungsbeziehungen aufweisen. Anhand neuerer Studien geht Benjamin Scholl auf ca. 20 Seiten Text und mit einem unfangreichen Anhang der Frage nach, ob diese Formen aus Grundtyp-Perspektive tatsächlich problematische „Stolpersteine“ darstellen.
Zusammenfassung
Schädel früher Homininen werden immer wieder als Evolutionsbelege einer mutmaßlichen Abstammung des Menschen aus affenähnlichen Vorfahren angeführt – wie zum Beispiel die kleinen Schädel von Homo erectus ergaster georgicus aus Dmanisi. Schroeder et al. (2017) verglichen anhand von Messpunkten verschiedene Flächen auf den Schädeln bei diesen und anderen Homininen. Ihre Ergebnisse lassen sich entgegen der Vorstellung, dass Homininen-Schädel „Stolpersteine des Grundtypmodells“ darstellen könnten, überraschend gut im Rahmen separat erschaffener Grundtypen von echten Menschen einerseits und großaffenähnlichen Australomorphen andererseits deuten. Außerdem widersetzt sich die enorme innerartliche Variabilität der Homininen-Schädel ganz allgemein einer widerspruchsfreien Stammbaumrekonstruktion.
In der Fachliteratur finden sich viele weitere Argumente, die zur Grundtyp-Perspektive passen und verdeutlichen, dass die Homininen-Fossilien insgesamt (vgl. Wood & Boyle 2016), die Schädel und auch das Körperskelett (vgl. Lordkipanidze et al. 2007) prinzipiell eine Unterscheidung der Grundtypen der Australomorphen (inklusive des sogenannten „Homo“ habilis) und der echten Menschen ermöglichen. Besonders beachtenswert sind außerdem die kognitiven und technischen Fähigkeiten der Menschen von Dmanisi vor 1,77 bis 1,85 MrJ (Millionen radiometrischen Jahren) in der Werkzeugherstellung (Baena et al. 2010; Ferring et al. 2011). Diese Funde belegen zusammen mit Acheuléen-Funden aus Afrika (Semaw et al. 2020), dass ein kleines Gehirn bei den Menschen von Dmanisi kein Argument für eine nichtmenschliche Intelligenz darstellt. Alles in allem kann man daher Homo erectus aus Dmanisi mit guten Argumenten aus Grundtyp-Perspektive als echten Menschen deuten.
Abstract in English (via DeepL): Hominid skulls: “stumbling blocks” of the basic type model? A creationist interpretation of the Dmanisi finds.
Skulls of early hominins are repeatedly cited as evolutionary evidence of the presumed descent of humans from ape-like ancestors—such as the small skulls of Homo erectus ergaster georgicus from Dmanisi.
Schroeder et al. (2017) compared different areas on the skulls of these and other hominins using measurement points. Contrary to the idea that hominin skulls could represent “stumbling blocks of the basic type model,” their results can be interpreted surprisingly well within the framework of separately created basic types of true humans on the one hand and great ape-like Australomorphs on the other. Furthermore, the enormous intraspecific variability* of hominin skulls generally precludes a consistent reconstruction of the family tree.
The specialist literature contains many further arguments that fit in with the basic type perspective and make it clear that hominin fossils as a whole (cf. Wood & Boyle 2016), the skulls and also the body skeleton (cf. Lordkipanidze et al. 2007) in principle allow a distinction to be made between the basic types of australomorphs (including the so-called “Homo” habilis) and true humans. Also particularly noteworthy are the cognitive and technical abilities of the people of Dmanisi 1.77 to 1.85 Ma (million radiometric years) ago in toolmaking (Baena et al. 2010; Ferring et al. 2011). Together with Acheulean finds from Africa (Semaw et al. 2020), these findings prove that a small brain in the people of Dmanisi is not an argument for non-human intelligence. All in all, there are therefore good arguments for interpreting Homo erectus from Dmanisi as genuine humans from a basic type perspective.
Inhalt
1. Einleitung
2. Das Grundtypmodell der Homininen nach Brandt (2017)
3. Die Schädelflächenvergleiche nach Schroeder et al. (2017)
3.1 Die Methode der Schädelflächenvergleiche
3.2 Die Schädelvergleiche nach einzelnen Fossilien
3.3 Die Ergebnisse der Schädelanalysen auf Artniveau
3.4 Diskussion der Schädelvergleiche
4. Wie menschlich war Homo erectus aus Dmanisi?
4.1 Wie menschenähnlich waren die fünf Schädel aus Dmanisi?
4.2 Waren die Schädel von Dmanisi außergewöhnlich klein?
4.3 Wie menschlich war das Körperskelett aus Dmanisi?
4.4 Welche menschlichen Fähigkeiten legen die Steinwerkzeuge aus Dmanisi nahe?
4.5 Parallelen zwischen Homo erectus aus Dmanisi und Afrika belegen hohe kognitive Fähigkeiten trotz kleiner Schädel
4.6 Exkurs: Wie menschlich war „Homo“ habilis?
5. Fazit
Glossar
Anhang
Literatur
Der Artikel wurde am 08.11.2022 aktualisiert.
Eine gekürzte und leichter verständliche Zusammenfassung des Fachartikels findet sich hier: https://genesis-net.de/n/303-0/