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Wort-und-Wissen-Info 1/2012


 

Liebe Freunde von Wort und Wissen!

Vor wenigen Wochen erschien eine Ausgabe des „HauskreisMagazin“, die sich dem Thema „Zurück zu den Ursprüngen: Der Schöpfer und sein Werk“ widmet. Das Heft enthält sechs Einheiten über „Schöpfung, Sündenfall, Mann und Frau und die Sintflut“.

Etwas betroffen las ich in der Ankündigung des Newsletters von jesus.de einige Zeilen des Redaktionsleiters Christof Klenk: „Als wir beschlossen, ein HauskreisMagazinzur Urgeschichte zu machen, gab es viele, die uns rieten, die Diskussion über Evolution und Schöpfung außen vor zu lassen. Man könne da nur verlieren. Wenn Hauskreise bei dieser Diskussion landeten, hätten sie keinen Blick mehr für die tiefgründigen Inhalte und die Schönheit der ersten Kapitel der Bibel, wurde gewarnt.“ Ich lese bzw. höre das nicht zum ersten Mal. Dass es zur Frage des Verhältnisses von Schöpfung und Evolution verschiedene Meinungen unter Christen gibt, ist eine Tatsache. Wie sollen wir damit umgehen? Einen Bogen um dieses Thema machen? Können wir wirklich nur verlieren?

Erfreulicherweise hat sich die Redaktion des HauskreisMagazin anders entschieden. Christof Klenk fährt fort: „Die Gefahr sehe ich auch und deshalb steht die Frage, wie Gott die Erde nun tatsächlich gemacht hat, nicht im Fokus des neuen HauskreisMagazins. Trotzdem haben wir das Thema nicht ignoriert. Es hilft ja nichts, die Auseinandersetzung einfach totzuschweigen. Spätestens, wenn unsere Kinder fragen, wie sie das, was sie in der Schule lernen, mit dem, was sie im Kindergottesdienst hören, zusammenbringen sollen, werden wir Stellung beziehen müssen. Einen Anhaltspunkt kann hier die Diskussion im HauskreisMagazin liefern, wenn auch keine letzte Antwort. Vier Christen erläutern ihren persönlichen Standpunkt und ihre Antworten gehen durchaus auseinander. Dahinter steckt die Überzeugung, dass Christen in der Lage sind, auch im Hauskreis verschiedene Sichtweisen auszuhalten, ohne sich gegenseitig den Glauben abzusprechen.“

Dieser Überzeugung möchten wir uns als Studiengemeinschaft Wort und Wissen anschließen. Wenn die Frage nach Schöpfung und Evolution nicht gestellt wird, gilt der Standard, die Mehrheit, der Mainstream. Und das können Christen sich nicht wünschen, denn der lautet unterm Strich, dass ein Schöpfer überflüssig ist. Christof Klenk hat den springenden Punkt angesprochen. Unsere Kinder geraten in Spannungen, in denen ihnen dann niemand wirklich helfen kann. Das wurde mir vor wenigen Tagen auch von Mitarbeitern der „Kinder-Evangelisations-Bewegung“ (KEB) so gesagt, die mich zu einer Mitarbeitertagung eingeladen hatten, um ihnen Hilfestellung in Fragen um Schöpfung und Evolution zu geben.

Aber nicht nur unsere Kinder stehen im Regen, wenn wir um dieses Thema einen Bogen machen. Auch allen Gemeindegliedern, die dieses Thema beschäftigt, geht es nicht besser. Wird nicht offen darüber gesprochen, schwelen die Fragen und (Denk-)Konflikte unterschwellig weiter. Das Thema wegzuschieben oder sich mit unreflektierten und inkompetenten Antworten zu behelfen, ist schädlich.

Als Studiengemeinschaft Wort und Wissen wollen wir einen Beitrag zu einer offenen Diskussion leisten. Wir sind davon überzeugt, unsere Position biblisch begründen zu können, wollen aber mit Christen, die zu einem anderen Urteil kommen, respektvoll umgehen. Und wir hoffen, dass dies anders herum auch geschieht. Die unvermeidlichen Spannungen sollen aber nicht dadurch gelöst werden, dass man sich zurückzieht.

Unser früherer Vorsitzender Theo Ellinger hat uns in diesen kontroversen Auseinandersetzungen in diesem Zusammenhang immer wieder an ein Wort des Paulus erinnert: „Wahr sein in der Liebe“ (Eph 4,15) – eine herausfordernde Verbindung! Wir freuen uns über jeden, der sich auf diese Weise für die Wahrheit des Wortes Gottes einsetzt.

Ihr Reinhard Junker

 

„Die Akte Exodus“ – ein leider mangelhaftes Buch

Rezension von Peter van der Veen und Uwe Zerbst

Lennart Möller, Die Akte Exodus. Neue Entdeckungen über den Auszug aus Ägypten. Innercube Gmbh, Düsseldorf, 2010, 448 S., 29,90 €.

Der Untertitel dieses reich illustrierten Buches verspricht dem Leser neue Informationen. Es geht im größten Teil des Buches (Teil II-IV, S. 104-436) um den Auszug und die Marschroute der Israeliten durch die Wüste. Außerdem behandelt der Autor viele weitere Fragen, worauf Bibelleser schon lange Antworten bekommen wollten. Der Autor will mehrere Personen der Bibel identifiziert haben, z. B. Josef in Ägypten (Teil I), Mose, seine Adoptivmutter und den Pharao des Exodus (Teil II). Auch die Lokalisierung von Abrahams Ur und den Untergang der Städte Sodom und Gomorra kommen zur Sprache (Teil I). Darüber hinaus wagt sich der Autor an schwierige innerbiblische und ägyptische chronologische Fragen. Viele Bilder, Karten und Diagramme laden den Leser dazu ein, sich mit dem Thema zu befassen.

Wirklich neu sind die Information des Buches allerdings insofern nicht, als die englische Fassung bereits 2000 veröffentlicht wurde. Kurz danach haben der Hänssler-Verlag und der Brockhaus-Verlag eine Veröffentlichung in deutscher Sprache abgelehnt. Warum diese Zurückhaltung, wenn das Buch doch vor allem für bibeltreue Christen wichtige Hinweise für die Richtigkeit der Bibel verheißt? Der Grund dafür ist schlicht und ergreifend, dass das Buch so schwerwiegende inhaltliche und methodische Fehler enthält, dass man es nicht guten Gewissens empfehlen kann. Auch wenn der deutsche Verleger Martin Severin wiederholt betont hat, es ginge doch in erster Linie um die geographische Lage des Berges Sinai (den Möller nicht wie gewohnt in der Sinai-Wüste, sondern in Nord-Arabien vermutet), so nehmen doch viele andere Argumente einen beträchtlichen Teil des Buches ein. Und nicht einmal die von Möller vorgeschlagene Lage des Berges kann überzeugen, denn im Lichte ägyptischer Texte befinden sich die Orte des Exodus sehr viel näher an der Ostgrenze Ägyptens (s. unten Punkt 4).

Einige gravierende Fehler sollen im Folgenden beispielhaft benannt werden. Sie stellen jedoch nur die Spitze des Eisberges dar.

1. Josef = Wesir Imhotep (S. 67ff.). Zwar erwähnt eine ptolemäische Inschrift aus dem 3. Jh. v. Chr. eine siebenjährige Hungersnot zur Zeit Pharao Djozers (27. Jh. v. Chr.!), des Dienstherrn Imhoteps. Das ist jedoch bereits alles, was Josef und Imhotep verbindet. Letzterer lebte nämlich zur Zeit des Alten Reiches. Selbst wenn man größere Fehler in der ägyptischen Chronologie zulässt, würde ihn immer noch mehr als ein halbes Jahrtausend von Josef trennen. Imhotep war kein Israelit. Sein Vater war ein ägyptischer Adliger namens Kanefer, seine Mutter hieß Khereduankh und seine Frau Renpetnefret. Die Behauptung von Möller, Imhotep sei in Wirklichkeit der Sohn Jakobs aus Kanaan, hat daher keinerlei archäologische Stützen.

Abb. 2: Grab aus Jericho am Ende der Mittleren Bronzezeit (British Museum. London). Die stark befestigte Stadt Jericho wurde bereits vor der 18. Dynastie während eines Erdbebens zerstört. Im von Lennart Möller vorgeschlagenem Modell fehlen die archäologischen Hinweise einer Landnahme. (Foto: Peter van der Veen)

2. Moses = Pharao Thutmosis II. (S. 126ff.). Wenn Mose wirklich eine Zeitlang König von Ägypten gewesen wäre, wäre es sehr erstaunlich, dass der biblische Schreiber davon nichts berichtet. Aber davon abgesehen: Thutmosis II. war nachweislich nicht der Sohn des Israeliten Amram (2. Mose 6,20), sondern der Sohn seines Vorgängers Pharao Thutmosis I. und dessen Nebenfrau Mutnofret. Er wurde auch nicht wie Mose 120 Jahre alt, sondern starb bereits mit 30 Jahren. Seine Mumie wurde im königlichen Verlies in Deir el-Bahri in Ober-Ägypten gefunden. Der Fund erlaubte es zudem, die Blutsverwandtschaft mit Thutmosis I. einwandfrei nachzuweisen. Die Idee, Thutmosis II. mit Mose gleichzusetzen, ist absurd.

3. Tutanchamun = Pharao des Auszugs (S. 162ff.). Möller datiert den Exodus auf die Zeit Tutanchamuns (konv. 1332-1323 v. Chr.). Damit die zeitliche Einordnung passt, schiebt er das Datum dieses Königs (und seiner Zeitgenossen) um mehr als ein Jahrhundert nach oben – auf 1454-1446 v. Chr. Er macht ihn zudem zum Zeitgenossen des Pharao Amenhoteps III. und zum Vorgänger von Echnaton. Möller weiß offenbar nicht, dass anhand der Königsmumie festgestellt wurde, dass Tutanchamun der Sohn Echnatons war, weshalb er auch erst ca. 20 Jahre nach Amenhotep regierte. Auch die relative Datierung der Landnahme gegen Ende der 18. Dynastie ist abwegig: Selbst wenn man Möllers ungerechtfertigter Zeitverschiebung folgt, fiele sie in Kanaan in die Spätbronzezeit IIA, als eine Stadt Jericho einschließlich ihrer berühmten Mauern seit mehreren Jahrhunderten nicht mehr existierte. Auch sonst finden sich in dieser Zeit keine wie immer auch gearteten Hinweise auf die Landnahme. Eine Inschrift im Ägyptischen Museum in Berlin lässt es zudem wahrscheinlich erscheinen, dass Israel lange vor Pharao Tutanchamun in Kanaan siedelte. Letzteres konnte Möller noch nicht wissen, aber die anderen lange bekannten Fakten lassen seine Unbekümmertheit im Neuordnen der Geschichte sehr fahrlässig erscheinen.

4. Die Exodus-Route (S. 176ff.). Selbst Möllers Vorschlag, dass die Israeliten das Rote Meer östlich der Sinai-Wüste überquerten, widerspricht den biblischen Angaben. Die dort erwähnten Orte des Exodus (Ramses, Sukkoth, Etham, Jam Suf, Pihachirot, Migdol usw.) lassen sich gut mit Orten aus ägyptischen Quellen (Pi-Ramesse, Tjeku, iw ‘tm, p3 twfi, Hnt H3-r-ti, Migdol, usw.) identifizieren. Diese befinden sich jedoch nicht in der Nähe des Roten Meeres, sondern ganz klar an der Nordostgrenze Ägyptens zur westlichen Sinai-Wüste.

5. Horeb = Jebel al-Lawz in Arabien (S. 263ff.). Möller schlägt die Gleichsetzung des biblischen Berges mit dem Berg Jebel al-Lawz in Nord-Arabien vor. Dort wollen er und seine Kollegen Denkmäler der Israeliten (einen mutmaßlichen Opferaltar und Säulen) entdeckt haben. Die Identifizierung ist jedoch archäologisch völlig abwegig. Zudem ignoriert Möller Ausgrabungen saudischer Archäologen, die anhand der aufgefundenen Keramik zeigen konnten, dass es sich bei den Funden um nabatäische Bauten aus dem 2. Jh. v. Chr. bis 1. Jh. n. Chr. handelt. Auch die Inschriften in der Nähe stammen nicht von Israeliten um 1400 v. Chr., sondern von den altarabischen Völkern, die hier um 600-400 v. Chr. siedelten. Genauere Untersuchungen erwiesen diese Inschriften als thamudisch. Auch die sog. Säulen aus Nuweiba am „Roten-Meer-Übergang“, mit denen Salomo den Ort des Durchzugs markiert haben soll, stammen mit Sicherheit nicht aus der Zeit Salomos, sondern können stilistisch zweifelsfrei der hellenistisch-römischen Zeit zugeordnet werden.

Abb. 1: Peter van der Veen diskutiert über den „Israel-Stein“ mit Mitarbeitern des Ägyptischen Museums in Berlin. Wenn die Lesung des Steins stimmt, dann muss Israel lange vor Tutanchamun in Kanaan eingezogen sein. (Foto: Richard Wiskin; mit freundlicher Genehmigung des Ägyptischen Museums, Berlin)

Fazit. Die hier erwähnten archäologischen Befunde stehen den Thesen Möllers so deutlich und vielfältig entgegen, dass ihre Verbreitung mehr als fragwürdig ist. Wir sind davon überzeugt, dass der Auszug der Israeliten aus Ägypten so vonstatten ging, wie es die biblischen Texte beschreiben, und wir freuen uns über jede archäologische Bestätigung, doch müssen diese den Tatsachen entsprechen. Das ist in Möllers Buch leider so häufig nicht der Fall, dass wir das Buch nicht empfehlen können.

 

Kontroverser Sammelband zur Ursprungsfrage

Rezension von Reinhard Junker

Im Herbst 2011 erschien dieser Sammelband mit 13 Beiträgen von 12 Autoren zum Thema Teleologie in der Biologie. In allen Beiträgen geht es in irgendeiner Weise um die Frage, ob und ggf. wie argumentiert werden kann, dass bei der Entstehung der Lebewesen Planung, Zielsetzung, Schöpfung im Spiel war. Alle diese Begriffe können mit dem Sammelbegriff „Teleologie“ zusammengefasst werden. Damit ist die Lehre von den Zwecken und von der Zielgerichtetheit von Vorgängen gemeint. Man kann auch von geistiger Verursachung sprechen.

Gibt es Zwecke in der Natur, die auf einen Zwecksetzer – sprich einen Schöpfer – hinweisen? Kann man anhand von Merkmalen der Lebewesen auf geistige Verursachung schließen? Die Autoren des von Christoph Heilig und Jens Kany herausgegebenen Sammelbandes „Die Ursprungsfrage. Beiträge zum Status teleologischer Antwortversuche in der Naturwissenschaft“ geben auf diese und weitere Fragen rund um Design und Teleologie in der Biologie teilweise gegensätzliche Antworten.

In einem einführenden Teil gibt Christoph Heilig einen systematischen Überblick über verschiedene Antworten auf die Ursprungsfrage und Jens Kany zeichnet einige historische Linien über Antworten zur Ursprungsfrage nach.

Im zweiten Teil geht es in sieben Beiträgen um verschiedene Aspekte des Design-Arguments. Reinhard Junker befasst sich mit dem abduktiven Schluss in der Ursprungsfrage; Thomas Waschke geht der Frage nach, ob sich durch Michael Behe (bekannt durch das Buch „Darwin’s Black Box“ und das Argument der „nichtreduzierbaren Komplexität“) am Design-Argument seit Paley (1802), einem seinerzeit einflussreichen Theologen, etwas geändert habe; Christoph Heilig befasst sich in seinem zweiten Beitrag mit „anonymem“ und „spezifischem Design“. Jens Kany und Henrik Ullrich thematisieren wissenschaftstheoretische Aspekte im Zusammenhang mit Naturwissenschaft und Evolutionstheorien, Josef Bordat thematisiert „Intelligent Design als Grenzgang zwischen Evolutionstheorie und Schöpfungsglauben“ und schließlich geht der bekannte Philosoph Robert Spaemann auf die Beziehung zwischen Deszendenz (Evolution) und intelligentem Design ein.

Der dritte Teil des Bandes steht unter der Überschrift „Zwecke in der Natur?“ Drei Autoren – Markus Rammerstorfer, Markus Widenmeyer und Hans-Dieter Mutschler – bejahen grundsätzlich die Existenz von Zwecken in der Natur, während das Autorenduo Mathias Gutmann und Willem Warnecke im letzten Beitrag des Bandes ebendies bestreiten und Zwecke in der Natur als Zwecksetzungen bzw. Zuschreibungen des Menschen betrachten.

Einige Beiträge des Bandes sind bereits in identischer oder ähnlicher Form an anderer Stelle erschienen. Der Beitrag von Markus Rammerstorfer beispielsweise ist eine Zusammenfassung wichtiger Argumentationslinien von zwei seiner Publikationen (siehe dazu Lebewesen und Design und Nur eine Illusion? – Biologie und Design). Dennoch findet sich auch für bereits einschlägig Belesene einiges an Neuem; gerade für dieses Publikum bietet das Buch eine weiterführende Diskussion. Aber auch für interessierte Einsteiger lohnt sich die Lektüre des Bandes von Heilig & Kany. Es ist ein Verdienst der Herausgeber, ein breites Spektrum von Autoren, Positionen und Argumenten zusammengebracht zu haben. Die Autoren haben ihre Beiträge unabhängig von den Beiträgen der anderen Autoren verfasst, wobei natürlich teilweise die Argumente aus anderen, früheren Publikationen bekannt waren, so dass manche Autoren auf die Argumente der Gegenposition eingehen. Dies geschieht aber insgesamt relativ wenig, so dass die gegensätzlichen Positionen weitgehend unverbunden nebeneinander stehen. Es bleibt dem Leser überlassen, seine eigenen Schlussfolgerungen zu ziehen und er muss sich selbst die Mühe machen, die einzelnen Beiträge zu vergleichen, was ja nicht schlecht ist, aber einige Mühe erfordert. Jedenfalls lädt der Band zu einer weiteren kontroversen Diskussion ein und dies ist auch konkret möglich auf dem von Christoph Heilig neu eröffneten (aber Stand 2019 nicht mehr aktiven – Anmerkung der Online-Redaktion) Blog http://ursprungsfragen.blogspot.com. Dort sind die Zusammenfassungen einiger Beiträge veröffentlicht und es kann darüber diskutiert werden. Allerdings ist eine Lektüre der jeweiligen Artikel kaum verzichtbar, um in die Diskussion einsteigen zu können, denn dazu muss man auch die Argumente kennen. Die auf dem Blog bislang veröffentlichten Zusammenfassungen reichen dafür nicht aus.

Christoph Heilig ist einigen Lesern des W+W-Info sicher von seinem früheren Engagement bei Wort und Wissen bekannt. Daher mag es manche überraschen, dass er dem Design-Argument mittlerweile sehr kritisch gegenüber steht. Die Gründe legt er in seinem zweiten Artikel dar, der über 1/6 des gesamten Buches ausmacht. Markus Widenmeyer und ich haben dazu eine Entgegnung verfasst, in der zunächst das von Heilig kritisierte Design-Argument und dann dessen Kritik daran erläutert werden, bevor eine Entgegnung folgt. Ebenfalls in diesem Artikel wird der Beitrag von Gutmann & Warnecke beleuchtet. Er wurde veröffentlicht unter dem Titel Zwei Kritiken am Design-Argument (PDF, 11 Seiten, 250 KB).

Auf weitere Beiträge des Buches wird in einer ausführlicheren Version dieser Rezension eingegangen.

 

Wie Fliegen fliegen

Es ist schon seit einigen Jahren bekannt, dass Zweiflügler aus der Familie der Schmeißfliegen eine „Dreigangschaltung“ in Form eines mechanischen Bauteils im Flügelgelenk anwenden, um ihren Auf- und Vortrieb, aber auch die Flugrichtung zu steuern. Dies geschieht, indem die annähernd körperparallele Drehachse, um welche sich der Flügel beim Auf- und Abschlag bewegt, in drei verschiedenen Positionen von innen nach außen verlagert werden kann. Die sich dadurch ergebende unterschied¬liche Schlag-Amplitude sorgt für eine entsprechende Veränderung der effektiven Antriebsleistung. Durch eine unterschiedliche „Schaltung“ der beiden Flügel kann die Fliege ihren geschickten Kurvenflug realisieren.

Nun sind weitere Details der „Fliegen-Flugtechnik“ analysiert worden. Simon M. Walker, Adrian L. R. Thomas und Graham K. Taylor, Mitarbeiter der Zoologischen Abteilung der Universität Oxford untersuchten Fliegen der Familie der Schwebfliegen („Operation of the alula as an indicator of gear change in hoverflies.“ J. R. Soc. Interface, doi: 10.1098/?rsif.2011.0617). Einige Arten dieser Fliegen sind als Blattlausvertilger bekannt und gelten deshalb als „Nützlinge“ im Obst- und Gartenbau. Die Flugleistungen einiger Schwebfliegen-Arten sind legendär, denn sie können ähnlich den Zugvögeln als „Langstrecken-Zieher“ enorme Strecken zurücklegen und sogar die Alpen überqueren! Sie sind außerdem äußerst manövrierfähig und fallen durch ihre ruckartigen Flugbewegungen auf, die sich mit längeren Schwebphasen auf der Stelle abwechseln.

Stiftschwebfliege Sphaerophoria scripta (Foto: W. Borlinghaus)

Die Autoren haben nun mit Hilfe von Hochgeschwindigkeits-Zeitlupenaufnahmen und Computermodellen die Flügelbewegungen dieser „Flug-Experten“ genauer analysiert. Hierbei fiel ihnen speziell beim Kurvenflug der Fliege deren gezielter Einsatz einer sich jeweils am hinteren inneren Flügelrand befindlichen „Klappe“ (Alula) auf. Bei den Vögeln bezeichnet man spezielle Federn am Vorderflügel als Alula (Daumenfittich). Diese Auftriebshilfe verhindert den Strömungsabriss bei niedrigen Fluggeschwindigkeiten. Bei Flugzeugen werden entsprechende Klappen (flaps) sowohl am Vorder- als auch am Hinterrand der Tragfläche eingesetzt. Hintere Tragflächen-Klappen besitzen fast alle Fliegen der Unterordnung Brachycera. Sie nehmen bei den Schwebfliegen etwa 10% der Tragfläche in Anspruch. Die Zeitlupenaufnahmen zeigen, dass die Schwebfliegen (und vermutlich auch andere Fliegen) diese Klappe nutzen, um den Auf- und Vortrieb eines Flügels zu drosseln, indem sie diese nach unten klappen und eine geringere Schlagamplitude erzeugen. Da die Schwebfliegen-Alula während des Fluges bei beiden Flügeln unterschiedlich eingestellt werden kann (ähnlich der beobachteten „Dreigangschaltung“ von Schmeißfliegen), muss diese Funktionsweise als weiteres effizientes Steuerelement für den perfekten Kurvenflug angesehen werden. Wissenschaftler finden im entdeckten Mechanismus eine Anregung und ein Vorbild für das Design moderner Fluggeräte, die, entsprechend intelligent ausgestattet, ähnlich fehlerfreie Flugmanöver durchführen könnten wie eine Schwebfliege. Sollte ihr Vorbild ohne Planung entstanden sein?

W. Borlinghaus

 

Eine Nachlese zum OPERA-Experiment und schnellen Neutrinos

Vor einigen Monaten gingen Schlagzeilen durch die Presse, wonach das Weltbild der modernen Physik widerlegt sei. Grund dafür waren Messungen von Überlichtgeschwindigkeit von Neutrinos. Dies würde tatsächlich Modelländerungen erfordern, doch noch ist nicht klar, ob ein Messfehler vorliegt.

Gigantische Teilchenbeschleuniger im Stile des LHC (Large Hadron Collider) in der Schweiz oder dem Fermilab in den USA sind als Milliardengräber im wahrsten Sinne des Wortes nicht unumstritten. Zu wenig Nützliches kommt aus den Tunneln als Forschungsergebnisse hervor, lautet oft der Vorwurf.

Es scheint als ob die Organisationskomitees der jeweiligen Beschleuniger deshalb besonders darauf aus sind, große Schlagzeilen zu machen, um diesen Bedenken zuvorzukommen und den weiteren Betrieb des Projekts zu gewährleisten. Aus den Sensationsmeldungen der Presse kann man dann meist nicht mehr erkennen, welche Bedeutung ein Befund tatsächlich hat.

So war es auch im September 2011, als die Mitarbeiter eines Teilchendetektors namens „OPERA“, der in Mittelitalien liegt, mit der Entdeckung von „Neutrinos schneller als das Licht“ (z. B. Spiegel-online, 23. 10.) überraschte. Die Meldungen überschlugen sich – „Einstein muss zittern“ (6. 10.) schrieb die FAZ, der Tagesspiegel meinte gar „Wenn die Ergebnisse[…] stimmen, würde damit das gesamte Weltbild der modernen Physik widerlegt“. Andererseits wurde wild spekuliert, was bei der Messung alles schief gelaufen sein könnte.

Bei Neutrinos handelt es sich um sehr kleine, schnelle, und fast vollkommen unsichtbare Teilchen, die nur selten mit normaler Materie zusammenstoßen. Für das Experiment wurden diese Neutrinos am CERN in der Schweiz künstlich produziert und in einem fokussierten Strahl durch das Gestein nach Italien geschickt (s. Abb.), wo die Neutrinos dann in sehr großen Absorberplatten registriert wurden. Der große Streitpunkt des Experiments ist der geringe Geschwindigkeitsüberschuss, der festgestellt wurde: 0,06 µs waren die Neutrinos auf 700 km Flugstrecke schneller als erwartet, was nur 0,02 % mehr als Lichtgeschwindigkeit bedeutet.

Das Experiment erforderte eine zuverlässige Bestimmung der Flugstrecke und Flugzeit über mehrere Jahre hinweg. Das wurde durch ein ausgeklügeltes System von Atomuhren und GPS-Positionierung bewerkstelligt, welches mit bewährten Methoden geeicht worden war. Nach wiederholter Überprüfung waren sich die Mitarbeiter der OPERA-Teams deshalb sicher, dass der gemessene Effekt außerhalb der üblichen Fehlertoleranzen liegt, also „echt“ ist. Entgegen den Pressemeldungen wurden bei der Analyse alle Effekte der Relativitätstheorie berücksichtigt und statistische Fehlerquellen beachtet oder beseitigt. Nachdem sich die anfängliche Aufregung gelegt hatte, verhielt sich deshalb zwischenzeitlich auch die Mehrzahl der Teilchenphysiker zurückhaltend. Seit wenigen Wochen wird jedoch ein Defekt an einer Kabelverbindung als mögliche Fehlerquelle in Betracht gezogen, so dass die Messung momentan als nicht aussagekräftig bewertet wird.

Mit Sicherheit wird mit der Messung, wie sie auch immer ausgehen wird, nicht „das gesamte Weltbild der modernen Physik widerlegt“. Abseits aller experimentellen Herausforderungen wird auch eine eventuell benötigte neue Theorie die bestehenden Modelle erweitern. Über ein „ob“ und „wie“ zu spekulieren, ist nach wie vor zu früh.

Was bleibt, ist die Vorläufigkeit des Ergebnisses, und die neuerlich bestätigte Gewissheit, dass all unser Wissen auf dünnen Beinen steht, was eine wertvolle Einsicht sein kann. Gleichzeitig zeigt der Verlauf der Dinge abermals, wie vorsichtig sensationsheischende Meldungen zu behandeln sind. Wir als Christen dürfen gewiss sein: Egal wie hoch wir bauen oder wie tief wir graben, nie können wir Menschen die Größe Gottes und seine Schöpfung ergründen (Pred. 8,17).

Nach Redaktionsschluss des gedruckten W+W-Info wurde gemeldet:

Es gibt nun Ergebnisse aus einem “ICARUS”-Experiment, das die schnellen Neutrinos aus dem OPERA Experiment überprüfen sollte:

http://www.nature.com/news/neutrinos-not-faster-than-light-1.10249
http://arxiv.org/abs/1203.3433

Dabei wurden die Ergebnisse von OPERA nicht bestätigt. Die sieben detektierten Neutrinos von ICARUS flogen allesamt mit Lichtgeschwindigkeit.

 

Dank und Anregung an unsere W+W-Freunde

An dieser Stelle wollen wir als Mitarbeiter uns herzlich bedanken für alle Begleitung unserer Einsätze und Arbeit mit ihrem Gebet. Wir erfahren das in vielfältiger Weise in den Bewahrungen auf den Fahrten, in vielen Begegnungen und Gesprächen. In den Vortragsveranstaltungen wird immer wieder aufs Neue deutlich, dass die eigentlichen Wirkungen nicht von dem ausgehen, was wir zu bieten und zu sagen haben. Wir sind mit Ihnen Gott dankbar dafür, dass er durch den Dienst von W+W-Mitarbeitern Menschen tröstet, ermutigt und ins Nachdenken über Gott bringt. Danke für die treue Begleitung im Gebet!

In Gesprächen haben wir immer wieder auch darüber nachgedacht, ob und wie wir die sozialen Netzwerke im Internet für unsere Arbeit nutzen können. Zuletzt kam auch auf einem Schülerwochenende das Gespräch darauf. Viele, vor allem junge Menschen kommunizieren intensiv über diese Medien. Wir möchten alle, die die Arbeit von Wort und Wissen kennen und schätzen, ermutigen, in ihrer Kommunikation auf die Informationen und Angebote der Studiengemeinschaft Wort und Wissen hinzuweisen und Links auf die W+W-Homepage (www.wort-und-wissen.de) und Genesisnet (www.genesisnet.info) weiterzugeben oder auf Veranstaltungen hinzuweisen.

Danke, dass Sie uns auch auf diese Weise darin unterstützen, die Arbeit von Wort und Wissen vielen Menschen auf allerlei Weise zugänglich zu machen!

Die Mitarbeiter der SG Wort und Wissen

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