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Australopithecus – ein effizienter Zweibeiner?


Artikel als PDF-Datei (26 Seiten, 1178 KB, Stand: 18.09.2023)

Starke Zweifel am Vormenschenstatus der Australopithecinen

Der Mensch ist das einzige Säugetier, das sich gewohnheitsmäßig auf zwei Beinen schreitend fortbewegt. Die Frage nach dem Erwerb dieses Ganges ist deshalb eine Kernfrage in allen evolutionären Konzepten zur Entstehung der Menschheit. Es wird allgemein behauptet, dass die recht großaffenähnlichen Australopithecinen auf dem Erdboden ausschließlich auf zwei Beinen gingen. Sie werden deshalb als Vormenschen eingestuft. Diese Sicht auf die Australopithecinen ist mittlerweile jedoch durch eine zunehmende Anzahl von Daten stark in Frage gestellt.

Zusammenfassung

Allgemein wird behauptet, dass die recht großaffenähnlichen Australopithecinen und verwandte fossile Formen sich auf dem Erdboden ausschließlich auf zwei Beinen fortbewegt haben. Damit sei bei diesen Lebewesen ein entscheidender evolutionärer Schritt hin zum Menschen erfolgt. Sie werden deshalb evolutionstheoretisch als sog. Vormenschen eingestuft.

In dieser Arbeit wird der Frage nachgegangen, ob diese Einschätzung stichhaltig ist. Es erfolgt eine Zusammenschau der Merkmale des Körperstamm- und Extremitätenskeletts von Australopithecus afarensis im Vergleich zu Morphologie und Fortbewegungsrepertoire von Mensch, Großaffen und Tieraffen. Das Wadenbein wird aufgrund neuer Studien mit aussagekräftigen Ergebnissen zur Fortbewegung besonders ausführlich behandelt. Dabei zeigt sich: Australopithecus afarensis besitzt ein einmaliges Merkmalsmosaik ohne besondere Nähe zum Menschen. Diesem Wesen fehlen, wie allen anderen nichtmenschlichen Primaten, typische Strukturen des Menschen, die im Zusammenhang mit seiner einmaligen, speziellen zweibeinigen Fortbewegung stehen. Die Zusammenschau der Merkmale des Körperstamm- und Extremitätenskeletts schließt eine effektive ausschließlich zweibeinige Fortbewegung auf dem Erdboden bei Australopithecus afarensis aus.

Viele als Anpassung an eine zweibeinige Fortbewegung auf dem Erdboden und an Klettern in Bäumen gedeutete Merkmale bei Australopithecus afarensis sind auch bei sich vierfüßig fortbewegenden nichtmenschlichen Primaten nachweisbar. Er verfügte deshalb mit großer Wahrscheinlichkeit über die Fähigkeit, auf dem Erdboden vierfüßig zu laufen. Einige im Rahmen einer zweibeinigen Fortbewegung interpretierten Merkmale bei Australopithecus afarensis können auch als Anpassungen an Klettern verstanden werden.

Der kleine Australopithecus afarensis ohne bemerkenswerte physische Verteidigungsfähigkeit in Form großer Eckzähne und ohne Waffen konnte sich auch nur effektiv vierfüßig auf dem Erdboden rasch fortbewegen, um vor Feinden auf Bäume zu fliehen.

Das einmalige Fortbewegungsrepertoire von Australopithecus afarensis mit schneller vierfüßiger Fortbewegung auf dem Erdboden über längere Strecken, gelegentlichem Stehen und Gehen über kurze Strecken auf zwei Beinen und Klettern in Bäumen ist unter den lebenden Primaten vielleicht am ehesten dem von Pavianen vergleichbar.

 

Inhalt

Australopithecus – ein effizienter Zweibeiner?

Starke Zweifel am Vormenschenstatus der Australopithecinen

1. Historischer Abriss: Zweibeinigkeit, Australopithecus und Vormenschen

2. Wadenbein von Australopithecus afarensis

2.1 Starke Belastung des Wadenbeins beim Klettern

2.2 Robuster Schaft der Fibula: Hinweis auf Kletteraktivitäten

2.3 Morphologie des unteren Wadenbeins und Fortbewegung von Australopithecus afarensi

3. Vierbeinige Fortbewegung von Australopithecus afarensis

3.1 Anfragen an die Studien zur Bipedie von Australopithecus

3.2 Ältere Studien

3.3 Neuere Studie

4. Fazit: Australopithecus afarensis war ein Großaff

5. Anhang

6. Literatur