Skip to main content

Fehler in Evolutions-Schulbüchern?



In der nachfolgenden Aufstellung werden einige Beispiele aus dem Bereich der Evolutionsbiologie dokumentiert, die eine erhebliche Diskrepanz zwischen Aussagen in der evolutionstheoretisch ausgerichteten Fachliteratur und den Darstellungen in Schulbüchern aufweisen. Es handelt sich dabei weder um eine systematische noch um eine vollständige Auflistung. Es soll nur beispielhaft gezeigt werden, daß die Präsentationen in den Schulbüchern nicht nur durch didaktische Vereinfachungen erklärbar sind, sondern auch durch einseitige Ausblendung von Daten, die die Evolutionstheorie in Frage stellen, erfolgen kann. Die folgende Auflistung ist keine Pauschalkritik an Schulbüchern. Sie zeigt jedoch, daß in der Frage der Entstehung des Lebens und der Herkunft des Menschen nicht nur objektiv, sondern auch weltanschaulich-tendenziös verfahren wird. Evolutionskritikern wird umgekehrt genau dieser Vorwurf entgegengehalten. Es gilt zu bedenken, daß dieser Vorwurf nicht immer unberechtigt war und ist. Die einzig glaubwürdige Reaktion kann nur sein, es besser zu machen, d. h. Daten, die dem eigenen, bevorzugten Modell widersprechen, nicht zu verschweigen oder zu beschönigen, auch nicht in populären Darstellungen.

Die Beispiele beschränken sich weitgehend auf Daten-Defizite. Das letztlich entscheidene Feld der Interpretationsmöglichkeit der Daten wird nicht berücksichtigt. Dies ist an anderer Stelle (11) ausführlich geschehen.

Inhalt

  1. Die Entstehung des ersten Lebens
  2. Fossilien
  3. Ramapithecus
  4. Molekulare Stammbäume und molekulare Uhren
  5. Ergebnisse von Mutationen
  6. Biogenetische Grundregel

1. Die Entstehung des ersten Lebens

In der Frage der Entstehung des ersten Lebens aus Nicht-Leben sind die Diskrepanzen zwischen Primärliteratur und Schulbüchern besonders deutlich. Schulbücher vermitteln den Eindruck, dieses Problem sei im Wesentlichen gelöst. “Alle diese aus ganz verschiedenen Gebieten stammenden Hinweise machen eine abiotische Entstehung der Lebewesen wahrscheinlich” (2, S. 453). “Ist man bereit, das Ökonomieprinzip des Denkens auch hier anzuwenden, spricht nichts dagegen, daß die ersten Lebewesen vor etwa 4 Milliarden Jahren unter den heute bekannten physikalisch-chemischen Gesetzmäßigkeiten entstanden sind” (1, S. 340). “In Simulationsversuchen gelang so die Darstellung von Polysacchariden, Nucleinsäuren sowie Polyaminosäuren, die als “Proteinoide” in ihren Eigenschaften mit den biogenen Proteinen weitgehend übereinstimmen” (1, S. 339).

Dagegen stellte K. Dose, der “Schöpfung” ausdrücklich ablehnt, als Resümmee über die achte internationale Konferenz über den Ursprung des Lebens (1986) fest: “1986, also über dreizig Jahre nach dem zunächst verheißungsvollen Beginn der Ära der Simulationsexperimente, kann man zum eigentlichen Mechanismus der Lebensentstehung kaum mehr Fakten angeben als Ernst Haeckel schon vor 120 Jahren. Man muß leider erkennen, daß ein Großteil der Reaktionsprodukte der Simulationsexperimente dem Leben nicht nähersteht als die Inhaltsstoffe des Steinkohleteers” (5). Schlicht falsch ist der Satz, Proteinoide würden in ihren Eigenschaften mit den biogenen Proteinen weitgehend übereinstimmen. In der Fachliteratur wird das nicht behauptet. In diesem Zusammenhang wird in den Schulbüchern das Eigensche Hyperzyklus-Modell erwähnt, aber nicht mitgeteilt, daß bislang nur einzelne Aspekte unter geeigneten Rahmenbedingungen geprüft sind und noch nie ein Hyperzyklus hergestellt und in seinem Verhalten beobachtet werden konnte. Eine sehr kritische Würdigung von Lebensentstehungsmodellen gibt R. Shapiro (15).

2. Fossilien

In der paläontologischen Literatur wird allenthalben das sog. “Präkambrium-Kambrium-Problem” beschrieben. Es besteht darin, daß mit Beginn des Kambriums nahezu schlagartig weltweit alle heute existenten sowie eine Reihe weiterer inzwischen ausgestorbener Tierstämme gleichzeitig und ausdifferenziert auftreten. Vorläuferformen sind nicht dokumentiert, präkambrische Organismenreste werden nicht als Vorläufer der kambrischen angesehen, sondern als eigenständige und ihrerseits erklärungsbedürftige Evolutionslinien. Erst nach dem Kambrium können innerhalb der Tierstämme Regelhaftigkeiten eines Nacheinander-Auftretens festgestellt werden, die evolutionstheoretisch leichter erkärt werden können. 1968 schreibt H. Wurmbach dazu (17, S. 45): “Über das Aussehen und die Lebensweise der allerersten Organismen ist nichts bekannt. Im Beginn des Kambriums waren schon so hochentwickelte Tierformen vorhanden, daß zu ihrer Entstehung Hunderte von Millionen Jahren notwendig gewesen sein dürften.” An der Bewertung dieser Situation hat sich bis heute nicht viel geändert: “Wir sind von der vollständigen Erklärung dieser Ereignisse [der “kambrischen Explosion”] immer noch weit entfernt. Ihre Gründe bleiben vorerst noch das größte Rätsel der Paläontologie” (13).

Von diesem Problem ist in den Schulbüchern nichts zu finden: “Erst mit dem Kambrium tritt plötzlich eine Vielzahl von Fossilien auf” (12, S. 381). Das plötzliche Auftreten wird jedoch nicht problematisiert. “Vor etwa 600 Millionen Jahren [Beginn des Kambriums, Anm.] beginnt die Entfaltung eines reichen Tier- und Pflanzenlebens” (2, S. 459). Dieser Satz verdeckt nicht nur das genannte Problem, sondern ist falsch. Mit Beginn des Kambriums ist das Leben bereits in reichlicher Fülle vorhanden.

Nach dem Kambrium stellt sich das Problem der fehlenden Zwischenglieder, das ebenfalls nicht als Problem ausgewiesen wird. Dagegen hält der Evolutionstheoretiker S. J. Gould (7, S. 189) den Mangel an Bindegliedern für ein “Geschäftsgeheimnis der Paläontologie”. Zur Diskontinuität beispielsweise der Säugetiere schreibt der bekannte Biologe Simpson: Die Überlieferungslücken gelten “für alle 32 Ordnungen der Säugetiere. In den meisten Fällen ist der Bruch so scharf und die Lücke so groß, daß der Ursprung der Ordnung spekulativ und viel diskutiert ist…” (16).

3. Ramapithecus

Ramapithecus wird noch heute in einem kürzlich erschienen Schulbuch als eine mögliche “späte gemeinsame Stammform von Mensch und Menschenaffen” gewertet (3, S. 70). Im abgebildeten Stammbaum erscheint Ramapithecus an der Basis der Linie zum Menschen, nicht auf einem Seitenast. Dies wird von der Fachwelt heute kaum noch so gesehen. Die meisten Paläanthropologen werten ihn als Stammform des Orang-Utan (dargestellt in 9). Damit ergibt sich eine erhebliche zeitliche und organismische Fundlücke zwischen postulierten affenartigen Vorfahren und den Australopithecinen, die als Vorfahrengruppe zum Menschen jedoch auch unter Evolutionstheoretikern umstritten sind.

4. Molekulare Stammbäume und molekulare Uhren

Aufgrund von Sequenzähnlichkeiten der Bausteinabfolgen vergleichbarer Proteine und Nukleinsäuren verschiedener Arten kann man molekulare Ähnlichkeitsbäume (Dendrogramme) erstellen. Es bestand die Hoffnung, diese Ähnlichkeitsbäume mit den klassischen Stammbäumen in Übereinstimmung bringen zu können (diese werden z. B. aufgrund morphologischer Ähnlichkeiten und aufgrund von Fossilien erstellt). Teilweise gelang dies zunächst auch einigermaßen, z. B. beim Cytochrom c. Inzwischen liegt eine immense Datenfülle vor, aufgrund derer es heute häufig nicht möglich ist, klassische Stammbaumkonstruktionen in den molekularen Sequenzen wiederzufinden. Dieser Befund ist in der evolutionstheoretischen Fachliteratur vielfach beschrieben worden. Auch die Konstruktion einer “molekularen Uhr” hat sich als nicht tragfähig erwiesen. Dennoch wird eine solche Uhr nach wie vor in Lindner Biologie (2, S. 473) wiedergegeben (für Cytochrom c). Sie basiert jedoch auf einer begrenzten (inzwischen längst erweiterten) Datenbasis. Werden alle bekannten Sequenzdaten berücksichtigt, ist eine Korrelation zwischen Aminosäureaustauschen und vermuteter evolutionärer Aufspaltung der verglichenen Gruppen überhaupt nicht möglich (14).

5. Ergebnisse von Mutationen

Mutationen (Veränderungen des Erbguts) werden als die entscheidende Quelle für den evolutionären Wandel angesehen. Über die Tatsache, daß durch Mutationen nur Variationen erzeugt werden konnten, wird der Leser von Schulbüchern im Unklaren gelassen. “Neben der Mutation ist der Selektionsvorteil … der Hauptgrund für die Manigfaltigkeit der Organismen” (1, S. 353). Dagegen schreibt der Genetiker W. Gottschalk (6, S. 284): “Neue Arten sind experimentell weder durch die schrittweise Anhäufung von Genmutationen noch durch die Induzierung einzelner progressiver Mutationen hergestellt worden.”

6. Biogenetische Grundregel

Die Biogenetische Grundregel besagt in ihrer heute von vielen Biologen vertretenen Form, es gebe in der Embryonalentwicklung der Organismen (insbesondere auch des Menschen) Entwicklungswege und Strukturausprägungen, die nur durch eine evolutionäre Umbildung von frühen evolutiven Stadien verstehbar seien. Man spricht von Rekapitulationen. Beispiele aus Lindner Biologie (2): “Bei allen Wirbeltieren wird in einem sehr frühen Embryonalstadium eine Chorda ausgebildet, erst später eine knorpelige und noch später eine knöcherne Wirbelsäule.” Es wird suggeriert, daß die Chordabildung ein unnötiger Umweg sei. “Der menschliche Embryo besitzt ein dichtes Haarkleid; ein kleiner Schwanz wird embryonal angelegt.” (S. 447) Hier wird nichts über die konstruktiven Notwendigkeiten dieser Bildungen gesagt, obwohl sie längst erkannt sind. Der Leser erfährt auch nichts über evolutiontheoretisch orientierte Kritiker und deren Argumente. Als Beispiel für solche Kritiker sei Gutmann (8) zitiert: “Rekapitulationen nehmen eine notwendige Funktion in der Ontogenese wahr” (S. 154, 159) “Mittels des Verweises auf ontogenetische Mechanik könnte eine endgültige Eliminierung des sogenannten biogenetischen Grundgesetzes gelingen, wenn man Embryonal-Entwicklung als das darstellen kann, was sie ist: der energetisch getriebene Prozeß der autoformativen Transformation hydraulischer Gebilde” (S. 161). Der amerikanische Zoologe W. J. Bock schrieb bereits 1969: “Das Biogenetische Gesetz hat sich so tief im … Denken eingewurzelt, daß es nicht ausgejätet werden kann, obwohl von zahlreichen späteren Forschern bewiesen wurde, daß es falsch ist” (4). Beispielhaft sei das Haarkleid (die sog. Lanugo) herausgegriffen: Die zeitweise relativ dichte Behaarung während der Embryonalentwicklung hat wichtige Funktionen. Nach der Abstoßung dieses “Felles” werden die Haare mit dem Fruchtwasser geschluckt; sie regen wahrscheinlich die Darmtätigkeit an. Wäre die menschliche Lanugo die Rekapitulation eine Tierfelles, so müßte dieser Haarflaum bei den behaarten Großaffen fehlen. Diese besitzen aber auch eine Lanugo. Die menschliche Lanugo entspricht also der tierischen, nicht dem tierischen endgültigen Fell. Von der tierischen Lanugo erfährt der Schulbuch-Leser nichts.

Besonders hervorgehoben wird die Embryonenähnlichkeit der Wirbeltiere in der frühen Embryogenese (z. B. 12, S. 381), verschwiegen wird jedoch, daß die ersten Stadien der Entwicklung der Wirbeltierklassen (1-2 Wochen nach der Befruchtung) äußerst unähnlich sind – im krassen Gegensatz zur Biogenetischen Grundregel.

Eine Reihe von Kritikern der Biogenetischen Grundregel kommt in (10) zu Wort. Manche Daten lassen sich durchaus im Sinne der Biogenetischen Grundregel deuten; kritisiert wird hier nur die einseitige Darstellung und das Verschweigen bekannter entgegengesetzter Daten.

Literatur

  1. E. W. Bauer (1981) CVK Biologiekolleg. Berlin.
  2. H. Bayrhuber, U. Kull (1989) Lindner Biologie, 20 Aufl. Stuttgart: Metzler.
  3. I. Beyer (1990) Evolution. Biologie-Abitur-Leistungskurs. Übungsheft. München: Manz.
  4. W. J. Bock (1969) Science 164, 684.
  5. K. Dose (1987) Naturwissenschaftliche Rundschau 40, 63-64.
  6. W. Gottschalk (1978) Allgemeine Genetik. Stuttgart.
  7. S. J. Gould (1989) Der Daumen des Panda. Betrachtungen zur Naturgeschichte. Frankfurt: Suhrkanp. (Orig. 1980: The Panda’s Thumb)
  8. W. F. Gutmann (1989) Die Evolution hydraulischer Konstruktionen. Organismische Wandlung statt altdarwinistischer Anpassung. Frankfurt: W. Kramer.
  9. S. Hartwig-Scherer (1989) Ramapithecus – Vorfahr des Menschen? Berlin: Zeitjournal-Verlag.
  10. R. Junker (1989) Rudimentäre Organe und Atavismen. Berlin: Zeitjournal-Verlag.
  11. R. Junker, S. Scherer (1998) Evolution – ein kritisches Lehrbuch. Gießen: Weyel.
  12. W. Miram, K. H. Scharf (Hg., 1988) Biologie heute SII. Hanover: Schroedel Schulbuchverlag.
  13. S. C. Morris (1992) Die Burgess Shale-Fauna und die frühe Evolution der Tiere- Biologie in unserer Zeit 22, 256-263 (Zitat S. 263).
  14. S.Scherer (1990) The protein molecular clock. Time for reevaluation. Evol. Biol. 242, 83-106.
  15. R. Shapiro (1987) Schöpfung und Zufall. München.
  16. G. G. Simpson, zit. nach W. E. Lönnig (1991) Kann der Neodarwinismus durch biologische Tatsachen widerlegt werden? Köln, S. 25.
  17. H. Wurmbach (1968) Lehrbuch der Zoologie, Bd. II, Spezielle Zoologie, Stuttgart.