Skip to main content

Biblische Urgeschichte, Sintflut und Geologie – Zusammenfassende Thesen und Überblick




Inhalt

  1. Grundlegung: Naturkundlich und historisch bedeutsame Aussagen der biblischen Urgeschichte
    1. Kurzer Zeitrahmen der Urgeschichte – Tod der Tiere erst nach dem Sündenfall des Menschen
    2. Gestalt-Änderung auf der Erdoberfläche
  2. Zu den geologischen Sintflutmodellen
    1. Vorbemerkung
    2. Moderne geologische Sintflutmodelle
      1. Zur Sintflutgeologie der letzten Jahrzehnte
      2. Unklare methodische Grundlage
  3. Zum Ansatz biblisch-urgeschichtlicher Geologie in der SG Wort und Wissen
    1. Geologische Ereignisse auch vor bzw. nach der Sintflut
    2. Vorerst Einzeluntersuchungen statt Globalmodelle
    3. Wie könnte sich die grobe Abfolge der Fossilgruppen einschließlich menschlicher Reste erklären?
    4. Wie könnte sich die feine Ordnung der Fossilien (Stratigraphie) erklären?
  4. Literatur

 

1  Grundlegung: Naturkundlich und historisch bedeutsame Aussagen der biblischen Urgeschichte

Wenn die biblische Urgeschichte (1. Mose 1-11) als wirkliches Geschehen anerkannt wird, ergeben sich daraus grundlegende Voraussetzungen für die Geologie:

1.1  Kurzer Zeitrahmen der Urgeschichte – Tod der Tiere erst nach dem Sündenfall des Menschen.

Nach den Abstammungsfolgen mit ihren Zeitangaben (1. Mose 5 und 11) liegt der zeitliche Rahmen, den die biblische Urgeschichte umfasst, in der Größenordnung von Jahrtausenden (WISKIN 1999; vgl. KEIL 1861, 74-76.120f.; schon LUTHER 1545 [W2 I, 3.1080]). Der Mensch existiert wie die Tierwelt seit der Schöpfungswoche (1. Mose 1). Wichtiger ist jedoch, dass nach Römer 8,19-22 erst durch den Sündenfall des Menschen (1. Mose 3) die Tierwelt dem Todesgeschick unterworfen wurde (STUHLMACHER 1992, 269ff.; JUNKER 1994, 107-128; CHANG 2000; vgl. DELITZSCH 1887, 67f.; WESTERMANN 1999, 223-226.240).

Folgerung:

  1. Menschenreste werden zwar erst “ganz oben” in den fossilführenden Gesteinsfolgen, die viele Kilometer mächtig sein können, gefunden (STEPHAN 2002a). Dennoch müssen alle Schichtgesteine mit fossilien Tierresten (mindestens seit dem Kambrium) in der vergleichsweise kurzen Zeitspanne zwischen Sündenfall des Menschen (1. Mose 3) und Abraham (1. Mose 11) entstanden sein (siehe dazu 3.3; STEPHAN & FRITZSCHE 2000, 19-23).
  2. Makroevolution ist ausgeschlossen, da sie grundlegenden biblisch-heilsgeschichtlichen Zusammenhängen widerspricht (JUNKER 1994; 2001).

1.2  Gestalt-Änderung auf der Erdoberfläche

1. Mose 2,10-14 beschreibt als “Geographie”, als “Erd-Kunde” vier von Eden ausgehende Ströme; davon sind nur noch die Namen von Euphrat und Tigris sicher bekannt (vgl. WESTERMANN 1999, 265.293-298). Beide Ströme bilden sich jedoch heute unabhängig voneinander durch das Zusammenfließen zahlloser kleiner Hochgebirgsbäche und -flüsse. Vor allem aber existiert der Hauptstrom von Eden, von dem sich alle vier einst teilten, nicht mehr (vgl. DELITZSCH 1887, 82.87).

Folgerung:

Zumindest das Herkunftsgebiet der heutigen Ströme muss sich flussgeschichtlich (und damit auch geologisch) völlig verändert haben (KEIL 1861, 42-44; schon LUTHER 1545 [W2 I, 172-180]).

 

2  Zu den geologischen Sintflutmodellen

2.1  Vorbemerkung

Die Wirklichkeit der Sintflut selbst wird als völlig gewiss vorausgesetzt, weil sie in der biblischen Urgeschichte bezeugt ist. Der Begriff “Modelle” bedeutet hier: Der Zusammenhang, den sintflutgeologische Autoren in unterschiedlicher Weise zwischen Sintflut und Geologie herstellen, bleibt immer eine Hypothese. Die Bibel enthält darüber keine direkte Vorgabe. Mit “Hypothese” ist hier eine Annahme gemeint, die unter Beachtung möglichst vieler geologischer Befunde aufgestellt wurde.

2.2  Moderne geologische Sintflutmodelle

Hier geht es nur um Modelle, in denen die historische Wirklichkeit der biblischen Urgeschichte vorausgesetzt wird. Manche Geologen, die auf dem Boden der langzeitlichen Schulgeologie stehen, nehmen zwar eine weltweite Überflutung an. Sie sind aber religions- und bibelkritisch orientiert (z.B. TOLLMANN & TOLLMANN 1993). Andere sehen entgegen der biblischen Aussage in der Sintflut nur ein regionales Ereignis (z.B. PITMAN & RYAN 1998). Solche Modelle bleiben hier außer Betracht. Das gilt auch für Kurzzeit-Modelle, denen unzuverlässige Arbeit zugrunde liegt (z.B. ZILLMER 2001).

2.2.1  Zur Sintflutgeologie der letzten Jahrzehnte

Seit dem Höhepunkt der Sintflutgeologie im 17./18. Jahrhundert gibt es sintflutgeologische Modelle vermehrt wieder seit den 1960er Jahren. Zunächst wurde die Entstehung nahezu aller fossilhaltigen Ablagerungsgesteine in das Sintflutjahr gestellt (WHITCOMB & MORRIS 1961). Im Laufe der Zeit kamen auch Modelle auf, die nur einen Teil der Schichtgesteine direkt dem Sintflutjahr zuordnen (z.B. SCHEVEN 2001). In den jeweiligen Modellen werden zudem unterschiedliche Abschnitte der Schichtenfolge mit dem Sintflutjahr in Verbindung gebracht. Darüber gibt es seit den 1990er Jahren eine internationale Debatte (dargestellt in STEPHAN & FRITZSCHE 2000, 81-117). Gründe für die neuen Modelle sind vor allem geologische Probleme, insbesondere, wie die Abfolge der Schichten mitsamt den eingelagerten Vulkan- und Tiefengesteinen in dem einen Sintflutjahr gebildet worden sein könnte. Dazu gehören Fragen wie die geordnete Abfolge der Fossilien und Gesteine, bewirkt durch bloße Wassersortierung; Unterbrechungen in der Ablagerung (wie fossile Riffe, zahllose besiedelte bzw. durchwühlte Schichten) oder trockengefallene Schichten (Trockenrisse, Tierfährten, Durchwurzelung, Sauriernester) bzw. Austrocknungsphasen (Salzlager).

2.2.2  Unklare methodische Grundlage

Fraglich ist ferner: Wieweit können für das Sintflutgeschehen (a) naturgesetzliche Vorgänge vorausgesetzt werden, oder ist die Flut (b) vollständig als Wunder zu verstehen? Dieses grundlegende Problem ist in der neueren Sintflutgeologie kaum erörtert worden (vgl. STEPHAN & FRITZSCHE 2000, 138-140). Schon von der Beantwortung dieser Frage hängen die Schlußfolgerungen über die geologischen Auswirkungen der Flut ab. In der Sintflutdebatte des 17./18. Jahrhunderts wurde das Problem jedoch diskutiert (BLEI 1981, 38-43).

3  Zum Ansatz biblisch-urgeschichtlicher Geologie in der SG Wort und Wissen

3.1  Geologische Ereignisse auch vor bzw. nach der Sintflut

Biblisch-urgeschichtliche Geologie kann man eine Arbeitsweise nennen, die damit rechnet, dass die fossilführenden Gesteine und zeitgleiche Vulkan- bzw. Tiefengesteine in erheblichem Maß auch vor bzw. nach dem Sintflutjahr entstanden sein könnten (also insgesamt zwischen 1. Mose 3 und 11). Die genannten Schwierigkeiten dürften so vermindert werden (STEPHAN & FRITZSCHE 2000, 142-146). Insbesondere steht dann mehr Zeit zur Verfügung für die Entstehung der Gesteinsfolgen und besonders für die “zeitverbrauchenden” Ablagerungspausen, die durch zahllose stichhaltige Befunde belegt sind (siehe 2.2.1). Ferner fällt das genannte methodische Problem (siehe 2.2.2) bei umfangreicher Schichtenbildung vor bzw. nach dem Sintflutjahr ganz oder teilweise weg.

3.2  Vorerst Einzeluntersuchungen statt Globalmodelle

Es ist besonders wichtig für biblisch-urgeschichtliche Geologie, Einzelprobleme vermehrt im Detail zu behandeln. Wenn detaillierte Studien einmal in größerer Anzahl vorliegen, besteht die Hoffnung, sie zu einem schlüssigeren biblisch-urgeschichtlichen Geologie-Modell auszuarbeiten und so das zu stark vereinfachende Vorgehen mancher sintflutgeologischer Modelle zu überwinden (im Sinne der neuen Arbeitsweise z.B. EGLI-ARM 1998; 2001; HERZOG 2001; HERZOG & ZIMMERMANN 2001; STEPHAN 1998; 2002b).1

3.3  Wie könnte sich die grobe Abfolge der Fossilgruppen einschließlich menschlicher Reste erklären?

Eine schwierige Frage in geologischen Sintflutmodellen ist die nach dem geordneten, zeitlich gestaffelten Auftreten größerer biologischer Einheiten in den Schichtgesteinen, z.B. der Säugetiere erst im Anschluss an die Dinosaurier (siehe 2.2.1). Hilfreich könnte hier folgende Beobachtung der Schulgeologie sein:

  1. Nicht nur Einzelfossilien, sondern sogar ganze Fossilgruppen (!) fehlen in mächtigen Schichtfolgen, in denen sie eigentlich auftreten sollten. Schulgeologen nehmen an, dass solche Fossilien während dieser Zeit in geologisch nicht überlieferten Lebensräumen existiert haben (z.B. ELDREDGE 1994, 127). Im Sinne biblisch-urgeschichtlicher Geologie wird nun vorgeschlagen, diese Beobachtung generell auf die früheren Lebewesen anzuwenden. Auch der Mensch, der erst “ganz oben” in den Gesteinsschichten auftaucht, könnte zuvor unbekannte Lebensräume besiedelt haben (dazu ausführlich STEPHAN 2002a).
  2. Der Grund für das geordnete, zeitlich gestaffelte Auftreten der Tier- und Pflanzengruppen sowie des Menschen könnte darin begründet sein, dass sie jeweils erst dann aus der “geologischen Verborgenheit” hervortraten, als sie etwa durch bestimmte Umweltbedingungen begünstigt wurden. Beim Menschen (Homo erectus) könnte es (unter anderem) die Entstehung ausgedehnter Savannen-Grasländer infolge Klimaänderung kurz vor der Eiszeit (Pleistozän) gewesen sein, die sein Hervortreten und seine weltweite Ausdehnung begünstigte (STEPHAN 2002a). In der Tierwelt dürften sich, unter anderem begünstigt durch Umweltänderungen, z.B. bestimme Vierfüßergruppen gegenüber anderen als überlegen erweisen. So verdrängten wohl Krokodile die Krokodilsaurier (Phytosaurier) und lösten sie im Unterjura ab (SCHOCH & WILD 1999). Stammwurzelzähner-Reptilien (Pseudosuchier) waren offenbar den Dinosauriern unterlegen und gingen in der Obertrias unter (DEMATHIEU & HAUBOLD 1974). Später starben auch die Dinosaurier beim Massenuntergang an der Kreide/Tertiär-Grenze endgültig aus und machten den Säugetieren Platz (vgl. z.B. STANLEY 1989).

3.4  Wie könnte sich die feine Ordnung der Fossilien (Stratigraphie) erklären?

Diese Frage ist im Rahmen früherer Sintflutgeologie noch schwieriger zu beantworten. Aber hier könnte die moderne Artbildungsforschung wichtige Hinweise liefern: Unter (enormen) Umweltstress-Bedingungen können sich heute schon im Laufe von Jahren bzw. wenigen Generationen neue Arten bilden. Diese Artbildungen werden im Grundtyp-Modell der Schöpfungslehre als Varietäten im Rahmen einer geschaffenen Einheit (= Grundtyp) gedeutet (Überblick bei JUNKER & SCHERER 2001, 284-294). Seit dem 19. Jahrhundert wurde immer detaillierter die feine Abfolge von Fossilien ermittelt, zunächst besonders von Ammoniten (klassisch QUENSTEDT 1856/57; 1883-88). Viele dieser Fossilien treten weltweit, in immer wieder anderen Formen, gestaffelt übereinander in Schichten auf, die manchmal nur Dezimeter oder weniger umfassen (z.B. CALLOMON et al. 1987). Wenn man davon ausgeht, dass schon vor bzw. noch nach der Sintflut die damaligen Umweltbedingungen (massiv) gestört waren (bereits als Folge des Sündenfalls?), dann könnten dadurch die immer wieder auftretenden raschen Formabwandlungen und Artneubildungen (u.a. von Leitfossilien) in der Schichtenfolge möglicherweise eine plausible Erklärung finden.

 

1 Dafür werden viele weitere fachkompetente Mitarbeiter benötigt. Wer lässt sich rufen?

Literatur:

BLEI W (1981)
Erkenntniswege zur Erd- und Lebensgeschichte. Berlin (Ost)
CALLOMON JH et al. (1987)
Zur Stratigraphie des Mittel- und unteren Oberjuras in Sengenthal bei Neumarkt/Opf. (Fränkische Alb). Stuttgarter Beitr. Naturk. B 132, 1-53
CHANG H-K (2000)
Die Knechtschaft und Befreiung der Schöpfung (Diss.-Theol.). Wuppertal
DELITZSCH F (1887)
Neuer Kommentar über die Genesis. Nachdruck Gießen 1999
DEMATHIEU G & HAUBOLD H (1974)
Evolution und Lebensgemeinschaft terrestrischer Tetrapoden nach ihren Fährten in der Trias. Freiberger Forsch.-Hefte C 298, 51-72
EGLI-ARM F (1998)
Schnelle Intrusion von Granitschmelzen durch Dikes. Stud. Int. J. 5, 6-16
EGLI-ARM F (2001)
Durch Untersuchungen bestätigt: Granit-Plutone entstehen schnell. Stud. Int. J. 8, 63-72
ELDREDGE N (1994)
Wendezeiten des Lebens. Heidelberg
HERZOG T (2001)
Die Reliktlandschaften des Colorado Plateaus und Grand Canyons, Teil 1. Stud. Int. J. 8, 3-9
HERZOG T & ZIMMERMANN A (2001)
Die Reliktlandschaften des Colorado- Plateaus und Grand Canyons, Teil 2. Stud. Int. J. 8, 56-62
JUNKER R (1994)
Leben durch Sterben? (Diss.-Theol.) Neuhausen
JUNKER R (2001)
Jesus, Darwin und die Schöpfung. Holzgerlingen
JUNKER & SCHERER 2001
Evolution – ein kritisches Lehrbuch, Weyel-Verlag Gießen, 5. aktualisierte Aufl. 2001,
KEIL CF (1861)
Biblischer Commentar über die Bücher Mose’s. 1. Bd.: Genesis und Exodus. Leipzig
LUTHER M (1545)
Auslegung des ersten Buches Mose. 1. Teil. Nachdruck Groß Oesingen 1986
PITMAN W & RYAN W (1998)
Sintflut. Bergisch-Gladbach
QUENSTEDT FA (1856/57)
Der Jura. Nachdruck Korb 1987
QUENSTEDT FA (1883-88)
Die Ammoniten des Schwäbischen Jura. Nachdruck Stuttgart 1973
SCHEVEN J (2001)
Lebendige Vorwelt. Hofheim
SCHOCH R & WILD R (1999)
Die Wirbeltierfauna im Keuper von Süddeutschland. In: HAUSCHKE N & WILDE V (Hg) Trias, 395-408. München
STANLEY SM (1989)
Krisen der Evolution. Heidelberg
STEPHAN M (1998)
Meteoriteneinschlag und Sedimentbildung. Stud. Int. J. 5, 69-83
STEPHAN M (2002a)
Der Mensch und die geologische Zeittafel. Holzgerlingen
STEPHAN M (2002b)
Zur Bildungsdauer des Nusplinger Plattenkalks. Stud. Int. J. 9, 28-37
STEPHAN M & FRITZSCHE T (2000)
Sintflut und Geologie. Holzgerlingen
STUHLMACHER P (1992)
Biblische Theologie des Neuen Testaments, Bd. 1. Göttingen
TOLLMANN A & E (1993)
Und die Sintflut gab es doch. München
WESTERMANN C (1999)
Genesis 1-3 (Biblischer Kommentar AT, Bd. I/1, Teil 1). Neukirchen-Vluyn
WHITCOMB JC & MORRIS HM (1961)
The Genesis Flood. Philadelphia. Deutsch: Die Sintflut. Neuhausen 1977
WISKIN R (1999)
Die Bibel und das Alter der Erde. Neuhausen
ZILLMER H-J (2001)
Irrtümer der Erdgeschichte. München.