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R. Haupt, W. Lachmann, S. Schmitz: „Ethische Brennpunkte im Unternehmen“

Buchvorstellung von Reinhard Haupt
Hänssler, 2007, Tb., 160 Seiten, mit Abb.


Thomas Mann lässt in den „Buddenbrooks“ das Mahnwort des Firmengründers zu Wort kommen: „Mein Sohn, sey mit Lust bey den Geschäften am Tage, aber mache nur solche, dass wir bey Nacht ruhig schlafen können!“ Mutet dieses ehrwürdige Unternehmensleitbild nicht heute, unter dem Eindruck von Millionenabfindungen, Milliardenbilanzfälschungen und Billionenstaatsschulden, wie eine wehmütige Erinnerung an eine vergangene heile Wirtschaftswelt an?

Experten aus der akademischen Wirtschaftswissenschaft und aus der Unternehmensverantwortung greifen in diesem Band, der aus einer Tagung (2004) der Studiengemeinschaft Wort und Wissen e.V. und der Gesellschaft zur Förderung von Wirtschaftswissenschaften und Ethik e.V. hervorgegangen ist, besondere Brennpunktprobleme der Wirtschafts- und Unternehmensethik auf. Zu diesen ethischen Schlüsselfeldern gehören etwa die Unternehmensführung im Gesamten, die Gewinnorientierung des Wirtschaftens überhaupt, ferner die Finanzwelt und das Absatzwesen. Gerade diese neuralgischen Themenkreise verbinden sich in der öffentlichen Meinung mit einer kritischen Sicht gegenüber der Wirtschaft. Daher können unternehmensethische Einsichten zu diesen Fragen auch zu einem nachhaltigeren Verständnis der gesellschaftlichen Öffentlichkeit für ökonomische Grundlagen beitragen.

So setzt sich zum Beispiel Joachim Loh, geschäftsführender Gesellschafter eines erfolgreichen mittelständischen Haushaltsgeräteherstellers, mit Wertmaßstäben in der unternehmerischen Verantwortung auseinander. Nur zu leicht geraten Ethikprinzipien mit einem raueren Marktklima ins Abseits. Ethische Unternehmensführung bedeutet ja keine Idylle und Hobbytugend, sondern sie muss sich in der Alltagsrealität des Konkurrenzkampfes bewähren. Hier können zunächst verbindliche und transparente Wertvorgaben ein gewisses Durchhaltevermögen unterstützen, etwa durch Kodifizierungen in Form von Unternehmensleitlinien („Codes of Ethics“). Vor allem aber müssen persönliche Maßstäbe der Verantwortungsträger hinzutreten. Eine vorgelebte Wertekultur ist unersetzlich, gerade im Blick auf begabte Nachwuchsführungskräfte, die durch eigene moralische Schwächen (Begehrlichkeit, Bestechlichkeit) bedroht sind. „Wertekultur“ bedeutet eine Identität von Reden und Tun, bedeutet Transparenz und Konsequenz: „sagen, was man tut“ und „tun, was man sagt“.

Der Nürnberger Ökonom Wolfgang Harbrecht begründet – eher entgegen dem gängigen öffentlichen Klischee -, wie wichtig die Erzielung von Unternehmensgewinnen und deren Wiederanlage in innovative Geschäftsfelder ist. Denn von dieser Kapitalausstattung zukunftsträchtiger Arbeitsplätze leben auch die Beschäftigungschancen und -verdienste der Arbeitnehmer. Die Sparleistung der Unternehmenseigentümer bringt die für unseren Wohlstand notwendige Kapitalbildung hervor und muss aus volkswirtschaftlicher und ethischer Sicht grundsätzlich positiv bewertet werden.

Der ehemalige Bundesbankdirektor Jürgen Müller behandelt Moralaspekte im Bankenwesen. Die gesellschaftliche Sensibilität gegenüber dem Geldgewerbe, ob berechtigt oder unberechtigt, übt einen erheblichen Druck auf die Bank aus, vielleicht mehr als dies ein Dienstleister oder ein Handwerksbetrieb in der öffentlichen Diskussion zu spüren bekommt. Daher darf ein Blick auf ethische Brennpunkte im Bankgeschäft nicht fehlen. Dabei muss zunächst nicht unbedingt an massives Fehlverhalten in der Bankwirtschaft gedacht werden, sondern an eher beiläufige unsolide Praktiken der Geschäftspolitik. Ein Bespiel bietet die Undurchsichtigkeit von Bankgebühren. Gravierendere Ethikherausforderungen verbergen sich hinter dem vertraulichen Umgang der Bank mit Informationen über die Geschäftslage der Kreditkunden. Hier kann schon ein vorschneller Zungenschlag einer öffentlichen Äußerung die Reputation des Kreditnehmers schädigen – man denke an den Umgang der Deutschen Bank mit der Insolvenzgefährdung der Kirch-Gruppe!

Besonders der Absatzbereich von Unternehmen ist in der öffentlichen Wahrnehmung mit negativen Assoziationen besetzt („Klinkenputzen“, „Drückerkolonnen“, „Aufschwätzen“). Stephan Schmitz, Marketingleiter einer Sparte eines weltführenden Industriegasanbieters, thematisiert Ethikbrennpunkte im Vertrieb. Hier wird an konkreten betrieblichen Anwendungsbeispielen der industriellen Vertriebspraxis, z.B. im Produktmanagement, im Distributionswesen, in der Preispolitik usw., das Ethikpotenzial von Leitlinien für den Vertrieb illustriert.

Eine tragende Motivation für wahrnehmbare und dauerhafte Ethikprinzipien wächst aus Glaubensüberzeugungen und biblischen Prägungen. Die Tagung „Ethische Brennpunkte im Unternehmen“ schloss seinerzeit mit einem Gottesdienst unter dem Leitthema „Handelt damit, bis ich wiederkomme“ (Lukas 19, 13). Diese Aufforderung nimmt dem scheinbaren Widerspruch zwischen Erfolg und Ethik seine Schärfe. Sie bagatellisiert nicht die Reibflächen und Konfliktlagen zwischen wirtschaftlichen und moralischen Ansprüchen, aber sie drückt doch eine ganze Bejahung sowohl der Unternehmensführung als auch der Wertebindung aus.

Reinhard Haupt, Stephan Schmitz, Werner Lachmann Ethische Brennpunkte im Unternehmen 3,00 *

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