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Die Frage der Literaturgattung und der Historizität von Genesis 1-3 (Teil 1)


Artikel als PDF-Datei (21 Seiten, 204 KB, Stand: 13.04.2007)

Der Artikel wurde in ähnlicher Form im Buch »Genesis, Schöpfung und Evolution« veröffentlicht.

Reinhard Junker Genesis, Schöpfung und Evolution. 14,95 *

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Niemand kann der Frage nach unserem Wissen über die Anfänge der Welt ausweichen. Wie war der Anfang der Welt, der Anfang des Lebens, der Anfang der Menschheit? Die Antworten, die uns durch Religionen, Philosophien und Naturwissenschaften angeboten werden, sind sehr vielfältig. Für zahlreiche Menschen liegt in diesen widersprüchlichen Auskünften ein Grund zum Skeptizismus. Diese Position ist aber unbefriedigend, weil die uns umgebende Natur und wir selbst konkret da sind, und so geht die Suche weiter. Man kann zwar anders votieren, aber es ist plausibel, dass es einen konkrekten Anfang gegeben haben muss. Genesis 1-3 erhebt den Anspruch, die Antwort Gottes auf diese Fragen zu sein. Die ersten Kapitel der Bibel stellen Gottes Zeugnis und das Zeugnis der ersten Menschen über den Anfang darstellt. Wir nehmen dieses Zeugnis Ernst.

Über Genesis 1-3 ist während vieler Jahrhunderte nachgedacht und geschrieben worden. Einerseits wurden wertvolle Beobachtungen am Text gemacht, andererseits wurde aber auch sehr viel spekuliert, ja sogar phantasiert. Was das Verständnis dieses Textes angeht, gibt es weit auseinander gehende Auffassungen und Ideen. Für manche Menschen sind die große Zahl sich oft widersprechender Interpretationen wiederum ein Grund zum Skeptizismus. Aber das ist auch hier nicht die angemessene Reaktion. Denn der Verfasser hat mit dem Text bestimmte Aussagen machen wollen, und die gilt es zu ermitteln. Genesis 1-3 ist also zunächst ein Stück Literatur mit einem Inhalt. Der Abschnitt will mit dem Leser kommunizieren, will eine Botschaft darbieten. Der Verfasser hatte eine klare Vorstellung von dem, was er präsentierte. Er will, dass seine Botschaft so verstanden wird, wie er sie gemeint hat. Diesen Sinn herauszuarbeiten und darzustellen ist das Ziel dieser beiden Artikel. Was können wir erfahren, wenn wir Genesis 1-3 als Literatur untersuchen, die einen konkreten Inhalt hat? Welcher Textsorte (Gattung) gehört dieser Text an? Weil dies ermittelt werden soll, steht auch das Wort „Literaturgattung“ im Titel der beiden Artikel. Der zweite Begriff in der Überschrift ist „Historizität“. Genesis 1-3 gibt Zeugnis über den Anfang der Welt, der Erde und der Geschichte der Menschheit. Dabei werden Ausdrücke wie erster Tag, zweiter Tag, … siebter Tag verwendet. Dadurch entsteht offenkundig der Eindruck einer chronologischen Abfolge. Ist dieser Eindruck zutreffend? Das wird von manchen Auslegern verneint. Aber mit welcher Begründung wird dieses Verständnis abgelehnt? Was meint der Verfasser von Gen 1-3 tatsächlich?

Der Autor dieser Artikel ist der Methode der wissenschaftlichen Exegese verpflichtet. Die Geschichte des Textverständnisses (Hermeneutik) hat gezeigt, dass philosophische bzw. hermeneutische (Vor)Urteile zahlreiche Interpretationsraster über Genesis 1-3 gelegt haben, wodurch der Inhalt eher verdunkelt als erhellt wird. Auch der heutige Autor steht in der Gefahr, ähnlichen Fehlern zu verfallen. Die große Kunst besteht darin, zu beobachten und versuchen zu verstehen, was das Zeugnis des Textes sagt. Das ist sehr schwierig für Menschen der postmodernen Zeit, die zusätzlich von der Aufklärung und der Moderne geprägt sind. Können und wollen wir über unseren eigenen Schatten springen? Der heutige Exeget ist der Überzeugung, dass er beim Verständnis dieses Textes fortwährende und ehrliche Anstrengungen unternommen hat. Es ist eine Herausforderung, Genesis 1-3 so verstehen zu wollen, wie es verstanden werden will. Wir erhalten aber damit die Chance, das Wirken des Schöpfers so zu erkennen, wie er erkannt werden will. Denn sein Zeugnis ist dem Menschen gegeben. Indem Gott ihm dieses Zeugnis zur Niederschrift anvertraute, ist es gleichzeitig auch Menschenzeugnis. Seit langem gehören diese Kapitel zur Weltliteratur.

Der erste Artikel behandelt den Schöpfungsbericht (Gen 1,1-2,3) unter der Überschrift Wie geschah die Schöpfung? Der zweite Artikel widmet sich dem Bericht vom Garten Eden (Gen 2,4-3,24) mit der Frage Was geschah im Garten Eden? Beide Berichte sind miteinander verbunden. Zugleich sind sie aber auch unterschiedlich, und deshalb sind auch die Fragen verschieden, die sich dadurch stellen. Die Einleitung zu Beginn des ersten Artikels bezieht sich auf beide Teile. Der Abschluss des zweiten Artikels fasst beide Teile zusammen. So bleibt die Einheit beider Artikel gewahrt. Viele ältere und neuere Interpretationsvorschläge zum Verständnis von Genesis 1-3 werden in diesen Artikeln diskutiert und bewertet.

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