Skip to main content

Wort-und-Wissen-Info 1/2000


Liebe Freunde von Wort und Wissen,

vom 22. bis 25. Juni findet die 17. jährliche Hauptkonferenz der Studiengemeinschaft Wort und Wissen statt. Nachdem wir uns letztes Jahr im Süden getroffen haben, kehren wir diesmal wieder ins Christliche Erholungsheim Rehe im Westerwald zurück, um mit Ihnen an altbekannter Stätte in angenehmer Atmosphäre zusammenzukommen. Zukünftig ist für die Hauptkonferenzen ein regelmäßiger Wechsel Süd – Mitte geplant.

Wir haben versucht, mit Vorträgen und Seminaren für Sie einen vielfältigen Querschnitt aus unseren aktuellen Arbeitsbereichen zusammenzustellen. Es ist uns daran gelegen, daß Sie die Arbeit unserer Mitarbeiter näher kennenlernen und die damit verbundene Zielsetzung nachvollziehen können. Dies soll die gegenseitige Verbundenheit fördern, an der uns sehr gelegen ist.

Den Beginn soll Reinhard Junker mit einem für die Arbeit der SG Wort und Wissen grundlegenden Thema machen: Leben durch Sterben? Vollzieht sich Schöpfung durch Evolution? Unter Christen wird diese Frage nach wie vor kontrovers diskutiert. Viele haben über den Zusammenhang zwischen der Evolutionstheorie und ihren Folgen noch nie nachgedacht. Der Referent wird aufzeigen, daß nicht weniger als das Evangelium Jesu Christi auf dem Spiel steht. Es sollen durch den Vortrag auch Tips vermittelt werden, wie die Bedeutung dieses Themas und die wesentlichen Inhalte in Gesprächen vermittelt werden können.

Die Vorstellung von „Schöpfung durch Evolution“ würde Bemühungen, eine kurze Erdgeschichte durch Daten zu begründen, erübrigen. Doch weil dies biblisch unhaltbar ist, forschen Mitarbeiter der Studiengemeinschaft iin den Geowissenschaften. Im Gegensatz zum Bereich der Evolutionskritik können wir in den Geowissenschaften kaum auf Zuarbeit Andersdenkender hoffen; entsprechend mühsam gestaltet sich die aufwendige Arbeit in diesem wichtigen Gebiet. Thomas Fritzsche und Martin Ernst werden uns hier genauere Einblicke vermitteln. Hier geht es vor allem um Zeitfragen. Thomas Fritzsches Vortrag Der mittelozeanische Rücken: Geburtsstätte neuer Erdkruste widmet sich der Frage, ob Indizien für viel kürzere Vorgänge als bislang angenommen vorliegen. Die Abkühlung magmatischer Gesteine in der Erdkruste ist ein langwieriger Prozeß. Während dies für kontinentale Gesteine immer noch gilt, haben sich die Vorstellungen über die Abkühlung ozeanischer Kruste grundlegend gewandelt. Spätestens seit der Entdeckung heißer Schlote auf dem Meeresgrund war klar, daß entlang der mittelozeanischen Rücken kaltes Meerwasser mehrere Kilometer tief in die Kruste eindringt und Wärme effektiv abführt. Thomas Fritzsche wird über Computersimulationen berichten, welche diese Prozesse nachbilden und die er im Rahmen des von W+W finanzierten Geothermie-Projekts durchführte. Die Ergebnisse unterstreichen zum einem, daß die Abkühlung rasch erfolgt, zum anderen weisen sie im Verbund mit jüngeren Forschungsergebnissen eher auf eine Deutungsvielfalt denn auf eine endgültige Erklärung hin.

Küste

Martin Ernst nimmt sich der häufig gestellten Frage an, ob und wie sich die biblische Sintlfut in den Erdschichten widerspiegelt. Sein Vortragsthema Sintflut und Geologie. Schritte zu einer biblisch-urgeschichtlichen Geologie deutet an, daß hier noch ein Weg zu gehen ist. Es wurden schon verschiedene Sintflutmodelle vorgeschlagen, doch weisen sie alle schwerwiegende Fragen auf, die bislang nicht befriedigend beantwortet werden konnten. Aufgrund der Komplexität des Themas ist eine schnelle Lösung kaum zu erwarten, doch kann in kleinen Schritten konkret daran gearbeitet werden. Wie das geschehen kann und welche Schritte bereits getan sind, zeigt Martin Ernst in seinem Vortrag.

Als weiterer grundlegender Beitrag ist das Thema Wissen und Wissenschaft unter Gott. Grundzüge einer christlichen Wissenschaftstheorie von Bernhard Kaiser vorgesehen. In den modernen Wissenschaftstheorien wird behauptet, daß wir nichts wirklich wissen könnten und nur ein Raten möglich sei. So aber kann Wissenschaft nur verstanden werden, wenn man sie ohne Gott betreibt. In der Praxis leben wir durchaus anders. Wir raten nicht, ob der Baum am Straßenrand nur eine Einbildung ist, sondern wir richten uns danach, daß er da steht. Waum das so ist und was das alles mit Schöpfungsforschung zu tun hat, ist Gegenstand des Referats.

Die SG Wort und Wissen befaßt sich nicht nur mit naturkundlichen Fragestellungen. Seit vielen Jahren kommt auch eine Arbeitsgruppe „Wirtschaftswissenschaften“ regelmäßig zu Tagungen zusammen. Der Leiter, Prof. Reinhard Haupt, referiert zum sehr aktuellen Thema Vom Wirtschaftswunder zur Wirtschaftskrise. Ursachen und Folgen des Werteverfalls. Der Werteverlust in unserer Gesellschaft, im alltäglichen und privaten Leben, in der öffentlichen und veröffentlichten Meinung, ist allgegenwärtig und hinterläßt seine Spuren in unserem Wirtschaftssystem. An aktuellen Entwicklungen, wie z. B. an der „Schattenwirtschaft“ oder an der Überbeanspruchung des sozialen Netzes, lassen sich die hintergründigen Belastungen der wirtschaftlichen Stabilität aufzeigen: Nicht nur Preise und Kosten, Renditechancen und Ertragserwartungen, sondern auch Einstellungen und Prinzipien, Haltungen und Denkweisen, bestimmen die Leistungsfähigkeit des „Standortes D“. Die Gesellschaft hat keinen Grund, die Bedrohung durch die Wertekrise und den Verfall des Wirtschaftswunders zu beschönigen. Aber sie hat auch keinen Grund, an der Zukunftshoffnung zu zweifeln, die in einer Werteerneuerung auf der Basis christlicher Überzeugungen und biblischer Maßstäbe liegt.

Aufgrund der positiven Resonanz von den letzten Hauptkonferenzen sollen auch dieses Jahr vier Seminargruppen angeboten werden, die zweimal abgehalten werden. D.h.: Sie können zwei der vier Gruppen besuchen. Die Themen stehen noch nicht fest; voraussichtlich wird u. a. ein Seminar über Radiokarbondatierung, über Israel in Ägypten sowie eine botanische Exkursion angeboten werden.

Darüber hinaus werden auch dieses Jahr aktuelle Berichte der Mitarbeiter präsentiert. Als Freunde und Förderer von Wort und Wissen sollen Sie über die Forschungsprojekte informiert sein und nachvollziehen, weshalb welche Forschungsprojekte unterstützt werden. Nutzen Sie die besondere Gelegenheit, mit den Mitarbeitern und den Mitgliedern des Leitunsgkreises ins Gespräch zu kommen. Besonders auf der Hauptkonferenz wollen wir für Sie da sein.

Wir hoffen auf reichen Besuch und ermutigende Kontakte untereinander und bitten um Gottes Leitung und Seinen Segen auf der Konferenz.

Seien Sie herzlich gegrüßt vom
Leitungskreis der Studiengemeinschaft Wort und Wissen.

Individuelle Freiheit versus staatliche Lenkung

Rückblick auf die Wirtschaft-Fachtagung

Vom 4. bis 7. November 1999 fand im Evangelischen Allianzhaus in Bad Blankenburg die jährliche Wirtschaftsfachtagung der Gesellschaft zur Förderung von Wirtschaftswissenschaften und Ethik e.V (GWE) und der Studiengemeinschaft Wort und Wissen e. V. statt. Zentrales Thema der Tagung war die Frage, wieweit der Staat das freie Spiel der Marktkräfte aus Sicht der christlichen Wirtschaftsethik regeln muß bzw. regeln darf.

Ausgangspunkt ist die Erkenntnis, die Professor Lachmann (Universität Erlangen-Nürnberg) in seinem Referat vermittelte, daß das Wettbewerbsprinzip nicht nur ein effizientes, sondern auch ein den christlichen Vorstellungen von Wirtschaften entsprechendes Prinzip ist. Diese Aussage wurde ergänzt durch die Ausführungen von Simone Wenzler (Dresden), die am Beispiel von Müller-Armack, einem der Väter der Sozialen Marktwirtschaft, aufzeigte, wie speziell die Soziale Marktwirtschaft mit den beiden Elementen Markt und Staat ihre Wurzeln teilweise im christlichen Menschenbild und in christlichen Wertvorstellungen hat.

Aufbauend auf der Erkenntnis, daß die Marktwirtschaft, insbesondere die Soziale Marktwirtschaft, ein christlichen Vorstellungen entsprechendes Wirtschaftssystem ist, beleuchteten die Referenten einzelne volks- und betriebswirtschaftliche Fragestellungen im Spannungsfeld zwischen Markt (Freiheit) und Staat (Reglementierung).

Dr. Richard Reichel (Universität Erlangen-Nürnberg) beschäftigte sich unter dem Thema „Harmonisierung versus Staatenwettbewerb“ mit der Frage, auf welchem Weg der Wohlstand einer Volkswirtschaft besser gesteigert werden kann. Er kam zum Ergebnis, daß primär für die Wohlfahrtszunahme eines Landes eine gute nationale Geld- und Wirtschaftspolitik ist. Harmonisierung ist nur dort sinnvoll, wo der Wettbewerb zwischen den einzelnen Volkswirtschaften dadurch dauerhaft gestärkt wird, z. B. durch eine einheitliche Verbrauchsbesteuerung.

Professorin Dr. Grosse (Bergakademie Freiberg) untersuchte in ihrem Referat das Mitbestimmungsgesetz. Sie kam zu der quantitativ allerdings nur schwer nachweisbaren Aussage, daß das Mitbestimmungsgesetz sowohl ökonomisch effizient als auch gerecht im christlichen Verständnis ist. Professor. Dr. Paraskewopoulos (Universität Leipzig) ergänzte diesen Beitrag durch seine Ausführungen über „Sozialpolitik zwischen Markt und Staat“. Es wurde deutlich, daß die Sozialpolitik die Aufgabe hat, durch Umverteilung die Rahmenbedingungen für einen effizienten Markt zu setzen und Mißstände des Marktes zu korrigieren.

Mit einem hochaktuellen Thema, der mitteleuropäischen Arbeitsmarktordnung, beschäftigte sich Professor Dr. Farmer (Universität Graz). Er stellte fest, daß das Grundproblem des mitteleuropäischen Arbeitsmarktes die mangelnde Anpassungsfähigkeit an geänderte Rahmenbedingungen ist. Dieser Mangel kann durch einen intensiven Staatenwettbewerb beseitigt werden, allerdings mit der Konsequenz, daß die Reallohnflexibilität sich v. a. in den unteren Lohngruppen auswirkt und damit soziale Spannungen hervorruft. Am Ende des Vortrags stand die klare Aussage, daß gerade der christliche Glaube ein Fundament für die Menschen bietet, die notwendige Opferbereitschaft und die erhöhte Unsicherheit, die ein flexibler Arbeitsmarkt mit sich bringt, zu verkraften.

Professor Lachmann verdeutlichte, daß die zunehmende Globalisierung neben einer Welthandelsordnung, die den globalen Wettbewerb sichert, einer Welttransferordnung bedarf, um die Verlierer des weltweiten Freihandels zu kompensieren. Diese Aufgabe hat in Deutschland der Sozialstaat übernommen. Eine vergleichbare internationale Institution fehlt bisher noch.

Den Abschlußvortrag des Seminars hielt Dr. Thomas Schirrmacher (Bonn). Bewußt stand am Ende ein theologischer Vortrag, um den rein ökonomischen Horizont zu weiten. Er erläuterte die auf Luthers Zwei-Reiche-Lehre aufbauende Vier-Mandate-Lehre. Die vier Mandate Wirtschaft, Familie, Staat und Kirche stehen gleichberechtigt nebeneinander und erfüllen jeweils eigene Aufgaben. Der Staat hat die Aufgabe, Rechtsstaatlichkeit sowie Freiheit und Unabhängigkeit der anderen Mandate zu gewährleisten. Seine Gewalt leiten der Staat und die anderen Mandate von einer ihnen übergeordneten Instanz, d. h. letztendlich von Gott, ab.

Die Tagung hat sich angesichts manch verzerrter Wahrnehmung der Sozialen Marktwirtschaft im öffentlichen Bewußtsein um Orientierung und Klärung bemüht. Die Soziale Marktwirtschaft ist kein weltfremdes Ideal, sondern ein, v. a. auch aus Sicht der christlichen Wirtschaftsethik, schützenswerter Rahmen. Mit einem abgewandelten Churchill-Wort könnte man sie als das schlechteste aller Wirtschaftssysteme kennzeichnen – mit Ausnahme all derjenigen, die wir sonst noch kennen.

Die Beiträge der Tagung sollen im Laufe des Jahres in einem Sammelband der GWE herausgegeben werden. Die nächste Wirtschaftsfachtagung findet vom 9. bis 12. November 2000 wieder in Bad Blankenburg unter dem Rahmenthema „Grenzenlos arbeiten?“ statt und behandelt Fragen wie Sonntagsarbeit, Arbeitszeitflexibilisierung und Leistungsorientierung in der Arbeitswelt.

Michael Fritz

Der Gartenrotschwanz

E. Hempel

In der letzten Ausgabe des W+W-Info begannen wir mit einer Serie über Beobachtungen bei Vögeln, von denen uns die Schülerin E. Hempel berichten. Wir setzen diese Serie fort – mit dem Hinweis, uns eigene interessante Entdeckungen mitzuteilen, über die wir an dieser Stelle ebenfalls berichten könnten.

Als zweite Vogelart in unserer Vorstellungsreihe möchten wir den Gartenrotschwanz, eine gefährdete Art (Rote Liste, Stufe 3), vorstellen. Bei dieser Art ist ein Sexualdimorphismus zu verzeichnen. Das Männchen ist mit seiner leuchtend weißen Stirn, der schwarzen Kehle, der aschgrauen Oberseite und der rostroten Unterseite sehr auffällig. Die bunte Zeichnung liegt im Herbst nach der Mauser im Juli/August teilweise unter hellen Federrändern verborgen. Das oben beschriebene Brutkleid wird also erst durch eine Abnutzung der Federn sichtbar.

Bei den Weibchen sind die ganzen Farben blasser, sie könnten daher mit dem Hausrotschwanz verwechselt werden. Es ist aber unterseits nie düster grau, sondern auf dem Bauch oft warm beige oder schwach rostfarben. Ferner hat es einen hellen Augenring und einen rostigen Ton auf Brust und Flanken. Manche Weibchen unterscheiden sich farblich kaum vom Männchen, was als Hahnenfedrigkeit bezeichnet wird.

Der Gartenrotschwanz

 

Eine besondere Arteigenheit ist das Knicksen nach dem Niederlassen wie bei der Wasseramsel, auch zittert der Gartenrotschwanz in regelmäßigen Abständen mit dem Schwanz. Außerdem ist er ein Flugkünstler, sehr geschickt jagt er Schmetterlinge.

Von NW-Afrika über Europa bis zum Baikalsee ist er verbreitet. Deshalb sind verschiedene Rassen bekannt, die sich in der Farbe unterscheiden. Beispielsweise kommt in Kleinasien die Unterart Ph. samamisicus vor. Die Männchen kehren früher aus dem Winterquartier zurück und besiedeln bevorzugt lichte Laub- und Kiefernwälder, Gärten und Parkanlagen. Sie beginnen sofort, fleißig zu singen. Das Lied ist eine Kampfansage an Artgenossen, grenzt das Revier ab und lockt das Weibchen an. Schon im ersten Morgenlicht ertönt der klare, etwas wehmütige Gesang von einer Baumkrone aus. Der Gartenrotschwanz brütet in Baumhöhlen, Erdlöchern, Mauerlücken, auf Balken usw. Auch Meisen-, Trauerschnäpper- und Sperlingskästen werden angenommen. Das Weibchen baut das Nest aus Blättern, Würzelchen, Haaren und Federn. Es bebrütet die 5-7 grünblauen Eier allein und wird nur selten vom Männchen gefüttert. Nach 12-14 Tagen schlüpfen die Jungvögel, 14 Tage später verlassen sie das Nest und werden von den Altvögeln gefüttert. Die Nahrung besteht aus kleinen Kerbtieren, Rüsselkäferarten, Schnellkäfer, Wanzen, Fliegen, Blattwespen und auch Beeren. Das Winterquartier des Gartenrotschwanzes liegt südlich der Sahara, im NW Afrikas, im Sudan und in Abessinien. Deutsche Ringvögel wurden schon in Italien, Spanien, Algerien und Portugal gefunden. Beim Wegzug im August/September nehmen sich die Vögel viel Zeit, der Rückzug im Frühjahr ist bedeutend schneller.

Als wir 1997/98 unsere Projektarbeit schrieben, konnten wir ein Paar bei uns in der Nähe eines Laubmischwaldes beobachten. Wahrscheinlich brüteten sie bei uns, wir konnten es aber nicht mit absoluter Sicherheit feststellen. In den folgenden Jahren ließen sich leider keine Gartenrotschwänze mehr beobachten.

E. Hempel

Evolution verboten?

Ein Kommentar von Reinhard Junker

Zeitungsüberschriften

Ein Aufschrei ging durch die Medien, und er hat lange nachgehallt: Im amerikanischen Bundesstaat Kansas „verschwinden Evolution und ‚Big Bang‘ aus der Schule“.1 Eine Schulbehörde soll das so beschlossen haben. Wohl in jeder Tageszeitung und in zahlreichen wissenschaftlichen und populärwissenschaftlichen Journalen weltweit ist dieser Beschluß gebrandmarkt worden: „Päpstlicher als der Papst“, titulierte die ZEIT2, „Kansas bannt Darwin“ behauptete Bild der Wissenschaft3 und zitiert Molleen Matsamura vom National Center for Science Education in Berkeley, Kalifornien: „Dieser Beschluß schafft wissenschaftliche Analphabeten“ und das sei „die radikalste Zensur von Evolution, die es je gab“. Kansas sei eine „Heimat für Hinterwäldler“ geworden.4

Mit solchen Schlagzeilen und Statements wird der Eindruck einer Zensur gesicherten Wissens erweckt, motiviert durch fundamentalistisch-religiöse Vorstellungen5: Religion gegen Wissenschaft. Mit dieser platten Formel kann man immer noch Aufsehen erregen. Entrüstung allenthalben, geradezu ritualartig vorgetragen.

Was wurde wirklich beschlossen?

Was die ganze Angelegenheit jedoch so bemerkenswert macht, ist die Tatsache, daß fast nichts von dem stimmt, was die Schlagzeilen der Presse den Lesern vermitteln. Was ist wirklich geschehen?6

Hintergrund ist die periodische Revision und Aktualisierung der Lehrpläne in Kansas, die durch den Kansas State Board of Education (SBOE) vorgenommen wird. Für die Überarbeitung von 1999 wurde empfohlen, Makroevolution als nicht hinterfragbare wissenschaftliche Tatsache zu lehren. Natur sei alles, und nur Wissenschaft könne letzte Wahrheiten begründen. Dieser Absolutheitsanspruch wurde im August 1999 vom SBOE abgelehnt, da Makroevolution doch kritisierbar sei. Mikroevolution (Anpassung etc.) sollte nach wie vor gelehrt werden; Makroevolution dagegen kein Prüfungsgegenstand sein. Der Unterricht über Evolution könne wie bisher erfolgen; es gibt keinerlei Zensur. Aber auch wissenschaftlich begründete Kritik an der Evolutionslehre dürfe nicht unterdrückt werden. Um die Schöpfungslehre ging es in Kansas gar nicht.

Weshalb also die Aufregung?

Es wird deutlich, daß die Presse irreführend und zum Teil schlicht falsch informierte. Offenbar wurde gerade dasjenige Ziel verfolgt, welches der SBOE in Kansas nicht festschreiben wollte: Die Propagierung eines evolutionistischen Weltbildes, an dem es keine Kritik mehr geben solle. Nur so ist zu verstehen, wie Bild der Wissenschaft-Autorin D. Karge auf zwar korrekt schreibt „Diese Themen [Evolutionstheorie, Urknalltheorie] dürfen zwar weiterhin unterrichtet werden“, einen Satz davor aber bemerkt, das dieses Wissen „den Schülern in Kansas zukünftig erspart bleiben“ solle.7 Hier wird von zwei verschiedenen Dingen gesprochen, zum einen von der Evolutionstheorie als hinterfragbare und vorläufige Hypothese, zum anderen von einer evolutionären Weltanschauung, die keinen Konkurrenten neben sich duldet. Weiter zitiert Autorin Karge den SBOE korrekt, daß diese Themen „im Unterricht nicht als Tatsache“ präsentiert werden dürften. Genau das ist offenbar der Knackpunkt, der Stein des Anstoßes. Es geht nicht um Wissenschaft, sondern um Weltanschauung, um einen alles erklärenden Naturalismus und Evolutionismus. Und um sich für diese Weltsicht einzusetzen, scheuen ihre Befürworter nicht vor einer Verzerrung der Tatsachen und Diffamierungen ihrer Gegner zurück, indem ihnen Zensur unterstellt und von Fundamentalismus gesprochen wird.8

Die Chance

Die Aufregung um den Beschluß der SBOE in Kansas macht allzu deutlich, daß es im Streit um Evolution (selbst dann, wenn „Schöpfung“ gar nicht explizit thematisiert wird), um weit mehr als um Wissenschaft geht. Wenn der ZEIT-Kommentator Hubertus Breuer feststellt, daß „stets alles Wissen nur vorläufig“ ist9, hätte er sich eigentlich seinen Beitrag sparen können. Aber offenbar wendet er diese wichtige und richtige Einsicht ncht auf die Evolutionslehre an. Warum nicht? Weil sie weit mehr als Wissenschaft ist, sondern eine Weltanschauung, die ersichtlich antibiblisch und im im Grunde genommen antigöttlich ist. Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, daß die Evolutionslehre eingesetzt wird, um mit ihr gegen die biblische Wahrheit zu kämpfen, so wäre er mit den heftigen Kommentaren der Presse hiermit unfreiwillig geliefert worden.

Doch bietet gerade diese Situation eine besondere Chance zum christlichen Zeugnis, und darauf sollte das Hauptaugenmerk gelegt werden. Die Pressedarstellungen bieten gute Anknüpfungspunkte für Gespräche, indem der Weltanschauungscharakter der Evolutionslehre herausgestellt wird. Und dieser Weltanschauung kann die biblische Weltsicht umso deutlicher entgegengestellt werden. Lesen Sie einmal nach, wie Paulus das in Athen gemacht hat (Apostelgeschichte 17,16-31)!


Anmerkungen

  1. FAZ 20. 8. 99
  2. DIE ZEIT 19. 8. 99
  3. Bild der Wissenschaft, Dez. 1999, S. 52
  4. Désirée Karge, Bild der Wissenschaft, Dez. 1999, S. 52
  5. von „christlichem Fundamentalismus“ ist in den Kommentaren häufig die Rede.
  6. Die nachfolgenden Informationen entstammen offiziellen Verlautbarungen, die ich Blaine Freidline aus Kansas verdanke; sie decken sich mit Mitteilungen aus „Acts & Facts“ vol 28, No. 10 (Oct. 1999).
  7. a.a.O. (Anm. 4)
  8. Die ZEIT (19. 8. 99) behauptet gar, die Mehrheit der Schulbehörde in Kansas glaube, daß Gott die Erde samt den Fossilien erschaffen habe, „die er geschickt in den Sedimenten versteckte, um uns eine Milliarden Jahre alte Erdgeschichte vorzutäuschen.“
  9. DIE ZEIT 19. 8. 99

 

Leserpost

Auf die Ausführungen von Siegfried Scherer zur Diskussion um Schöpfung und Evolution in „Idea-Spektrum“ erreichten uns folgende Zuschriften:

Ist Schöpfung nur eine „Theorie“?

„Schöpfung, wie sie uns die Bibel lehrt, ist keine Theorie. Sie ist uns von Gott offenbart worden, und Gott weiß doch, wie er die Welt und die Erde erschaffen hat; ganz im Gegensatz zur Evolutionstheorie, die auf einer menschlichen Ideologie beruht. … Kreationisten, die sich auf Gottes Wort gründen, gründen sich nicht auf eine Theorie; sondern auf die Wirklichkeit (Wahrheit).“ (Herbert Kroll)

W+W-Info: Wir stimmen Ihnen zu. Der auf die Bibel gründende Schöpfungsglaube gründet sich nicht auf eine Theorie. Wenn dennoch von „Schöpfungstheorie“ gesprochen wird, so ist damit nicht die biblische Schöpfungslehre gemeint. Diese kann nicht auf die Ebene einer wissenschaftlichen Theorie gebracht werden. Vielmehr bildet in der Schöpfungsforschung das biblische Zeugnis vom Handeln Gottes in der Schöpfung und in der Geschichte die Grundlage, auf der dann in einem zweiten Schritt Theorien entwickelt werden können. Bei diesen Theorien geht es darum, die die biblische Offenbarung in eine Beziehung zu naturkundlichen Daten setzen. Da letztere nicht absolut gesetzt werden können (da sie auf fehlbarem menschlichem Wissen beruhen), ist auch eine Zusammenschau dieser Daten mit den biblischen Grundlagen nicht absolut zu setzen. In diesem Sinne ist also der Begriff „Schöpfungstheorie“ zu verstehen.

Ein Beispiel: Die Bibel spricht von „geschaffenen Arten“ (1. Mose 1), erklärt aber nicht, was sie darunter versteht. In der Schöpfungsforschung wurde nun der Grundtypbegriff entwickelt; er wird biologisch begründet. In einem weiteren Schritt können die geschaffenen Arten mit den Grundtypen gleichgesetzt werden. Das sagt die Bibel so nicht, stellt aber einen Bezug zwischen Bibel und Naturkunde her. Die so begründete Grundtypenbiologie kann als „Schöpfungstheorie“ bezeichnet werden, die genauso kritisiert werden kann wie irgendwelche anderen Theorien. Sollte sich die Grundtypenbiologie als korrekturbedürftig erweisen, ist davon aber nicht gleichzeitig die biblische Schöpfungslehre betroffen. Vielmehr muß dann die Beziehung zwischen den biblischen Schöpfungsaussagen und den Daten der Biologie neu bedacht und neu formuliert werden.

Zwischenformen?

„Sie korrigieren einige von Christen ins Spiel gebrachte Argumentationslinien in der Diskussion um Schöpfung/Evolution. Als Lehrer bin ich Ihnen sehr dankbar dafür, denn wenn man nicht selber in der Forschung tätig ist, ist man angewiesen auf seriöse, solide und ehrliche Informationen, auf die man sich wirklich verlassen kann; deshalb lieber einmal sagen: «Da haben wir auch keine Antwort!>>, als stur irgendwelche Unwahrheiten oder Halbwahrheiten in falschem Eifer zu vertreten. Insbesondere begrüße ich den „pädagogischen“ Beitrag, welchen Sie unter dem Kapitelchen „Menschliches Verhalten“ bringen!

Umgekehrt, also ohne auf wissenschaftliche Daten zurückgreifen zu müssen, habe ich bis jetzt in Diskussionen immer auf die offen zu Tage liegende Tatsache hingewiesen, dass, sollte Evolution tatsächlich stattgefunden haben, es doch massenweise Zwischenformen geben müsste, sowohl im Fossilienschatz, als auch in der gegenwärtigen Schöpfung. Jedoch nichts davon! Nur fertig ausgebildete Arten (…. mit der üblichen Variationsbreite innerhalb eines „Grundtyps“). Ich habe nun eine Verständnisfrage zu Ihrem Diskussionsbeitrag, wo Sie schreiben, es gäbe Hunderte von Mischformen … Sprechen wir da von zwei verschiedenen Dingen?“ (W. Villiger)

W+W-Info: Ja, in der Tat es handelt sich ein Stück weit um zwei verschiedene Dinge. Wichtig ist hier die Unterscheidung zwischen „Zwischenform“ und „Übergangsform“ (vgl. dazu auch die von Wort und Wissen herausgegebenen „Praxistips Nr. 1“).

„Zwischenform“ (oder auch „Mosaikform“) ist ein beschreibender Begriff. Er bedeutet: Ein Lebewesen besitzt eine Kombination von Merkmalen, die normalerweise zu verschiedenen Gruppen von Lebewesen gehören (z. B. der „Urvogel“ Archaeopteryx: Reptil- und Vogelmerkmale; oder das Schnabeltier: Reptil-, Vogel- und Säugermerkmale). Es gibt zahlreiche Mosaikformen. Sie können im Rahmen der Schöpfungslehre als eigenständige Grundtypen gedeutet werden.

„Übergangsform“ ist dagegen ein interpretierender Begriff und meint, daß ein Lebewesen in der hypothetischen Stammesgeschichte zwei verschiedenartige Gruppen miteinander verbinden soll („Bindeglied“). Fossilien, die als Übergangsformen interpretiert werden können (nicht müssen!), werden kaum gefunden und sind durchweg umstritten. Dagegen gibt es zahlreiche Zwischenformen. Doch Zwischenformen passen in der Regel nicht als evolutionäre Übergangsformen, stellen also keine Belege für Makroevolution dar.

Wichtig sind noch folgende Aspekte:

Tabelle 1: Gegenüberstellung von Mosaikform und Übergangsform
Mosiakform Übergangsform

Zwischenform Bindeglied
beschreibend interpretierend
zeigen Kombination von Merkmalen verschiedener Gruppen werden als Bindeglieder zwischen verschiedenen Gruppen gedeutet

1. Zwischen Lebewesen mit ganz unterschiedlichen Lebensweisen bzw. zwischen der Existenz und Nichtexistenz eines komplexen Organs fehlen tatsächlich auch Zwischenformen; z. B. gibt es keine halbfertige Feder oder einen halbfertigen Fledermausflügel etc.

2. Stammbäume, die den Namen „Baum“ verdienen, existieren nicht. Die Darstellung der Fossilfunde in (evolutionstheoretisch orientierten) paläontologischen Lehrbüchern sind ausgeprägt buschartig, wobei die unteren größeren Zweige und Äste fehlen (d. h. entsprechende Formen sind fossil nicht belegt). (RJ)

Literaturhinweis: R. Junker & S. Scherer, Evolution. Ein kritisches Lehrbuch, Giessen, 1998, Kap. VI.13.

 

Liebe Spender, liebe Freunde und Mitglieder,

mit großem Dank schauen wir auf das vergangene Jahr zurück. Sie haben uns mit Ihren Gaben in die Lage versetzt, die aufgetragene Arbeit zu tun. Wir sehen das als ein Geschenk von unserem Herrn Jesus Christus an und sind Ihm sehr dankbar. Zugleich sind wir ermutigt von der Treue vieler unserer Mitglieder und Freunde. Ganz herzlich danken wir Ihnen allen, auch denen, die anonym gespendet oder auf eine Spendenbescheinigung verzichtet haben.

Die Spendenbescheinigungen wurden Ende Januar versandt. Sollten Sie wider Erwarten keine Bescheinigung erhalten haben, wenden Sie sich bitte an die Geschäftsstelle. Die von den Banken übermittelten Daten sind manchmal etwas kryptisch, so daß wir nicht alle Spenden zuordnen konnten.

Um Ihnen eine Vorstellung zu vermitteln, für welche Aufgaben Ihre Spenden eingesetzt werden, geben wir Ihnen unten einen Überblick über die Ausgaben im vergangenen Jahr. (Dabei sind Medienstelle und Vermögensverwaltung nicht berücksichtigt.)

Auch in diesem Jahr werden die Ausgaben wesentlich von den Kosten für die Mitarbeiter in der Forschung, im Vortragsdienst in Gemeinden, in der Öffentlichkeitsarbeit und in der Geschäftsstelle bestimmt sein. Gerne möchten wir diese Arbeit ausdehnen oder zusätzliche Wissenschaftler durch Stipendien unterstützen.

Wie jedes Jahr fügen wir diesem ersten Info des Jahres ein vorbereitetes Überweisungsformular bei. Bitte betrachten Sie das nicht als Zahlungsaufforderung. Wir möchten es Ihnen damit lediglich erleichtern, wenn Sie sich an den Gesamtkosten durch eine Spende z.B für das Info beteiligen möchten. Eine Spendenbescheinigung für 2000 erhalten Sie unaufgefordert im Januar 2001, es sei denn Sie wünschen ausdrücklich keine Spendenbescheinigung. Weitere Überweisungsträger sendet Ihnen die Geschäftsstelle gerne zu.

So sehr wir auf Ihre Spenden angewiesen sind, wissen wir doch, daß die Arbeit letztlich eine geistliche Herausforderung darstellt. Deshalb wollen wir Sie bitten, Wort und Wissen in diesem Jahr auch im Gebet mitzutragen und sich in Ihrem Umfeld nach Ihren Möglichkeiten dafür einzusetzen, daß in Gemeinden Fragen des Glaubens und der Wissenschaften nicht getrennt werden, sondern daß im Alltag Gott als Schöpfer und Erhalter dieser Welt erkannt und ins Kalkül gezogen wird.

Christian Löschcke, Schatzmeister