Ben Stein: „Expelled. Intelligenz streng verboten.“
DVD, 93 Minuten, Premise Media Corp., Deutsch von Dreilindenfilm Berlin.Nachfolgend eine Rezension von Reinhard Junker:
Der in den USA bekannte Journalist Ben Stein geht der Frage nach, warum die Lehre des „Intelligent Design“ (ID) in der Wissenschaft einen so schweren Stand hat, ja sogar unterdrückt wird. Warum wird die Frage nach einem intelligenten Urheber in der Erforschung des Ursprungs der Lebewesen und des Weltalls faktisch nicht zugelassen? Ben Stein sieht die Freiheit, die er als einen Grundpfeiler der amerikanischen Gesellschaft betrachtet, bedroht, jedenfalls im Bereich der Wissenschaft, es gebe keine Freiheit in der Forschung, jeder Frage nachzugehen.
Nach kurzen Statements einiger Wissenschaftler, die ID mit z. T. markigen Worten ablehnen, werden eingangs vier Wissenschaftler und eine Lehrerin vorgestellt, die große berufliche Schwierigkeiten bekamen, weil sie sich für einen offenen Umgang mit den Ansatz des Intelligenten Designs stark gemacht haben (z. T. ohne diese Position selbst zu vertreten). Ihre Erfahrungen dokumentieren einen starken Druck, innerhalb des Mainstreams zu verharren, wenn die wissenschaftliche Karriere nicht in Gefahr geraten soll.
Ben Stein stellt im Folgenden in Interviews einige Wissenschaftler vor, die ID vertreten. Paul Nelson, William Demsbki, Stephen Meyer, Jonathan Wells und David Berlinski kommen zu Wort und erklären den Unterschied zwischen ID und Kreationismus (bei ID gehe es nicht um Glauben, während der Kreationismus von der biblischen Schöpfungslehre ausgehe) und erläutern einige grundsätzliche Kritikpunkte an der Evolutionstheorie. Die Positionen der Interviewten sind dabei nicht einheitlich. Dembski sagt, dass Evolution vom ID-Standpunkt aus akzeptabel sei, Wells dagegen spricht von korrumpierten Fakten und verdrehten Beweisen, die für Evolution angeführt würden, und Berlinski kritisiert, dass die Evolutionstheoretiker durchweg mit unklaren Begriffen und unscharfen Aussagen operierten. Einige Zeit wird dafür verwendet, die offenen Fragen der Entstehung des Lebens zu erläutern.
Es folgen einige sehr unterschiedliche Statements von Wissenschaftlern zum Verhältnis von Wissenschaft und Glaube. Sie reichen von „schließen sich nicht aus“ bis „Evolution zerstört den Glauben“ und „Darwinismus führt zum Atheismus“. Andere akzeptieren Religion als „Freizeitspaß“, der akzeptabel sei, solange man sich nicht in die Wissenschaft einmische. Einige Wissenschaftler berichten, dass sie durch die Akzeptanz der Evolutionstheorie zu Atheisten wurden.
Gegen Ende des Films kommt ein Interview mit Richard Dawkins (der auch zwischendurch mit krassen Statements zu Wort kommt). Auf das unerbittliche Nachfragen des Journalisten hin räumt Dawkins ein, dass wir nicht wüssten, wie das Leben entstanden sei, es wird sehr deutlich, dass die Vorstellung einer Lebensentstehung ohne Schöpfer eine weltanschauliche Überzeugung ist, die nicht auf wissenschaftliche Ergebnisse verweisen kann. Dawkins räumt sogar ein, dass er ID nicht grundsätzlich ausschließen könne; Ben Stein zieht den Schluss, dass Dawkins gegen einen bestimmten Designer sei, den Gott der Bibel. Dawkins stellt sich hier selbst ins argumentative Abseits. Danke, Ben Stein, für das Nachbohren, möchte man hier spontan sagen!
Die weltanschauliche Verflochtenheit der Kontroverse um Design wird nicht nur hier deutlich. Dies durch viele Statements von ID-Gegnern offenzulegen ist eines der Verdienste von „Expelled“. Nein, ID wird nicht außen vorgehalten, weil die Methodik der Wissenschaft das erfordere, sondern weil ein Bezug auf einen Schöpfer in den Ursprungsfragen der Biologie unerwünscht ist. Man dürfe „alle Möglichkeiten testen, außer dass es beabsichtigt war“, sprich, dass ein Schöpfer am Werke war. Damit wird eine mögliche Antwort von vornherein ausgeblendet und dieser Ausschluss wird durch wissenschaftliche Akademien, Zeitschriftenredaktionen und sogar durch Gerichtsentscheide durchgesetzt.
Einigen Raum erhält auch der Darwinismus als Wegbereiter für Nazismus, wobei Ben Stein bemerkt, dass von Darwin bzw. dem Darwinismus der Weg nicht notwendigerweise zum Nazismus führt, diesen jedoch inspiriert habe. Dieser Unterschied hätte deutlicher zum Ausdruck kommen sollen. Einige zitierte Passagen aus Darwins Buch „Die Abstammung des Menschen“ (1871) machen nachdenklich.
Den Charakter einer weltanschaulichen Auseinandersetzung untermalt der Film mit häufig eingestreuten Schwarzweiß-Szenen aus dem Dritten Reich, vom Kalten Krieg und der Berliner Mauer, mit Duellier- und Streitszenen und anderem mehr. Man kann über dieses Stilmittel unterschiedlicher Meinung sein und manche dieser Szenen als unnötige Emotionalisierung empfinden. Insbesondere den Vergleich mit der Berliner Mauer werden viele Deutsche anders empfinden bzw. wesentlich differenzierter sehen als das hier präsentierte Schwarz-Weiß Schema eines Amerikaners. Nichtsdestotrotz: Gerade der Vergleich mit der Mauer ist in der Hinsicht, für die er verwendet wird, nachvollziehbar: So wie die Mauer vor kritischen Einflüssen schützen sollte, so schottet sich die Wissenschaftsgemeinde vor fundamental-kritischen Rückfragen ab. Ja, Evolution darf kritisch analysiert werden, aber nur solange man im Rahmen des Naturalismus bleibt. Wir wissen von einer Reihe von Beispielen auch hierzulande, dass jedes Ausscheren aus diesem Denkrahmen Exkommunikation bedeutet. Freiheit der Forschung gibt es – so Ben Stein – nur für diejenigen, die auf der richtigen Seite der Mauer stehen.
Aus der Sicht eines Mitarbeiters von Wort und Wissen ist noch anzumerken, dass der Film kein christlicher Film ist. Das ist keine Kritik, sondern eine Feststellung, die vor falschen Erwartungen schützen soll. Es geht nur um „Intelligent Design“, also um die Frage, ob hinter der Entstehung der Lebewesen ein schöpferischer Wille steht. Die biblische Schöpfungslehre ist kein Thema des Films!
Es kommen sehr verschiedene Persönlichkeiten zu Wort, die ein breites Spektrum von Meinungen verkörpern. Der Film lässt dies oft unkommentiert und gibt hier kaum Orientierung. Das allerdings ist auch nicht die Aufgabe eines Journalisten. Der Film bietet somit viele Diskussionsanstöße, aus denen man sich seine eigene Meinung formen muss.
Auch manches, was ID-Befürworter sagen, stößt nicht auf ungeteilte Zustimmung des Rezensenten. So sollte nicht der Eindruck erweckt werden, ID habe nicht mit Glaubensdingen zu tun – es ist schließlich völlig in Ordnung, dass es Bezüge zum christlichen Glauben gibt, solange methodisch sauber vorgegangen wird. Die Behauptung, Beweise würden korrumpiert (Wells) oder die Evolutionstheorie arbeite nur mit unklaren Begriffen, erscheint mir deutlich übertrieben. Auch an der Präsentation des Zusammenhangs von Darwins Lehre und Hitler werden sich manche zu Recht stören. Der im Film unterschwellig, aber leider wirkungsvoll transportierte Generalverdacht, Darwin (oder die Evolutionsbiologie) sei für den Nationalsozialismus verantwortlich, trägt ideologische Züge. Man hätte viel deutlicher herausstellen müssen, dass die allermeisten Evolutionsbiologen eben keine Anhänger der Naziideologie sind, sondern primär gute Wissenschaft machen wollen. Manche Äußerungen klingen schon fast übertrieben wissenschaftsskeptisch. Hier könnte man im Detail noch manch kritisches Argument nennen. Doch das mindert den Wert des Filmes kaum, der vor allem darin besteht, auf ein echtes Problem hinzuweisen: dass unter dem Deckmantel von Wissenschaftlichkeit eine freie Diskussion über einen Schöpfer in der akademischen Welt weithin nicht mehr möglich ist. Es ist gut, hierzu verschiedene Äußerungen original zu hören, etwa aus dem Munde von Richard Dawkins. Hier kann der Film helfen, ein Problembewusstsein zu schaffen und daher sollte er bekannt werden.
Zuletzt sei noch angemerkt, dass der Film handwerklich sehr gut gemacht und dass die Synchronisation bestens gelungen ist.